Deutschland

Corona-Krise: Der Mittelstand lobt die Bundesregierung - und rügt sie gleichzeitig

Der Mittelstand ist grundsätzlich zufrieden mit der Corona-Politik der Bundesregierung. Doch es gibt auch Kritik. Es wird unter anderem eine Senkung der Unternehmenssteuern gefordert. Arbeitsplätze sollen aber nicht wegfallen. „Ungeachtet der Anerkennung für die aktuelle Arbeit der GroKo ist Schwarz-Rot nicht die Traumkombination der Unternehmer“, so der Mittelstands-Präsident Mario Ohoven.
23.09.2020 11:50
Aktualisiert: 23.09.2020 11:50
Lesezeit: 2 min
Corona-Krise: Der Mittelstand lobt die Bundesregierung - und rügt sie gleichzeitig
26.04.2018, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht mit Peter Altmaier (CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie, im Plenum im Bundestag. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Aus einer exklusiven Umfrage des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), die den Deutschen Wirtschaftsnachrichten vorliegt, geht hervor, dass 37,93 Prozent der befragten Unternehmer die Arbeit der Großen Koalition während der Corona-Krise als „gut“ einstufen. 30,58 Prozent meinen, dass die Arbeit der Großen Koalition „befriedigend“ ist, wohingegen 12,93 Prozent mit „schlecht“ antworteten.

Um die Corona-Krise nachhaltig zu lösen, sprechen sich 57,60 Prozent der Befragten für eine Senkung der Unternehmens-Steuern aus. 79,21 Prozent fordern einen Bürokratieabbau, 60,12 eine rückwirkende und vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, 42,46 eine Senkung der Sozialabgaben, 30,44 Prozent eine Erhöhung der Abschreibungssummen und 23,42 Prozent eine „dauerhafte“ Senkung der Mehrwertsteuer.

BVMW-Präsident Mario Ohoven, teilte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten dazu mit: „Der Mittelstand ist in seiner großen Mehrheit mit der Arbeit der Großen Koalition während der Corona-Krise zufrieden. Das zeigt unsere brandaktuelle Unternehmerumfrage. Demnach bewerten 46 Prozent die Arbeit der GroKo als gut oder sogar sehr gut, 30 vergeben die Schulnote 3, knapp ein Viertel schätzt dagegen die Arbeit als schlecht oder sehr schlecht ein.“

74,81 Prozent der Unternehmer sagen, dass ein Abbau von Arbeitsplätzen nicht in Frage komme, während 11,99 Prozent mit einem Wegfall der Arbeitsplätze um zehn Prozent rechnen. Die Konjunkturaussichten für die nächsten zwölf Monate bewerten 34,78 Prozent der Unternehmer als „eher schwach“ und 38,06 Prozent der Unternehmer als „mittel“. 39,60 Prozent der Unternehmer sollen die „Soforthilfen“, 34,62 Prozent das „Kurzarbeitergeld“, 15,76 Prozent die „Herabsetzungen der Steuervorauszahlungen“ und 14,30 Prozent die „Steuerstundungen“ in Anspruch genommen haben.

Bei der Beantragung der staatlichen Unterstützungen zeigen sich die Unternehmer weitgehend unzufrieden. 32,23 Prozent meinen, dass die Anträge zu bürokratisch seien. 28,36 Prozent sind der Ansicht, sie würden „keine ausreichenden Informationen über das Förderprogramm“ erhalten, während 31,86 Prozent meinen, dass sie die Anforderungen nicht erfüllt hätten.

30,96 Prozent sagen, dass die Bearbeitungszeit zu lange dauern würde. Bemerkenswert ist die Aussage, dass 70,77 Prozent sagen, sie würden keine weiteren Finanzhilfen benötigen, zumal 71,35 Prozent der Befragten ihre Liquiditätslage als „befriedigend“, „gut“ oder „sehr gut“ einschätzt.

Ohoven warnt: „Ich warne die Bundesregierung aber davor, jetzt selbstzufrieden die Hände in den Schoß zu legen. Denn die Umfrage macht zugleich deutlich, was der Mittelstand in der Coronakrise wirklich benötigt und jetzt von der Politik erwartet. Knapp 58 Prozent der Mittelständler fordern die Bundesregierung auf, die Unternehmenssteuern zu senken, 60 Prozent wollen eine rückwirkende und vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Am meisten leiden die Unternehmer aber nach wie vor unter der Bürokratie. Deshalb verlangen fast 80 Prozent, dass die GroKo endlich wirksame Maßnahmen zum Bürokratieabbau ergreift. Ein erster wirkungsvoller Schritt wäre aus unserer Sicht die Verlängerung der reduzierten Mehrwertsteuersätze über den Jahreswechsel hinaus, da zwei Drittel der Mittelständler hohe zusätzliche Bürokratiekosten durch die Rück-Umstellung befürchten.“

Die seit dem 1. Juli 2020 geltende ermäßigte Mehrwertsteuersenkung wirkt sich für 83,17 Prozent der Befragten „gar nicht“ aus, während 55,84 Prozent sagen, dass die Bürokratiekosten infolge der Mehrwertsteuerumstellung zu hoch sind. 65,91 Prozent der Befragten meinen sogar, dass es bei der Rückkehr zu dem Mehrwertsteuer-Normalsätzen zu weiteren hohen Bürokratiekosten kommen wird. Sehr interessant ist, dass 66,77 Prozent der Unternehmer meinen, digitale Prozesse hätten ihnen bei der Bewältigung der Corona-Krise geholfen, was wiederum die Wichtigkeit der Digitalisierung hervorhebt.

67,35 Prozent der Unternehmen wollen nach der Corona-Krise verstärkt auf die Digitalisierung setzen, um für künftige Krisen gewappnet zu sein.

Ohoven wörtlich: „Der deutsche Mittelstand wird auch in der Corona-Krise seiner sozialen Verantwortung gerecht. So planen drei Viertel der Unternehmen keine Veränderung bei der Zahl der Arbeitsplätze, sieben von zehn Mittelständlern wollen in gleichem Maße wie vor Corona ausbilden. Besonders erfreulich: Weit über 90 Prozent halten am Standort Deutschland fest. Ungeachtet der Anerkennung für die aktuelle Arbeit der GroKo ist Schwarz-Rot nicht die Traumkombination der Unternehmer. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, kämen Union und FDP bei der Unternehmerumfrage zusammen auf 69 Prozent. Doch auch hier warne ich vor Selbstzufriedenheit: Gäbe es eine neue Partei der Mitte, würde sie laut Umfrage aus dem Stand heraus von 30 Prozent der Mittelständler gewählt. Deshalb meine Empfehlung an die Parteien: Erfolg heißt sich ändern.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

avtor1
Cüneyt Yilmaz

                                                                                ***

Cüneyt Yilmaz ist Absolvent der oberfränkischen Universität Bayreuth. Er lebt und arbeitet in Berlin.

DWN
Finanzen
Finanzen Micron Technology-Aktie und der KI-Boom: Experten sehen Parallelen zu Nvidia
19.12.2025

Der KI-Boom verändert den Halbleitermarkt und lenkt den Blick auf Speicherhersteller. Kann die Micron Technology-Aktie dauerhaft von...

DWN
Politik
Politik EU lockert Gentechnik-Vorgaben: Was sich im Supermarkt ändert und wo Chancen und Risiken liegen
19.12.2025

Die EU stellt die Weichen für lockerere Gentechnik-Vorgaben – mit Folgen für Supermärkte, Kennzeichnung und Landwirtschaft....

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt SumUp-IPO 2026: Wie SumUp-Gründer Daniel Klein eines der größten Fintechs Europas an die Börse bringt
19.12.2025

Ob Taxi oder Dönerbude: Die kleinen weißen SumUp-Terminals haben die Kartenzahlung in deutschen Kleinstbetrieben etabliert. Nun führt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verbrenner-Aus: EU lockert Vorgaben und setzt den Fokus auf Unternehmen und Hersteller
19.12.2025

Die Europäische Kommission richtet ihre Verkehrsklimapolitik neu aus und verändert damit die Rahmenbedingungen für Industrie und...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose 2026: Kurs erholt sich – Experten streiten über den weiteren Weg
19.12.2025

Der Bitcoin-Kurs schwankt, die Jahresendrally bleibt aus – und doch überbieten sich Experten mit kühnen Zielen. Zwischen 87.900 Dollar...

DWN
Finanzen
Finanzen Jetzt die besten Dividenden-Aktien kaufen: Diese Titel überzeugen Experten von Morningstar
19.12.2025

Dividenden gelten für viele Anleger als stabiler Ertragsanker in unsicheren Marktphasen. Doch woran lässt sich erkennen, welche...

DWN
Politik
Politik E-Autos: Kfz-Steuerbefreiung bei Elektroautos bis 2035 verlängert
19.12.2025

Elektroautos sollen länger steuerfrei bleiben – doch die neuen Regeln haben einen Haken. Ein Beschluss im Bundesrat verschiebt Fristen,...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Finanzierung bis 2027: EU einigt sich auf 90 Milliarden Euro – Moskau spottet
19.12.2025

Die EU hat sich nach zähem Ringen auf eine Ukraine-Finanzierung bis 2027 geeinigt. Ein zinsloser Kredit über 90 Milliarden Euro soll...