Die Coronavirus-Pandemie schlägt in Rekordtempo auf den US-Arbeitsmarkt durch. In der vergangenen Woche stellten 3,283 Millionen Amerikaner einen Erstantrag auf Arbeitslosenhilfe, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Der bisherige Rekord wurde 1982 mit 695.000 registriert. Die Erstanträge gelten als wichtiger "Echtzeitindikator" der wirtschaftlichen Lage, da sie nur mit einer Verzögerung von einer Woche veröffentlicht werden.
Die Coronavirus-Krise könnte nach Ansicht des US-Währungshüters James Bullard kurzfristig fast 50 Millionen Amerikaner ihren Job kosten. Dies seien insbesondere Arbeitsplätze mit Publikumsverkehr - also Tätigkeiten, bei denen es zum Kontakt mit der Öffentlichkeit komme, sagte der Chef des Fed-Bezirks von St. Louis. Bislang boomte der US-Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenquote lag zuletzt bei 3,5 Prozent, was praktisch Vollbeschäftigung entspricht.
Die Entwicklung ist umso erstaunlicher, weil im aktuellen Report nur Erstanträge berücksichtigt sind, die bis zum 21. März gestellt wurden. Doch erst am 20. März erließ der bevölkerungsmäßig größte und wirtschaftsstärkste Bundesstaat Kalifornien breitflächige Ausgangssperren, wie der Blog Wolfstreet berichtet. Das bedeutet, dass die mehr als 3 Millionen Arbeitslosen erst der Anfang sein dürften und kommenden Woche noch höhere Zahlen veröffentlicht werden.
Stimmen zur Entwicklung auf dem US-Arbeitsmarkt:
BERND WEIDENSTEINER, COMMERZBANK:
"Das bisherige Rekordhoch aus dem Jahr 1982 ist damit förmlich pulverisiert worden. Diese Zahlen sind der erste 'harte' Beleg für das Ausmaß des wirtschaftlichen Schadens, den das Coronavirus der US-Wirtschaft zufügt. Die Arbeitslosenquote wird in den nächsten Monaten massiv ansteigen."
ULRICH WORTBERG, HELABA:
"Der historisch einmalige Anstieg lässt auf Massenentlassungen schließen und darauf, dass der offizielle Arbeitsmarktbericht, der Ende kommender Woche zur Veröffentlichung ansteht, extrem schwach ausfallen wird. Rezessionssorgen dürften zunehmen."
THOMAS GITZEL, VP BANK:
"Die Erstanträge geben einen ersten verlässlichen Vorgeschmack auf das, was vor uns liegt – und das verheißt leider nichts Gutes. Solch einen starken Anstieg im Wochenvergleich gab es zuvor noch nie. Es handelt sich um eine mehr als Verzehnfachung. Die US-Arbeitnehmer strömen derzeit in Scharen auf die Arbeitsämter. Das Virus hinterlässt auf dem flexiblen und nur wenig regulierten US-Arbeitsmarkt tiefe Bremsspuren.
Das sich derzeit zur Verabschiedung im Kongress befindliche billionenschwere Rettungspaket setzt an der richtigen Stelle an. Es geht jetzt darum, dass sich vor allem Geringverdiener ohne soziale Absicherung das tägliche Brot leisten können und Unternehmen über Wasser gehalten werden. Nur so kann ein späterer Aufschwung wieder gelingen."