Deutschland

Bundesregierung streitet über gesetzlich vorgeschriebene Mindestpreise für Lebensmittel

Die SPD sowie CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner haben Forderungen der Grünen aufgegriffen, wonach Mindestpreise für Lebensmittel gesetzlich festgelegt werden sollen. Bundeskanzlerin Merkel ist dagegen.
03.02.2020 11:46
Aktualisiert: 03.02.2020 11:46
Lesezeit: 2 min
Bundesregierung streitet über gesetzlich vorgeschriebene Mindestpreise für Lebensmittel
Bundeskanzlerin Angela Merkel spricht am Montag in Berlin neben Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, zu Beginn eines Treffens der Bundesregierung mit Vertretern der Lebensmittelbranche. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Forderungen nach staatlich festgesetzten Mindestpreisen für Lebensmittel zurückgewiesen. "Es geht nicht darum, staatlich verordnete Mindestpreise aufzuoktroyieren", sagte Merkel am Montag in Berlin zu Beginn eines Treffen mit Vertretern der Handelsketten über Niedrigpreise. Nach dem Treffen kündigte Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner weitere Gesprächsrunden sowohl mit Handel als auch Vertretern der Landwirtschaft an. Beschlüsse wurden nicht gefasst.

Kanzlerin Merkel hatte zu dem Treffen geladen, weil Bauern seit Monaten gegen niedrige Abnehmerpreise, aber auch gegen neue Umweltauflagen wie etwa bei der Gülleverordnung protestieren. Die Handelsketten trügen eine große Verantwortung, betonten sowohl Merkel als auch Klöckner. Hintergrund sind Vorwürfe, dass Handelsketten wie Aldi, Lidl, Rewe oder Edeka zu großen Preisdruck ausübten, um Käufer mit Billigangeboten zu locken. Dieser Druck werde über die Lebensmittelindustrie an die Bauern weitergegeben. An dem Treffen nahmen auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier und Kanzleramtschef Helge Braun (beide CDU) teil.

Landwirtschaftsministerin Klöckner sagte nach dem Treffen, es sei auch um Standards gegangen, die der Handel den Erzeugern setze, ohne aber die Kosten für die höheren Anforderungen zu akzeptieren. Dazu kämen neue Umweltauflagen. CDU und CSU hatten deshalb im Koalitionsausschuss vergangene Woche neue Subventionen von einer Milliarde Euro über vier Jahre durchgesetzt, damit Landwirte die Auflagen besser erfüllen können.

Merkel verwies darauf, dass bereits heute gesetzliche Regelungen das Dumping unterhalb des Produktionspreises verböten. Sie plädiere dafür, dass die Bundesregierung die Umsetzung der EU-Verordnung gegen unlauteren Wettbewerb in diesem Jahr möglichst weit vorantreibe. Es sei gut, dass die EU zudem Ende 2019 eine Transparenzrichtlinie verabschiedet habe, die Vergleiche von Abgabe- und Verbraucherpreis möglich mache. Sie plädiere dafür, dass der Handel stärker auf regionale Erzeuger setze. "Wir haben ein ... Interesse an einer starken regionalen Versorgung unserer Bevölkerung mit einheimischen Produkten."

Ein Streitpunkt ist die Frage von Mindestpreisen für Lebensmittel, die etwa die Grünen fordern. "Mindestpreise müssten wir im deutschen Recht verankern", sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katharina Dröge, dem Sender RTL/ntv. Das Bundeskartellamt soll die Einhaltung dieser Preise überwachen. Auch Matthias Miersch, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, sagte dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" im Vorfeld des Treffens am Montag, es könne "nicht richtig sein, dass Lebensmittel immer billiger werden, während gleichzeitig die Landwirte auf der Straße stehen, weil sie von ihrem Einkommen nicht mehr leben können".

Dagegen warnte der Präsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), Josef Sanktjohanser, vor staatlichen Mindestpreisen. Auch der Wirtschaftsrat der CDU sprach sich gegen eine Preisfestsetzung aus. "Es bleibt dabei: Der Schlüssel liegt bei den Verbrauchern. Sie entscheiden, was letztlich in den Einkaufskörben landet: Bioprodukte, die Erzeugnisse der Premiumhersteller oder die Eigenmarken der Handelsunternehmen", sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger.

Die Entwicklungsorganisation Oxfam kritisierte einen anderen Aspekt niedriger Preise: Die Preispolitik der Handelsketten sorge etwa bei Bananen für eine Verdrängung von Familienbetrieben in Ländern wie Ecuador zugunsten großer Plantagen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...