Politik

Saudi-Arabien muss Waffenverkäufe drastisch zurückschrauben

Der Ölpreiseinbruch und die Corona-Krise verschlingen die Währungsreserven Saudi-Arabiens. Dem Wüstenreich droht ein finanzieller Kollaps und die Waffenkäufe müssen zurückgeschraubt werden. Ein CIA-Veteran sagt: "Ich habe keinen Zweifel, dies ist das Ende einer Ära."
27.05.2020 16:00
Lesezeit: 2 min
Saudi-Arabien muss Waffenverkäufe drastisch zurückschrauben
Der seltsame Schwerttanz der Saudis. (Foto: dpa) Foto: Fayez Nureldine/Pool

Saudi-Arabien könnte gezwungen sein, auf neue Waffenverträge zu verzichten und bereits vereinbarte Waffenkäufe zu verzögern, da wegen des Ölpreisverfalls eine Finanzkrise das Königreich erfasst hat. Die erwartete Verzögerung neuer Waffengeschäfte könnte unter der Herrschaft von Mohammed bin Salman, dem Kronprinzen und De-facto-Herrscher, der einen blutigen Krieg mit dem benachbarten Jemen geführt hat, langfristige politische Auswirkungen auf das Land haben.

Saudi-Arabien steht aufgrund des Zusammenbruchs der Ölmärkte und der Corona-Pandemie, die die Ölnachfrage auf unabsehbare Zeit verringert hat, vor einer beispiellosen Haushaltskrise . “Ich habe keinen Zweifel, dies ist das Ende einer Ära. Die Ära der Persischen Golfs mit all diesem Geld ist vorbei“, so Bruce Riedel, Senior Fellow bei Brookings in Washington und 30-jähriger Veteran der CIA.

Saudi-Arabien gab im vergangenen Jahr rund 62 Milliarden US-Dollar für Waffen aus und ist damit der fünftgrößte Waffenkäufer weltweit gewesen. Obwohl diese Zahl geringer war als 2018, macht sie immer noch etwa acht Prozent des saudischen BIPs aus, was bedeutet, dass das Land einen größeren Teil seines Vermögens für Waffen ausgab als die USA (3,4 Prozent), China (1,9 Prozent) und Russland (3,9 Prozent) und Indien (2,4 Prozent). Das geht aus den Daten des Stockholm International Peace Institute hervor.

“Wenn Saudi-Arabien bei weitem nicht einer der größten Käufer von Waffen wäre, könnte man wahrscheinlich nicht auf die unkritische Unterstützung mächtiger westlicher Mächte zählen. Eines der Ergebnisse des Waffenkaufs ist, dass Sie Beziehungen kaufen”, zitiert der Guardian Andrew Feinstein, Experte für Korruption und globalen Waffenhandel. Großbritannien verkauft mehr Waffen an Saudi-Arabien als an jedes andere Land und Boris Johnson wurde dafür kritisiert, dass er trotz der der saudischen Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht an den Waffenlieferungen festhielt.

Der Rüstungsexperte Gerald Feierstein, ein ehemaliger US-Botschafter im Jemen, sagte, es sei für die Saudis rechtlich leicht, neue Waffenverträge zu verzögern oder zu kündigen, aber die saudische Regierung müsse wahrscheinlich Wartungsverträge fortsetzen, um ihre derzeitige Streitmacht einsatzbereit zu halten. Saudi-Arabien habe in der Vergangenheit versucht, die Zahlungspläne für Waffen neu zu verhandeln und die Zahlungen über lange Zeiträume auszudehnen.

Prinz Mohammed hat nicht nur die aufkommende Finanzkrise zu befürchten. Wenn Joe Biden, der mutmaßliche demokratische Präsidentschaftskandidat, im November 2020 die US-Wahl gewinnen sollte, könnten die US-Waffenverkäufe an die Saudis drastisch zurückgehen. Das hat Biden zumindest in Aussicht gestellt. “Ich denke, dass die [Finanzkrise] alle ihre Ausgaben beeinflussen wird”, meint Kirsten Fontenrose, die zuvor beim Nationalen Sicherheitsrat unter der Trump-Regierung tätig war.

Von den zurückgehenden Waffenverkäufen an Saudi-Arabien wäre Riedel zufolge vor allem der britische Rüstungsbauer BAE Systems betroffen. “BAE würde es besonders hart spüren. Es gibt Tausende von BAE-Mitarbeitern, deren Aufgabe es ist, die saudische Luftwaffe auf die eine oder andere Weise zu unterstützen. Früher oder später wird ihnen gesagt werden, dass ihre Gehälter nicht mehr bezahlt werden können”, so Riedel.

Die Ölpreise müssen bei etwa 85 US-Dollar pro Barrel gehalten werden, damit Saudi-Arabien sein Budget aufrechterhalten kann, so der CIA-Veteran. Doch das ist unter den aktuellen Bedingungen unmöglich. Stattdessen hat das Königreich seine Reserven aufgebraucht, die in den vergangenen fünf Jahren von 750 Milliarden auf 500 Milliarden US-Dollar geschrumpft sind.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
27.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...