Deutschland

Deutsche Exporte eingebrochen wie niemals zuvor

Trotz wieder geöffneter Grenzen und anziehender Konjunktur in vielen Ländern droht den Exporteuren auch im Gesamtjahr 2020 ein beispielloser Einbruch. Doch nicht alle Exportländer sind auf gleiche Weise betroffen.
09.06.2020 09:00
Aktualisiert: 09.06.2020 09:00
Lesezeit: 2 min
Deutsche Exporte eingebrochen wie niemals zuvor
Das weltgrößte Containerschiff „HMM Algeciras“ läuft auf seiner Jungfernfahrt in den Hamburger Hafen ein. (Foto: dpa) Foto: Axel Heimken

Die deutschen Exporte sind in der Coronakrise so stark eingebrochen wie noch nie. Darin spiegelt sich insbesondere auch die Rezession bei wichtigen Handelspartnern wie den USA und Frankreich wider. Im April verkauften die deutschen Unternehmen Waren im Wert von nur noch 75,7 Milliarden Euro ins Ausland und damit 31,1 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Dies ist der größte Rückgang seit Beginn der Datenerhebung 1950, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.

"Der Exporteinbruch ist an Dramatik kaum zu überbieten", sagte der Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier. Trotz wieder geöffneter Grenzen und anziehender Konjunktur in vielen Ländern droht den Exporteuren auch im Gesamtjahr 2020 ein beispielloser Einbruch. Der DIHK und der Industrieverband BDI erwarten ein Minus von 15 Prozent.

"Vom Exportboom der vergangenen zehn Jahre ist wenig übrig geblieben", kommentierte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger. Der Welthandel kam durch die Pandemie in weiten Teilen zum Erliegen. Die Ausfuhren nach China - wo die Pandemie begann - sanken im April vergleichsweise moderat um 12,6 Prozent. Die Exporte in die von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Staaten Frankreich (minus 48,3 Prozent), Italien (minus 40,1 Prozent) und USA (minus 35,8 Prozent) nahmen dagegen überdurchschnittlich stark ab.

Ein rascher Aufstieg aus dem Corona-Tal ist nicht in Sicht. "Zwar dürfte der April den Tiefpunkt markiert haben und die Ausfuhren seit Mai wieder aufwärtsgerichtet sein", sagte der Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), Stefan Kooths. "Die Erholung ist aber noch zu kraftlos, um die krassen Einbrüche schnell wieder aufzuholen." Darauf deutet auch die Entwicklung der Aufträge in der exportabhängigen Industrie hin. Die Bestellungen aus dem Ausland brachen im April im Rekordtempo von 28,1 Prozent zum Vormonat ein, da sich wichtige Abnehmerländer wie der Exportkunde Nummer eins - die USA - wegen der Coronakrise in einer Rezession befinden und weniger Waren "Made in Germany" nachfragen.

"DEUTSCHLAND KOMMT BESSER DURCH DIE KRISE"

Die deutschen Importe brachen im April mit 23,6 Prozent zum Vorjahresmonat auf 72,2 Milliarden Euro so stark ein wie seit der globalen Finanzkrise 2009 nicht mehr. Im Vergleich zum März fielen sie sogar in Rekordtempo. "Der im Vergleich zu den Ausfuhren deutlich schwächere Rückgang der Importe zeigt, dass Deutschland insgesamt noch besser durch die Krise kommt als seine Handelspartner", sagte IfW-Experte Kooths.

Die Bundesregierung hat vergangene Woche ein 130 Milliarden Euro schweres Konjunkturpaket geschnürt, um Europas größte Volkswirtschaft anzuschieben. Es sieht unter anderem vor, die Mehrwertsteuer in der zweiten Jahreshälfte von 19 auf 16 Prozent zu senken. Dennoch dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr so stark abstürzen wie noch nie in Friedenszeiten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) rechnet mit einem Rückgang von 6,5 Prozent. "Die Erholung wird sich bis weit ins Jahr 2022 erstrecken", sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang.

Der im Ausland viel kritisierte deutsche Exportüberschuss schmolz im April auf nur noch 3,5 Milliarden Euro ab, weil die Ausfuhren stärker abnahmen als die Einfuhren. "Damit wurde der niedrigste Exportüberschuss Deutschlands seit Dezember 2000 nachgewiesen", erläuterten die Statistiker. Vor einem Jahr lag er noch bei fast 18 Milliarden Euro. Deutschland wird immer wieder vorgeworfen, zu sehr auf den Export zu setzen und zu wenig zu Hause zu investieren. Der BDI fordert von der Bundesregierung ein "großangelegtes zehnjährigen Investitionsprogramm". Es soll ein Volumen von etwa ein bis 1,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung haben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Neue Biomüll-Verordnung ab Mai: Bis zu 2.500 Euro Strafe bei falscher Mülltrennung
30.04.2025

Ökologische Pflicht zur Mülltrennung: Ab dem 1. Mai 2025 tritt die neue Bioabfallverordnung (BioAbfV) in Deutschland in Kraft. Dann...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Die Tech-Giganten blasen zum Angriff: Neue Funktionen und digitale Machtverschiebung im Frühjahr 2025
30.04.2025

Die digitale Elite schläft nicht – sie beschleunigt. Im Frühjahr 2025 liefern die großen US-Tech-Konzerne ein beispielloses Arsenal an...

DWN
Politik
Politik Rohstoffdeal Ukraine steht kurz bevor: USA sichern sich Zugriff auf ukrainische Ressourcen
30.04.2025

Ein Durchbruch im Schatten des Krieges: Nach zähen Verhandlungen stehen die USA und die Ukraine offenbar kurz davor, ein weitreichendes...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Fall Pirelli: Beginn einer europäischen Gegenoffensive gegen Chinas Wirtschaftsmacht?
30.04.2025

Der Entzug chinesischer Kontrolle bei Pirelli markiert einen Wendepunkt: Europa ringt um Souveränität – zwischen amerikanischem Druck...

DWN
Politik
Politik Wie Trump den grünen Wandel ausbremst – Chronik eines klimapolitischen Rückschritts
30.04.2025

Während Europa sich zunehmend in grüne Bürokratie verstrickt und Milliarden für Klima-Versprechen mobilisiert, marschiert der ehemalige...

DWN
Panorama
Panorama Inflationsrate sinkt auf 2,1 Prozent – Lebensmittelpreise steigen aber weiter
30.04.2025

Die Inflation in Deutschland geht leicht zurück – doch die Entlastung kommt nicht überall an. Während Energie günstiger wird, ziehen...

DWN
Technologie
Technologie Im Moment gewinnen wir gegen die künstliche Intelligenz – noch
30.04.2025

Im Wettrennen zwischen Mensch und Maschine scheint die Entscheidung längst gefallen: Algorithmen rechnen schneller, analysieren...

DWN
Politik
Politik 100 Tage Präsident: Trump gibt sich Bestnoten
30.04.2025

Donald Trump hat seine ersten einhundert Tage der neuen Amtszeit zum Triumphzug erklärt – mit scharfen Angriffen auf Joe Biden, Justiz,...