Finanzen

Banken im Euro-Raum werden vorsichtiger bei Kreditvergabe

Lesezeit: 2 min
27.10.2020 10:19  Aktualisiert: 27.10.2020 10:19
Zwar hat die Kreditvergabe an Firmen im Euro-Raum im September weiter kräftig zugelegt. Doch laut Daten der EZB müssen sich die Unternehmen zum Jahresende auf schärfere Vergabestandards der Banken gefasst machen.
Banken im Euro-Raum werden vorsichtiger bei Kreditvergabe
Die Banken habe ihre Standards zur Kreditvergabe verschärft. (Foto: dpa)
Foto: Andreas Arnold

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inmitten der Corona-Pandemie fließen Kredite im Euro-Raum üppig und werden zum Jahresende hin wohl noch stärker nachgefragt. Im September vergaben die Banken im Währungsgebiet 7,1 Prozent mehr Darlehen an Unternehmen als ein Jahr zuvor, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag mitteilte. Im August gab es einen Zuwachs in derselben Höhe.

Wie aus der Umfrage der EZB zum Kreditgeschäft (BLS) unter 143 Banken weiter hervorgeht, waren Darlehen im Sommer aber nicht mehr so sehr gefragt wie im Frühjahr, als die Pandemie die Wirtschaft mit voller Wucht erfasste. Auch wegen steigenden Bedarfs von Mittelständlern im Zuge der zweiten Pandemiewelle dürften sie im Herbst aber wieder reger beantragt werden.

Eine solche Entwicklung ist laut der Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, wohl auch für Deutschland absehbar: "Inzwischen wachsen die wirtschaftlichen Beeinträchtigungen durch die Pandemie hierzulande täglich." In den besonders betroffenen Dienstleistungsbranchen wie dem Gastgewerbe dürften demnach die finanziellen Engpässe und damit der Kreditbedarf wieder zunehmen: "Die EZB ist nun genauso wie die Regierungen gefordert, in dieser schwierigen Lage durch die Verlängerung und punktuelle Ergänzung der Krisenmaßnahmen das Vertrauen der Unternehmen und Konsumenten zu stärken."

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird Experten zufolge auf ihrer Zinssitzung am Donnerstag wegen der Wucht der zweiten Corona-Infektionswelle wohl die Tür für weitere geldpolitische Lockerungsschritte öffnen. Im Blickpunkt dürfte Experten zufolge das billionenschwere Anleihen-Kaufprogramm PEPP stehen - für viele das schärfste Schwert der EZB im Kampf gegen die Pandemiefolgen. Viele Volkswirte erwarten, dass die Notenbank das Programm im Dezember kräftig aufstocken wird.

Sorge um Konjunkturerholung

Die Firmen müssen sich laut der EZB-Umfrage zum Jahresende hin auf weiter verschärfte Vergabestandards der Banken gefasst machen. Dahinter stecke die Sorge um die wirtschaftliche Erholung, zumal einige Branchen weiter als anfällig gelten. Die im Rahmen der BLS-Umfrage befragten 34 deutschen Banken verschärften laut Bundesbank im dritten Quartal erneut ihre Vergaberichtlinie - aber nicht mehr so deutlich wie im Frühjahr. Die Be­le­bung der Nach­fra­ge nach Firmen­kre­di­ten durch die Co­ro­na-Hilfs­pro­gram­me der KfW und der För­der­ban­ken der Län­der ließ im Sommer zugleich etwas nach.

Wohnungsbaukredi­te waren hingegen wie­der stärker gefragt. Der ge­stie­ge­nen Nach­fra­ge nach Firmen- und Woh­nungs­bau­kre­di­ten be­geg­ne­ten die Ban­ken allerdings mit einer vergleichs­wei­se hohen Ab­leh­nungs­quo­te: "Vor allem Un­ter­neh­men aus be­son­ders von der Krise be­trof­fe­nen Bran­chen sowie Neu­kun­den hat­ten einen schlech­te­ren Kre­dit­zu­gang", teilte die Bundesbank weiter mit.

Geldmengenwachstum legt überraschend deutlich zu

Das Wachstum der Geldmenge in der Eurozone hat sich im September überraschend deutlich verstärkt. Die breit gefasste Geldmenge M3 erhöhte sich gegenüber dem Vorjahresmonat um 10,4 Prozent, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Zuletzt war im Jahr 2008 das Wachstum höher. Analysten hatten lediglich ein Wachstum von 9,6 Prozent erwartet. Im Vormonat hatte das Wachstum von M3 noch bei 9,5 Prozent gelegen.

Das Wachstum der enger gefassten Geldmenge M1 legte ebenfalls zu. Die Rate stieg von 13,2 im Vormonat auf 13,8 Prozent.

Fachleute führen das starke Geldmengenwachstum vor allem auf die Krisenpolitik der EZB zurück. Zur Bekämpfung der Corona-Folgen kauft sie in hohem Ausmaß Wertpapiere wie Staatsanleihen. Zudem versorgt sie die Euroraum-Banken mit sehr günstigen Langfristkrediten.

Die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an die privaten Haushalte wuchs im September um 3,1 Prozent. Im Vormonat hatte es noch bei 3,0 Prozent gelegen. Das Wachstum der Kreditvergabe an Unternehmen verharrte bei 7,1 Prozent.

Weiterlesen: Schreckgespenst Inflation: Seit Jahren vergeblich erwartet, wird sie nun kommen - Teil 2


Mehr zum Thema:  

DWN
Politik
Politik Vor 20 Jahren: Größte Erweiterung der Nato - eine kritische Betrachtung
29.03.2024

Am 29. März 2004 traten sieben osteuropäische Länder der Nato bei. Nicht bei allen sorgte dies für Begeisterung. Auch der russische...

DWN
Technologie
Technologie Viele Studierende rechnen mit KI-Erleichterungen im Joballtag
29.03.2024

Vielen Menschen macht Künstliche Intelligenz Angst, zum Beispiel weil KI Arbeitsplätze bedrohen könnte. In einer Umfrage stellte sich...

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...