Politik

DWN Aktuell: Wiesbadens Landwirten droht Enteignung - Entscheidung fällt heute

Die Stadt stellt Landwirte und andere Grundbesitzer vor die Wahl: Verkauf zum Spottpreis oder Enteignung.
17.09.2020 12:54
Aktualisiert: 17.09.2020 12:54
Lesezeit: 1 min
DWN Aktuell: Wiesbadens Landwirten droht Enteignung - Entscheidung fällt heute
Ein Landwirt pflügt sein Feld. In Wiesbaden soll heute beschlossen werden, dass eine ganze Reihe von Landwirten ihre Felder verkaufen müssen. (Foto: dpa) Foto: Jens B

Eine Vielzahl von Landwirten und Grundbesitzern in Wiesbaden erwartet den Beschluss des Stadtparlaments über die städtische Entwicklungsmaßnahme. Heute um 16 Uhr wird unter anderem darüber abgestimmt, ob die Landwirte de facto enteignet werden sollen.

In Wiesbadener Stadtteil „Ostfeld“ soll ein neues Quartier mit einer Wohnkapazität für bis zu 12.000 Menschen gebaut werden, bezugsfertig angeblich ab 2028. In der hessischen Landeshauptstadt (circa 280.000 Einwohner) würden dadurch eine Reihe von Bauern und Grundbesitzern vor die Wahl gestellt: Verkaufen zu einem festgelegten niedrigen Preis oder zwangsweise Enteignung.

Ob die Betroffenen tatsächlich vor diese Entscheidung gestellt werden, hängt davon ab, ob die Stadtverordnetenversammlung heute die städtische Entwicklungsmaßnahme beschließen wird. Große Hoffnungen machen sich die Landwirte und Landbesitzer nicht, denn politisch steht die Entscheidung wohl längst fest. Laut FAZ werden die Koalition aus SPD, Grünen und CDU sowie die FDP für das Projekt stimmen.

Die Eigentümer müssen also das Schlimmste befürchten und bereiten sich deshalb bereits auf eine Auseinandersetzung mit der Stadtverwaltung vor. Eine Koalition aus 25 Landwirten will bei einem erfolgreichen Entwicklungs-Beschluss juristisch gegen diesen vorgehen.

Sauer stößt die Bauern vor allem auf, dass sie nicht angemessen entschädigt werden. Die zuständige Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) dürfte „alles zu diesem extrem reduzierten Anfangswert kaufen, den der Gutachterausschuss vor Jahren festgelegt hat“, beschwert sich ein lokaler Landwirt. Und weiter: „Wir bekommen drei bis zwölf Euro pro Quadratmeter, weil die SEG mit der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme wertreduzierend vorgeht.“ Das wäre etwa nur zehn Prozent des Marktwerts, den die Koalition der Landwirte auf 80 Euro pro Quadratmeter schätzt.

Aber es kommt noch dicker. Die Stadt plant mit einem Wiederverkaufspreis von 1.100 Euro pro Quadratmeter des dann entstehenden „Bauerwartungslandes“. Laut dem Leiter des Dezernats für Stadtentwicklung, Hans-Martin Kessler (CDU), hat das rein ökonomische Gründe, wie er in einem Interview mit der Hessenschau ausführt. Aus dem Planungsgewinn – also der erwähnten Differenz der An- und Verkaufspreise um den Faktor 1 zu 100 – soll die gesamte Infrastruktur des neuen Stadtteils finanziert werden.

Summa summarum zahlen also die betroffenen Bauern und Landbesitzer für die Infrastruktur eines Stadtteils, dessen Entwicklung für sie mit einem Verlust an Grundfläche und damit möglicherweise einer Vernichtung ihrer Existenz verbunden ist.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Bürgergeldreform „Bullshit“: Arbeitsministerin Bas muss bei Jusos einstecken - wackelt die neue Grundsicherung?
01.12.2025

Die Bürgergeldreform steht bevor, der erste Teil der neuen Grundsicherung soll noch im Dezember durch das Bundeskabinett von Kanzler Merz...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrie: Materialmangel trifft Autoindustrie am härtesten – Ursache wohl in China
01.12.2025

Materialmangel trifft die deutsche Industrie unerwartet hart und legt Schwachstellen in globalen Lieferketten offen. Besonders Halbleiter...

DWN
Politik
Politik NATO-Krise: Ex-Spitzenoffizier fordert im DWN-Interview totale Umstellung von Gesellschaft und Wirtschaft
01.12.2025

Ein früherer NATO-Spitzenoffizier warnt in einem exklusiven Interview, dass Europa nur wenige Jahre hat, um sich auf einen möglichen...

DWN
Finanzen
Finanzen Hugo Boss-Aktie: Machtkampf mit Großaktionär Frasers?
01.12.2025

Beim Modekonzern Hugo Boss knirscht es im Machtgefüge: Der wichtigste Investor zieht dem Aufsichtsratschef die Unterstützung weg,...

DWN
Finanzen
Finanzen Airbus-Aktie fällt nach A320-Software-Update
01.12.2025

Ein Pflicht-Update für die A320-Reihe schickt die Airbus-Aktie auf ein Zweimonatstief. Airlines reagieren hektisch, doch der Hersteller...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs rutscht zum Wochenstart ab: Liquidationswelle bringt Kryptowährungen unter massiven Druck
01.12.2025

Der Bitcoin-Kurs startet tiefrot in den Dezember: Ein Wochenend-Schock hat den Markt binnen Stunden umgekrempelt. Liquidationen rollen auf...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Wird 2026 alles steigen? Prognose für Aktien, Bitcoin-Kurs und Goldpreis
01.12.2025

Der November brachte an den US-Börsen einen synchronen Aufschwung über sämtliche Anlageklassen hinweg. Jetzt legen die größten Häuser...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden-Aktien: Wie Anleger jetzt potenzielle Dividendenrenditen erkennen
01.12.2025

Dividenden-Aktien gewinnen für Anleger in unsicheren Zeiten an Bedeutung, da sie regelmäßige Ausschüttungen mit potenziellem...