Politik

Machtkampf um Huawei: Auswärtiges Amt tritt gegen Kanzleramt, Innen- und Wirtschaftsministerium an

Das Auswärtige Amt unter Heiko Maas will Huawei vom Aufbau des 5G-Netzes ausschließen. Dagegen stellen sich das Kanzleramt unter Angela Merkel und zwei Ministerien. Jetzt haben US-Geheimdienste Material geliefert, welches eine Zusammenarbeit Huaweis mit chinesischen Geheimdiensten belegen soll.
29.01.2020 13:52
Aktualisiert: 29.01.2020 13:52
Lesezeit: 2 min
Machtkampf um Huawei: Auswärtiges Amt tritt gegen Kanzleramt, Innen- und Wirtschaftsministerium an
Großbritannien, Saddleworth Moor: Ein Mann hält ein Mobiltelefon in der Nähe des Windy Hill Transmitter im Saddleworth Moor in den South Pennines. (Foto: dpa) Foto: Danny Lawson

Das Auswärtige Amt sieht Beweise für eine Zusammenarbeit des chinesischen Netzwerkausrüsters Huawei mit chinesischen Sicherheitsbehörden. "Ende 2019 wurden uns von US-Seite nachrichtendienstliche Informationen weitergegeben, denen zufolge Huawei nachweislich mit Chinas Sicherheitsbehörden zusammenarbeite", zitiert das Handelsblatt aus einem vertraulichen Vermerk des Auswärtigen Amtes, der der Zeitung vorliegt. In dem Papier würden die Informationen der Amerikaner als "smoking gun" bezeichnet, also als eindeutiger Beweis. "Die Vertrauenswürdigkeit chinesischer Unternehmen ist im Zusammenhang mit den Sicherheitserfordernissen beim Aufbau von 5G-Netzen nicht gegeben", zitiert die Zeitung aus dem Vermerk zitiert. Ein Kommentar dazu war von der Bundesregierung zunächst nicht zu erhalten.

Innerhalb der Bundesregierung gehört das Auswärtige Amt zu den Kritikern einer Beteiligung von Huawei am 5G-Netz. Das Kanzleramt, das Innen- und das Wirtschaftsministerium lehnen dagegen einen expliziten Ausschluss einzelner Unternehmen ab und wollen strikte Sicherheitsanforderungen für alle Netzwerkausrüster.

Dem "Handelsblatt" zufolge setzt sich das Auswärtige Amt von Heiko Maas (SPD) dafür ein, dass die politische Vertrauenswürdigkeit von Herstellern zu einem zentralen Kriterium bei der Zulassung von 5G-Lieferanten wird. Huawei könne dann vom Aufbau eines deutschen 5G-Netzes ausgeschlossen werden, schrieb die Zeitung. Merkel sträube sich aber gegen strenge Restriktionen, hieß es in dem Bericht der Zeitung weiter. Die Kanzlerin fürchte um das Verhältnis zu China.

Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte am Mittwoch die Haltung der Bundesregierung, wonach beim 5G-Ausbau erhöhte Sicherheitsanforderungen gestellt werden sollten, aber keine bestimmten Bewerber im Vorhinein ausgeschlossen werden sollten.

Die britische Regierung hatte sich am Dienstag dazu entschieden, Huawei eingeschränkt am Aufbau des 5G-Netzes zu beteiligen, was zu Ärger in den USA geführt hatte. Die Vereinigten Staaten hatten ihre Verbündeten zuvor aufgefordert, nicht mit dem Unternehmen zusammenzuarbeiten. Das Weiße Haus teilte mit, Johnson und Trump hätten telefoniert. Dabei sei es auch um Telekommunikationssicherheit gegangen.

Ein ranghoher Beamter aus dem Weißen Haus äußerte sich enttäuscht über den Beschluss der Briten. Es gebe keine sichere Option, nicht vertrauenswürdigen Anbietern die Kontrolle auch nur über einen Teil eines 5G-Netzwerks zu überlassen. Man rufe weiterhin alle Länder auf, die langfristigen Folgen für die nationale Sicherheit abzuwägen.

Die Entscheidung hat eine erhebliche politische Dimension. Großbritannien hofft auf ein lukratives Handelsabkommen mit den USA nach dem Austritt aus der Europäischen Union. Der Streit um Huawei könnte die Verhandlungen erheblich belasten.

Der chinesische Netzwerkausrüster hat die Spionagevorwürfe stets zurückgewiesen. Huawei-Vizepräsident Victor Zhang sagte am Dienstag, das Unternehmen fühle sich durch den britischen Beschluss bestätigt. "Die auf Beweisen fußende Entscheidung wird zu einer fortschrittlicheren, sichereren und kostengünstigeren Telekom-Infrastruktur führen, die fit für die Zukunft ist." Es gebe Großbritannien Zugang zu Technologie von Weltklasse und sorge für einen wettbewerbsfähigen Markt.

Huawei hat die Entscheidung der EU-Kommission begrüßt, das Unternehmen nicht grundsätzlich vom Bau der 5G-Mobilfunknetzwerke auszuschließen. Somit könne es "sich weiterhin an der Einführung von 5G in Europa beteiligen", erklärte das Unternehmen am Mittwoch. Die EU-Kommission hatte verkündet, sie wolle keine Anbieter ausschließen, sofern diese sich an klare Sicherheitsregeln hielten. EU-Industriekommissar Thierry Breton hatte schon am Dienstag gesagt, es werde keine "Diskriminierung" von Anbietern geben. Die EU werde aber "strikte" Regeln aufstellen. Jede Firma, die sie einhalte, sei in Europa willkommen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwarz Group plant Lidl-Rechenzentrum: Milliardenprojekt für Deutschlands KI-Infrastruktur
26.11.2025

Die Großinvestition der Schwarz Group verdeutlicht den wachsenden Wettbewerb um digitale Infrastruktur in Europa. Doch welche Bedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jobs wandern nach Südamerika: Faber-Castell will 130 Stellen in Deutschland streichen
26.11.2025

Hohe Kosten und eine schwache Nachfrage: Der fränkische Schreibwarenhersteller will Fertigung nach Südamerika verlagern und dafür...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Covestro-Überrnahme genehmigt: Abu Dhabi wird vom Ölreich zum Chemieriesen
26.11.2025

In Abu Dhabi gilt die Chemieindustrie als Zukunftsmodell. Zentraler Baustein der Vision: Die Übernahme des Leverkusener...

DWN
Politik
Politik Nach AfD-Einladung: Deutsche Bank kündigt "Familienunternehmer" den Mietvertrag
26.11.2025

Der Verband „Die Familienunternehmer“ lädt einen AfD-Politiker ein. Daraufhin beendet die Deutsche Bank einen Mietvertrag. Der Verband...

DWN
Politik
Politik Brandmauer-Debatte: Erster Wirtschaftsverband offen für Gespräche mit AfD - Rossmann verlässt Familienunternehmer
26.11.2025

Die Brandmauer-Debatte hat die Wirtschaft erreicht: Der Verband der Familienunternehmer will sich für Gespräche mit der AfD öffnen, um...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mut statt Stillstand: Warum Deutschland beim Digitalpakt 2030 liefern muss
26.11.2025

Zwanzig Jahre Digitalpolitik und Milliarden Euro an Fördermitteln später ist Deutschland immer noch digitalen Anfänger. Verantwortung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft kritisiert Bundesregierung: Unternehmen bewerten aktuelle Politik überwiegend schlecht
26.11.2025

Eine Erhebung des BDA zeigt: Die Wirtschaft in Deutschland ist mehr als unzufrieden mit der aktuellen Regierung. Drei Viertel der deutschen...

DWN
Politik
Politik Rentenreform untragbar: Wirtschaft läuft Sturm gegen 480 Milliarden Euro Mehrkosten bis 2050
26.11.2025

Aus der Wirtschaft kommt harte Kritik an den Rentenplänen der Bundesregierung, die für die Stabilisierung des Rentenniveaus sorgen...