Politik

Dürfen sich „Linksextremisten“ mehr erlauben als „Rechtsextremisten“?

Lesezeit: 1 min
28.07.2020 17:13
Die Ernennung von Barbara Borchardt zur Landesverfassungsrichterin ist in Vergessenheit geraten. Borchardt ist Gründungsmitglied einer linken verfassungsfeindlichen Gruppe. Was wäre in Deutschland los gewesen, wenn ein Gründungsmitglied einer rechten verfassungsfeindlichen Gruppe zum Landesverfassungsrichter ernannt worden wäre?
Dürfen sich „Linksextremisten“ mehr erlauben als „Rechtsextremisten“?
10.06.2020, Sachsen, Leipzig: Teilnehmer einer Demonstration laufen durch Connewitz und zünden Pyrotechnik. Mehrere Hundert Menschen protestierten gegen Durchsuchungen der Sonderkommission Linksextremismus. (Foto: dpa)
Foto: Sebastian Willnow

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Barbara Borchardt ist Mitglied der Antikapitalistischen Linken (AKL), aber mittlerweile auch Verfassungsrichterin in Mecklenburg-Vorpommern. Sie wurde mit den Stimmen von SPD, Linke, SPD und CDU bis zum Jahr 2032 ins Amt gewählt. Die Aufregung über ihre Ernennung war zunächst groß, aber nun interessiert sich keiner mehr für den Vorgang.

Die Tagespost berichtet über sie: „Die 64-Jährige, seit 1976 Mitglied der SED und DDR-Diplom-Juristin, ist nicht nur Gründungsmitglied der sogenannten Antikapitalistischen Linken. Einer Gruppe innerhalb der Linkspartei, die die Überwindung der aus ihrer Sicht kapitalistischen Wirtschaftsordnung anstrebt, aber auch insgesamt die freiheitlich-demokratische Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik in Frage stellt. Borchardt hat auch immer wieder mit Äußerungen zum Mauerbau und zu den Mauertoten gezeigt, dass sie tatsächlich zu den Ewiggestrigen zu zählen ist.“

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hatte die Berufung der Linke-Politikerin Barbara Borchardt an das Landesverfassungsgericht in Mecklenburg-Vorpommern Ende Juni 2020 scharf kritisiert. Organisationen wie die Antikapitalistische Linke (AKL), der Borchardt angehört, richteten sich nicht nur gegen die bestehende Wirtschaftsordnung sondern stellten auch einzelne Grundrechte in Frage, sagte Haldenwang in Berlin bei einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums im Bundestag. Er finde es als Verfassungsschützer „unerträglich“, wenn ein erwiesenes AKL-Mitglied Teil eines Verfassungsgerichts werde, sagte Haldenwang.

Die Parteigruppierung Antikapitalistische Linke wird im Bund vom Verfassungsschutz beobachtet. Borchardt war von der Linken nominiert und Mitte Mai auch mit Stimmen von SPD und CDU vom Landtag zur Richterin am Verfassungsgericht gewählt worden. Der Vorgang sorgte für Aufsehen.

Der Spiegel-Journalist Nikolaus Blome sagt: „Eine Verfassungsrichterin der Linken verhöhnt die Mauer-Toten und ist stolz darauf. Sie tut es, weil sie es kann: Am linken Rand der Politik darf man sich mitunter mächtig mehr erlauben als am rechten.“

Die Linke Mecklenburg-Vorpommern führt hingegen über Borchardt aus: „Barbara Borchardt wäre gern Auto-Schlosserin geworden. Schließlich war sie als junges Mädchen Mitglied im Motorradklub ,John Lennon 68‘.“

Über Doppelstandards in der Wahrnehmung und Bewertung von rechter und linker Militanz berichtet auch der Tagesspiegel.


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