Deutschland

"Feldwebelin" und "Leutnantin": Regierung plant Frauen-Dienstgrade

Lesezeit: 2 min
11.09.2020 16:56  Aktualisiert: 11.09.2020 16:56
Das Verteidigungsministerium bereitet die Einführung weiblicher Dienstgrade vor. So soll es zum Beispiel statt wie bisher "Frau Feldwebel" künftig "Feldwebelin" heißen.
"Feldwebelin" und "Leutnantin": Regierung plant Frauen-Dienstgrade
Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesministerin der Verteidigung letzte Woche bei dem Besuch des I. Deutsch-Niederländische Korps in Münster. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Das Verteidigungsministerium bereitet nach langem Zögern eine Einführung weiblicher Dienstgrade vor. Nach Unterlagen, die der «Welt» vorliegen, wird Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Dienstag kommender Woche ein entsprechender Vorschlag zur Entscheidung vorgelegt, nachdem Staatssekretär Gerd Hoofe sowie zwei Abteilungsleiter den Vorschlag abgesegnet haben. Kommen damit etwa «Feldwebelin», «Bootsfrau» oder «Oberstleutnantin»?

Die Diskussion gibt es so lange wie Frauen in den Streitkräften sind. Bis ins Jahr 2001 konnten sie sich nur im Militärmusikdienst oder im Sanitätsdienst verpflichten. Den Weg in die kämpfende Truppe machte erst ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Jahr 2000 frei. Nun stehen alle militärischen Laufbahnen offen. Für wenige Verwendungen - wie in den Spezialkräften - sind die körperlichen Eignungstest so schwer zu bestehen, dass es in der Praxis keine Frauen gibt.

Aber mehr als 22.500 Soldatinnen leisten ihren Dienst bei der Bundeswehr - Tendenz steigend. Damit sind rund zwölf Prozent der insgesamt rund 183.000 Soldaten Frauen. So sind «Frau Major» und «Frau Fregattenkapitän» in den Alltag der Streitkräfte eingezogen. Und bei internen Diskussionen sind es oft weibliche Offiziere, die bislang gegen «gegenderte» Dienstgrade argumentieren.

«Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist durchgängiges Leitprinzip im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung. Als eine von vielen Fragestellungen ist dabei auch die Frage der sprachlichen Gleichbehandlung seit längerem Bestandteil von Diskussionen», sagt eine Sprecherin des Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur. «Bundesministerin Kramp-Karrenbauer war mit dem Vorhaben zu diesem speziellen Punkt bisher nicht befasst.»

Es soll wohl auch Ausnahmen geben. Die Planungen sehen demnach vor, «die Begriffe Hauptmann und Oberst nicht zu gendern». Es soll also laut «Welt» keine Hauptfrau und keine Oberstin geben, sehr wohl aber eine Oberstleutnantin oder eine Brigadegeneralin.

Die Frauen im Verteidigungsausschuss des Bundestags sehen die Pläne demnach eher skeptisch. Es sei ihr völlig egal, ob es weibliche Dienstgradbezeichnungen gebe, wird die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, zitiert: «Ich glaube aber, dass die Bundeswehr andere Sorgen hat.»

Die SPD-Verteidigungspolitikerin Siemtje Möller findet es «prinzipiell gut, sich über diskriminierungsfreie Sprache Gedanken zu machen. Wenn ich mit weiblichen Angehörigen der Bundeswehr spreche, dann klagen die allerdings nicht über einen nicht gegenderten Dienstgrad, sondern über fehlende Schutzwesten, zu wenig Stiefel oder leergefegte Kleiderkammern, so dass sie keinen Fliegeranzug in ihrer Größe haben.»

Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl (SPD), äußerte sich jüngst unzufrieden mit dem niedrigen Anteil an Frauen in der Truppe. Es gebe noch «Luft nach oben». Sie sagte der «Süddeutschen Zeitung»: «Ein Anteil von 30 Prozent Frauen in der Bundeswehr, das würde der Truppe sicher guttun.» Über den Umgang mit Frauen in der Bundeswehr sagte sie, sie seien «noch nicht überall gleichermaßen respektiert».

Der Bundeswehrverband ist gegen weibliche Dienstgrade. «Wenn unsere Kameradinnen mehrheitlich Dienstgrade mit einer weiblichen Endung wollten, wäre das sicher eine gute Idee, tatsächlich kennen wir als Verband allerdings fast nur Frauen, die eine solche Änderung ablehnen», sagte Verbandschef André Wüstner dem «Spiegel». Die Debatte lenke von den echten Problemen ab - moderne Ausrüstung und die Verbesserung der Einsatzbereitschaft. Der Verbandschef kritisierte: «Wer auch immer im Ministerium jetzt eine solche Gender-Debatte lostritt, erweckt in der Truppe den Eindruck, endgültig jeglichen Bezug zu den von Mangelverwaltung geplagten Soldaten verloren zu haben.»


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Petrochemie: Rettungsleine der Ölindustrie - und Dorn im Auge von Umweltschützern
24.04.2024

Auf den ersten Blick sieht die Zukunft des Erdölmarktes nicht rosig aus, angesichts der Abkehr von Treibstoffen, wie Benzin und Diesel....

DWN
Politik
Politik Sunak in Berlin: Antrittsbesuch bei Kanzler Scholz - strategische Partnerschaft in Krisenzeiten
24.04.2024

Rishi Sunak besucht erstmals Berlin. Bundeskanzler Scholz empfängt den britischen Premierminister mit militärischen Ehren. Im Fokus...

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank-Präsident: Zinssenkungspfad unklar, digitaler Euro erstrebenswert
24.04.2024

Spannende Aussagen von Bundesbank-Präsident Joachim Nagel: Ihm zufolge wird die EZB nach einer ersten Zinssenkung nicht unbedingt weitere...

DWN
Technologie
Technologie Habeck sieht großes Potenzial in umstrittener CO2-Einlagerung
24.04.2024

Die Technologie "Carbon Capture and Storage" (CO2-Abscheidung und -Speicherung) ist in Deutschland ein umstrittenes Thema. Inzwischen gibt...

DWN
Panorama
Panorama Fahrraddiebe nehmen vermehrt teure E-Bikes und Rennräder ins Visier
24.04.2024

Teure E-Bikes und Rennräder sind seit Jahren immer häufiger auf den Straßen zu sehen - die Anzahl von Diebstählen und die...

DWN
Technologie
Technologie KI-Hype in Deutschland: Welle von neuen Startups formiert sich
24.04.2024

Obwohl die Finanzierung von Jungfirmen allgemein ins Stocken geraten ist, werden in Deutschland gerade unzählige KI-Startups gegründet....

DWN
Politik
Politik USA kündigen massive Waffenlieferungen in die Ukraine an - Selenskyj äußert Dank
24.04.2024

Der US-Kongress hat die milliardenschweren Ukraine-Hilfen gebilligt. Jetzt könnte es laut Pentagon bei der ersten Lieferung sehr schnell...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Preiskrieg in China: Volkswagen im harten Wettbewerb der Elektroauto-Branche
24.04.2024

Volkswagen, lange Zeit der unangefochtene Marktführer in China, sieht sich nun einem intensiven Wettbewerb um den Elektroautomarkt...