Deutschland

Wegen Hundesteuer: Gemeinde-Mitarbeiter spionierte Hundehalter auf Facebook aus

Ein Mitarbeiter einer Gemeinde trat einer Facebook-Gruppe von Hundehaltern bei, um herauszubekommen, ob die Hundehalter die Hundesteuer ordnungsgemäß abführen. Der Fall ist aus Sicht des Datenschutzes besonders brisant.
29.02.2020 17:07
Aktualisiert: 29.02.2020 17:07
Lesezeit: 2 min
Wegen Hundesteuer: Gemeinde-Mitarbeiter spionierte Hundehalter auf Facebook aus
Hessen, Bad Karlshafen: Ein Hundebesitzer demonstriert mit Hündin Molli in der Tasche und einem Plakat vor dem Rathaus gegen die Hundesteuer. (Foto: dpa) Foto: G

Ein Mitarbeiter der Gemeinde Stelle (Landkreis Harburg) soll dem NDR 1 zufolge auf Facebook gezielt Hundehalter, die ihre Tiere nicht ordnungsgemäß angemeldet haben, ausspioniert haben. Zu diesem Zweck trat er einer Facebook-Gruppe von Hundehaltern bei.

“Auch P.K. (Mitarbeiter der Gemeinde Stelle, Anm. d. Red.) meldete sich als angeblicher Hundehalter dort an - um dann die Daten der Mitglieder abzugreifen und damit zu kontrollieren, ob sie ihre Hundesteuern zahlen und ihre Tiere auch im Niedersächsischen Hunderegister angemeldet haben. Kurz darauf bekamen mehrere Gruppenmitglieder Post von der Gemeinde”, so die Kreiszeitung Wochenblatt.

Nach der Aktion sollen die betroffenen Hundehalter Schreiben von der Gemeinde erhalten haben, in dem sie aufgefordert wurden, ihre Hunde anzumelden. Noch ist unklar, ob der Mitarbeiter der Gemeinde Stelle eigenmächtig handelte, oder aber eine Dienstanweisung erhalten hatte. Das Landesamt für Datenschutz teilte nach der Enthüllung des Falles mit, dass ein Verfahren gegen die Gemeinde eingeleitet werden soll. Der aktuelle Stand der Dinge ist unbekannt.

Die Hundesteuer gehört zu den kuriosesten örtlichen Steuern in Deutschland. Die Hundesteuer kann jede Gemeinde und jede Stadt auf einen anderen Betrag festsetzen. Deshalb gibt es zwischen den Kommunen erhebliche Unterschiede.

In den vergangenen Jahren sind die kommunalen Einnahmen aus der Hundesteuer stetig gestiegen. Viele Gemeinden sind dazu übergegangen, die Hundesteuer massiv anzuheben.

Beispielsweise erhöhte die Stadt Leimen die Steuer für Kampfhunde (Listenhunde) von 96 auf 600 Euro pro Jahr, berichtet der SWR.

Der NDR berichtet, dass Hundehalter in Emden besonders erbost seien, weil die Gemeinde die Hundesteuer von 80 auf 100 Euro erhöhen möchte.

Das Bundesfinanzministerium teilt mit: “Die an die Aufnahme eines Hundes in einen Haushalt oder Wirtschaftsbetrieb im Gemeindegebiet anknüpfende Hundesteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 Grundgesetz unabhängig davon, ob und in welchem Umfang sich der Hund auch außerhalb des Gemeindegebietes aufhält (Beschluss des BVerwG vom 25.04.2013 - 9 B 41/12 -). Die Hundesteuer gehört zu den herkömmlichen Aufwandsteuern, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen Aufwand erfordert. Örtlich ist eine Aufwandsteuer dann, wenn sie an örtliche Gegebenheiten, vor allem die Belegenheit einer Sache oder einen Vorgang im Gemeindegebiet, anknüpft und es wegen der Begrenztheit der unmittelbaren Wirkungen der Steuer auf das Gemeindegebiet nicht zu einem die Wirtschaftseinheit berührenden Steuergefälle kommen kann. Es kommt also nicht auf den jeweiligen tatsächlichen Aufenthaltsort des Hundes an, sondern darauf, wo er in den Haushalt aufgenommen und damit der Aufwand im steuerrechtlichen Sinn betrieben wird. Mit der Hundesteuer werden vornehmlich ordnungspolitische Ziele verfolgt. Sie soll z. B. dazu beitragen, die Zahl der Hunde zu begrenzen.”

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

DWN
Technologie
Technologie Fahrerlose Taxis in Hessen: Chinesische Technik, deutscher Pilotbetrieb
01.06.2025

In Deutschland startet das erste Pilotprojekt für autonome Taxis: Ohne Fahrer, aber mit Überwachung aus der Ferne. Ein Modell mit...

DWN
Technologie
Technologie Goldrausch 2.0: Wie Google KI neu definiert – und Europa zuschaut
01.06.2025

Google I/O 2025 bietet einen tiefen Einblick in die nächste Ära der Künstlichen Intelligenz – von echten 3D-Videocalls bis hin zu...

DWN
Panorama
Panorama Nur noch fünf Minuten: Schlummertaste in Deutschland beliebt
01.06.2025

Mit der Schlummertaste kann man das Aufstehen verzögern. Ärzte raten davon ab, aber die Praxis ist gerade in Deutschland gängig....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Gesundheitscheck vor der Einstellung: Rechte und Grenzen für Bewerber
01.06.2025

Ein Vorstellungsgespräch ist erfolgreich verlaufen, doch bevor der Arbeitsvertrag unterschrieben wird, fordert der potenzielle Arbeitgeber...

DWN
Technologie
Technologie SaaS ist tot – die Zukunft gehört der KI, nicht Ihrer Plattform
01.06.2025

Niemand will die Nutzung Ihrer Plattform lernen – Unternehmen wollen Ergebnisse. Künstliche Intelligenz ersetzt Tools durch fertige...

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...