Finanzen

Cerberus greift an: Commerzbank-Vorstandssitzung platzt, US-Investor fordert Kahlschlag bei Arbeitsplätzen

Eine für morgen geplante Sitzung des Aufsichtsrates der Commerzbank wurde überraschend abgesagt. Der US-Investor Cerberus greift nun offenbar frontal an und fordert den Abbau tausender zusätzlicher Arbeitsplätze. Arbeitervertreter laufen gegen Cerberus Sturm.
30.06.2020 09:43
Aktualisiert: 30.06.2020 09:43
Lesezeit: 2 min

Die für diesen Mittwoch (1. Juli) geplante Sitzung des Commerzbank-Aufsichtsrates zu neuen Sparplänen ist nach dpa-Informationen abgesagt. Aus Kreisen des Kontrollgremiums wurde am Dienstag ein entsprechender Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung bestätigt. Einen neuen Termin gibt es demnach noch nicht. Grund für die Verschiebung der Sitzung seien Proteste der Gewerkschaft Verdi und anderer Arbeitnehmervertreter, berichtete die Frankfurter Allgemeine Zeitung ohne Angaben von Quellen.

Großaktionär Cerberus gibt sich mit den neuen Sparplänen des Geldhauses nicht zufrieden. "Cerberus fordert den Abbau von deutlich mehr als 7000 Stellen", sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. Der Investor wolle in den nächsten Wochen konkrete Vorschläge für Stellenstreichungen und andere Sparmaßnahmen vorlegen. Einem anderen Insider zufolge ist bei der Commerzbank der Abbau von weiteren 7000 Stellen in der Diskussion, die zu der bereits im vergangenen Herbst angekündigten Streichung von 4300 Arbeitsplätzen bis 2023 hinzukäme. Darüber hatte zuerst die "Börsen-Zeitung" berichtet.

Mit der Streichung von über 11.000 Jobs wäre der Arbeitsplatzabbau bei der Commerzbank deutlich radikaler als bei der Deutschen Bank, bei der weltweit 18.000 Stellen wegfallen. Ende Dezember beschäftigte die Commerzbank rund 48.500 Mitarbeiter, die Deutsche Bank 87.600. Zudem steht die Schließung von 400 der 1000 Commerzbank-Filialen im Raum - damit würden doppelt so viele wegfallen wie bisher geplant.

Eine Sprecherin der Commerzbank wollte sich dazu konkret nicht äußern. "Derzeit werden verschiedene Optionen und Szenarien diskutiert. Noch wurden keine Entscheidungen getroffen", sagte sie. Sie bekräftigte, dass die Bank die Pläne spätestens mit den Zahlen zum zweiten Quartal Anfang August präsentieren werde.

Commerzbank-Chef Martin Zielke feilt seit Monaten an einer Verschärfung des Sparkurses, nachdem Anleger und Aufseher die Pläne als unzureichend kritisiert hatten. Wegen der Corona-Pandemie ist der Handlungsbedarf weiter gestiegen. Bei der Commerzbank drohen deswegen mehr Kreditausfälle. Auch zählt das Frankfurter Geldhaus zu den Gläubigern des zusammengebrochenen Zahlungsabwicklers Wirecard.

Vor allem Cerberus macht Druck und hat die Geduld verloren. Anfang Juni bezeichneten die Amerikaner die Entwicklung bei dem Geldhaus als "desaströs". Sie forderten einen Strategieschwenk, Einsparungen sowie zwei Sitze im Aufsichtsrat, die ihnen die Commerzbank verwehrte. Mit einem Anteil von gut fünf Prozent ist der Finanzinvestor zweitgrößter Commerzbank-Aktionär hinter dem Bund, der 15,6 Prozent hält.

ARBEITNEHMER LAUFEN STURM GEGEN SPARPLÄNE

Die Sparpläne sorgen bei den Arbeitnehmer-Vertretern für helle Aufregung. "Der Bund möchte bei der Strategie mitreden. Das ist als Großaktionär sein gutes Recht", sagte Verdi-Vertreter und Commerzbank-Aufsichtsratsmitglied Stefan Wittmann am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Aber anscheinend sei dem Bund die Meinung des Finanzinvestors Cerberus wichtiger als die des Aufsichtsrats. "Eine Strategie, die von Cerberus beeinflusst ist, ist definitiv nicht im Sinne der Mitarbeiter", sagte Wittmann. Sie sei auch nicht im langfristigen Interesse der Bank.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...