Deutschland

Minus 0,3 Prozent: Inflation fällt auf tiefsten Stand seit 2015

Die gesenkte Mehrwertsteuer und fallende Energiekosten drücken die deutsche Inflationsrate auf den tiefsten Stand seit Januar 2015. Die Verbraucherpreise sanken im November um 0,3 Prozent zum Vorjahresmonat
30.11.2020 15:24
Aktualisiert: 30.11.2020 15:24
Lesezeit: 1 min
Minus 0,3 Prozent: Inflation fällt auf tiefsten Stand seit 2015
Gedämpft von der Mehrwertsteuersenkung und rückläufigen Energiepreisen geht die Inflation in Deutschland weiter zurück. (Foto: dpa) Foto: Christian Charisius

Die gesenkte Mehrwertsteuer und fallende Energiekosten drücken die Inflationsrate auf den tiefsten Stand seit Anfang 2015. Die Verbraucherpreise sanken im November um 0,3 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Im September und Oktober lag die Jahresteuerung bei minus 0,2 Prozent.

Wenn die Senkung der Mehrwertsteuer 2021 jedoch ausläuft, erwarten Ökonomen mehr Preisdruck. "Im neuen Jahr wird die Inflationsrate schlagartig anziehen", sagte Jens-Oliver Niklasch von der LBBW. "Für das Gesamtjahr 2021 dürfte sich die Rate auf 2,2 Prozent belaufen", ergänzte Michael Heise, Chefökonom vom Vermögensverwalter HQ Trust.

Die Bundesregierung senkte die Mehrwertsteuer von Juli bis Ende 2020 vorübergehend von 19 auf 16 Prozent, um Konsum und Wirtschaft in der Corona-Krise anzukurbeln. "Die Inflationsrate ist unter anderem durch die seit 1. Juli 2020 geltende Mehrwertsteuersenkung beeinflusst", hieß es beim Amt dazu.

ÖKONOM: FIRMEN KÖNNEN KAUM HÖHERE PREISE DURCHSETZEN

"Die Zauberformel lautet derzeit: billige Energie plus Mehrwertsteuersenkung gleich Inflationsrate", erklärte LBBW-Experte Niklasch. Zur höheren Mehrwertsteuer komme im Januar die CO2-Abgabe aus dem Klimapaket hinzu. Die Commerzbank rechnet dann mit einer Inflationsrate von rund 1,5 Prozent.

"So richtig wirksam wird der Effekt dann in der zweiten Jahreshälfte", sagte Niklasch. Dennoch drohe keine wirklich hohe Inflation von dauerhaft deutlich über zwei Prozent. Zudem stiegen weder die Mieten noch Tariflöhne besonders stark - was wiederum die Preise für Dienstleistungen deckele. Wegen eines Statistikeffekts rechnet Fachmann Heise in der zweiten Jahreshälfte allerdings sogar mit einer Inflation von gut 2,7 Prozent.

Für die Europäische Zentralbank (EZB) sind sinkende Preise in der größten Volkswirtschaft der Währungsunion derzeit ein Problem, strebt sie doch eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent im Euroraum an. Helaba-Analyst Patrick Boldt rechnet damit, dass die EZB in der nächsten Woche umfassende Lockerungsmaßnahmen beschließt. "Mittel- bis langfristig ergibt sich ein Inflationspotenzial, insbesondere wenn es nach der Corona-Krise zu einer konjunkturellen Erholung kommen sollte."

Waren verbilligten sich im November um durchschnittlich 1,8 Prozent. Dabei fielen die Energiepreise mit minus 7,7 Prozent besonders kräftig. Nahrungsmittel verteuerten sich um 1,4 Prozent und damit genau so stark wie zuletzt. Dienstleistungen kosteten 1,1 Prozent mehr als vor Jahresfrist, wobei die Nettokaltmieten um 1,3 Prozent zulegten. Die gesamten Verbraucherpreise sanken von Oktober auf November um 0,8 Prozent.

Weiterlesen: Inflation voraus? Die in der Eurozone zirkulierende Geldmenge M1 wächst stark

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Russlands Desinformationskampagnen: Wie Europa gegen Putins Trolle kämpft
06.12.2025

Europe wird zunehmend Ziel digitaler Einflussoperationen, die gesellschaftliche Stabilität, politische Prozesse und wirtschaftliche...

DWN
Immobilien
Immobilien Baufinanzierung Zinsen: Entwicklung des Bauzinses 2025 - und wie es 2026 weitergeht
06.12.2025

Nachdem die Zinsen – darunter der Bauzins – in Deutschland seit 2019 eine gewisse Schieflage erreicht haben, scheint nun Ruhe...

DWN
Finanzen
Finanzen Marktausblick 2026: Internationale Aktien und Small-Cap-Aktien sind am besten positioniert
06.12.2025

KI treibt Teile der Weltwirtschaft nach vorn, während andere Branchen stolpern. Gleichzeitig locken Staaten mit neuen Ausgabenprogrammen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schiene unter Druck: Expertenrunde soll Bahnverkehr stabilisieren
06.12.2025

Wegen anhaltender Probleme im Zugverkehr arbeitet eine neue Taskforce an kurzfristigen Lösungen für mehr Pünktlichkeit und Stabilität...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Automobilindustrie erholt sich: Nachfrage kehrt zurück
06.12.2025

Die europäischen Neuzulassungen ziehen spürbar an und signalisieren eine langsame, aber stabile Erholung der Automobilindustrie. Doch...

DWN
Technologie
Technologie Bidirektionales Laden in Schweden: E-Autos und Solaranlagen bieten neue Energie für Haushalte
06.12.2025

In Schweden entwickelt sich eine neue Form der dezentralen Energieversorgung, bei der Haushalte Strom selbst erzeugen und intelligent...

DWN
Politik
Politik Benelux-Einigung: Wie ein radikaler Zusammenschluss Europa herausfordern würde
06.12.2025

Mitten in einer Phase wachsender geopolitischer Spannungen nehmen belgische Politiker eine Vision wieder auf, die lange undenkbar schien...

DWN
Politik
Politik Trumps US-Sicherheitsstrategie und die Folgen für Europa
05.12.2025

Donald Trumps neue US-Sicherheitsstrategie rückt Europa ins Zentrum – allerdings als Risiko. Das 33-seitige Papier attackiert...