Den Autobauern und damit auch den jeweiligen Volkswirtschaften, denen sie angehören, stehen schwere Zeiten bevor: Die Nachwirkungen der Corona-Krise werden mindestens bis zum Jahr 2025 zu spüren sein, und gerade die deutschen Autobauer und somit die ganze Bundesrepublik werden schwer getroffen werden. Die für die Prognose notwendigen Berechnungen hat der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität St. Gallen vorgenommen.
Rückgang des PKW-Absatzes in ausgesuchten wichtigen Automärkten im Jahr 2020 verglichen mit dem Absatz im Jahr 2019 (in Millionen / zuerst genannt die 2019er, dann die 2020er Zahlen)
China: 21.045 / 17.888 Minus: 3,157 (15 Prozent)
USA: 16,965 / 13,572 Minus: 3,393 (20 Prozent)
Japan: 4.301 / 3.656 Minus: 0,645 (15 Prozent)
Deutschland: 3.607 / 2.886 Minus: 0.721 (20 Prozent)
Großbritannien: 2.311 / 1.964 Minus: 0,347 (15 Prozent)
Frankreich: 2.214 / 1.661 Minus: 0,554 (25 Prozent)
Italien: 1.916 / 1.437 Minus: 0.479 (25 Prozent)
Russland: 1.760 / 1.443 Minus: 0,317 (18 Prozent)
Was den gesamten Weltmarkt angeht: 2020 werden mit 65,2 Millionen Autos so wenige gebaut werden, wie seit 2011 nicht mehr (damals betrug die Zahl 64,9 Millionen). Die 65,2 Millionen von diesem Jahr bedeuten im Vergleich zum Jahr 2019 (Gesamtzahl: 79,6 Millionen) einen Rückgang von 18 Prozent. Im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2017 (84,4 Millionen) beträgt der Rückgang sogar 23 Prozent.
Was die drei mit Abstand bedeutendsten Märkte anbelangt: In Asien sinkt die Zahl der verkauften Autos dieses Jahr im Vergleich zum Vorjahr von 32,0 auf 25,9 Millionen (minus 19 Prozent). In Nordamerika verringert sich der Absatz von 20,2 auf 16,2 Millionen (minus 20 Prozent), in Europa verringert er sich von 15,8 auf 13,0 Millionen (minus 17,7 Prozent; wobei das Minus in West Europa stärker ausgeprägt ist als im östlichen Teil des Kontinents. Der Grund ist, dass die Auto-Dichte, also sozusagen der Sättigungsgrad, in West Europa höher ist). Das heißt, der Rückgang ist in allen drei Märkten in etwa gleich stark.
Allerdings wird die Erholung nicht gleichermaßen voranschreiten. In fünf Jahren, im Jahre 2025, wird die Zahl der verkauften Autos in Asien 33,8 Millionen betragen, also nicht nur die katastrophale Zahl dieses Jahres deutlich übertreffen, sondern sogar leicht die von 2019. Anders sieht es in Nordamerika und in Europa aus: Mit 19,9 beziehungsweise 14,6 Millionen wird die Zahl zwar jeweils deutlich über der von diesem Jahr liegen, aber immer noch jeweils leicht unter der von 2019.
Der Grund für die positivere Entwicklung in Asien liegt in der Beschaffenheit der dortigen Volkswirtschaften. Es handelt sich größtenteils noch um Entwicklungsländer beziehungsweise Länder, in denen – wie beispielsweise in Osteuropa auch – die Autodichte noch nicht so hoch ist wie in Europa und den USA. Ein Vergleich: In China betrug die durchschnittliche Wachstumsrate (CAGR, d. h. Compound Annual Growth Rate) innerhalb des zehn-Jahres-Zeitraums von 2008 bis 2017 11,5 Prozent; in Indien waren es 9,1 Prozent. In den USA waren es mit 3,1 Prozent deutlich weniger; in Europas führenden Volkswirtschaften Deutschland (minus 0,2 Prozent), Frankreich (minus 1,5 Prozent), Großbritannien (minus 1,1 Prozent) und Italien (minus 2,0 Prozent) gab es sogar einen Rückschritt; ebenso in Russland (minus 0,6 Prozent) sowie Japan (minus 0,4 Prozent).
Die Autobauer aller drei großen Märkte dürften in den nächsten Jahren Überkapazitäten abbauen; das bedeutet den Abbau zehntausender von (gutbezahlten) Jobs. Bis zum Jahr 2023 dürften die Überkapazitäten auf 1,6 Millionen Einheiten in Europa; 1,4 Millionen Einheiten in Nordamerika sowie 800tausend in Asien reduziert sein, zusammen also 3,8 Millionen. Und das im Jahr 2023 – in den Jahren 2020, 2021 und 2022 werden sie noch höher liegen.
Weltweit werden dieses Jahr 14,4 Millionen Autos weniger als 2019 produziert werden (ein Rückgang von, wie oben bereits geschrieben, 18 Prozent): Allein in Deutschland betrug der Bruttoproduktionswert der Automobil-Industrie (einschließlich Zulieferer) im Jahr 2017 (letzte verfügbare Zahl) fast genau eine halbe Billion Euro (497,85 Milliarden). Da kann man sich vorstellen, was für einen gewaltigen wirtschaftlichen Schaden die Auto-Industrie und die Volkswirtschaften, in denen Autos produziert werden, in diesem Jahr und in den darauffolgenden Jahren hinnehmen müssen. Was schreibt Dudenhöffer? „Der Erholungsprozess wird langsam und schmerzlich.“