Finanzen

Freibier für Händler: Banken suchen Wege aus dem Homeoffice

Lesezeit: 2 min
04.08.2020 11:15
Mit kostenlosen Sandwiches und Freibier am Feierabend locken Geldhäuser ihre Mitarbeiter zurück in die Büros.
Freibier für Händler: Banken suchen Wege aus dem Homeoffice
Die Zentrale der Deutschen Bank. (Foto: dpa)
Foto: Boris Roessler

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Mit kostenlosen Sandwiches und Freibier am Feierabend locken Geldhäuser in London ihre Mitarbeiter zurück in die Büros. Speziell Händler sollen möglichst bald wieder in die City zurückkehren, auch weil interne Kontrolleure sie so besser beaufsichtigen können. Seit Mitte März arbeiten Banker auf der ganzen Welt wegen der Corona-Pandemie vom Küchentisch aus. Doch die Furcht vor einer zweiten Welle wächst und keine Bank will zu schnell Arbeitsbedingungen lockern. Institute in Deutschland sind weiterhin zurückhaltend mit konkreten Rückholplänen.

"Diese Krise ist noch lange nicht vorbei", warnte Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer kürzlich bei der Vorlage der Quartalszahlen. "Wir sind auf dem Weg zurück zur Normalität, aber die Rückkehr in die Büros bleibt freiwillig. Es wird nur schrittweise gehen." In London arbeiten ganz wenige Mitarbeiter wieder in Büros, in New York kein einziger. In Frankfurt hat die Deutsche Börse immerhin rund ein Drittel der 2500 Beschäftigten zurückgeholt. Auch bei der Deutschen Bank sind am Konzernsitz in Frankfurt rund 800 der 2500 Angestellten vor Ort. Die meisten der 88.000 Beschäftigten des größten deutschen Kreditinstituts arbeiten aber nach wie vor im Homeoffice. Bei der Commerzbank ist konzernweit fast die Hälfte der 49.000 Mitarbeiter zu Hause. Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen wollen die Frankfurter nach der Urlaubszeit fällen.

Warnungen vor Fat-Finger-Trades

Doch bei den Wertpapierhändlern erhöhen Banken allmählich den Druck. "Der Aufbau von Kontakten und Wissen ist speziell für neue Mitarbeiter wichtig und das geht nur im Büro", sagte Ram Nayak, bei der Deutschen Bank verantwortlich für den Anleihe- und Währungshandel. "Die Handelssäle füllen sich aber nur langsam." In London sollen laut einem internen Memo im September weitere Deutsche-Bank-Händler zurück an ihre Schreibtische gehen. Auch bei der genossenschaftlichen DZ Bank sind es vor allem die Händler, die zurückkehren sollen. "Durch die Arbeit im Homeoffice Office leidet häufig der Informationsaustausch", erläuterte eine Sprecherin. "Gerade wenn man schnell reagieren muss, ist es hilfreich mitzukriegen was um einen herum passiert. Die Händler sitzen nicht ohne Grund im Großraumbüro."

Mehrere Insider verweisen auch darauf, dass die Compliance-Abteilungen zunehmend Sorge haben, den Überblick über die Abschlüsse der Händler zu verlieren. Managern falle es außerdem schwer, das individuelle Arbeitspensum zu bewerten, das ein wichtiger Gradmesser für Bonuszahlungen ist. Die britische Aufsichtsbehörde FICC warnte vor versehentlich falsch gebuchten Wertpapierorders, im Fachjargon "Fat-Finger-Trades" genannt, und den Gefahren durch häusliche Gewalt und höheren Drogenkonsum.

"Zwischendurch mal Gassi gehen"

Um den Mitarbeitern die Arbeit im Büro wieder schmackhaft zu machen, bietet die US-Bank Goldman Sachs ihren Leuten Insidern zufolge kostenloses Essen in ihrem Londoner Büro an. Die Schweizer UBS versucht mit Friday-Night-Drinks den Zusammenhalt in den Händler-Teams zu stärken. Um die Pendlerei mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die Ansteckungsgefahr zu reduzieren, gibt es bei vielen Banken Kooperationen mit Fahrrad- oder Rolleranbietern. Im Londoner Finanzviertel Canary Warf entstehen mehr Parkplätze für Autos.

Doch viele Banker haben mittlerweile Gefallen gefunden an der Arbeit zu Hause. "Die Mehrzahl ist froh über das Homeoffice", sagte Nils Wilm, Chef der Personalberatung Bankenwelt. "Sie beschreiben ihre Arbeit oft als produktiver und sie genießen es, zwischendurch einkaufen oder mit dem Hund Gassi gehen zu können."


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...