Finanzen

EEG-Umlage: 2020 wurden mehr als 6 Milliarden Euro Steuergeld verbrannt

Lesezeit: 3 min
12.01.2021 14:00  Aktualisiert: 12.01.2021 14:49
Im vergangenen Jahr wurden buchstäblich mehr als 6 Milliarden Euro Steuergelder im EEG-System verbrannt.

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Die Förderung von Ökostrom über die EEG-Umlage hat das vergangene Jahr mit einem Rekordminus von fast 6,4 Milliarden Euro abgeschlossen. Das geht aus der am Dienstag veröffentlichten Bilanz des EEG-Kontos für 2020 hervor. Danach erhielten die Betreiber von Photovoltaik-, Windkraft- oder Biomasseanlagen knapp 30,2 Milliarden Euro für den von ihnen erzeugten Strom. Einschließlich weiterer Kosten beliefen sich die Gesamtausgaben auf 30,9 Milliarden Euro. An Einnahmen wurden auf dem Konto aber nur 24,5 Milliarden Euro verbucht. Der Löwenanteil dieses Geldes stammte mit 23,2 Milliarden Euro aus der EEG-Umlage, die von fast allen Stromverbrauchern bezahlt werden muss.

Die Abkürzung EEG steht für das Ereuerbare-Energien-Gesetz, dessen erste Fassung im Jahr 2000 in Kraft trat. Die EEG-Umlage wurde zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne eingeführt. Sie finanziert die festen Vergütungen, die Ökostrom-Produzenten für die Einspeisung ihres Stroms bislang unabhängig vom Marktpreis bekommen. Über die von den Kunden zu zahlende EEG-Umlage wird also die Differenz zwischen den garantierten Vergütungen für die Erzeuger und den an der Strombörse erzielten Erlösen für den Strom ausgeglichen.

Durch den coronabedingten Verfall der Börsenstrompreise sowie den Rückgang des Stromverbrauchs ist das Minus 2020 besonders hoch ausgefallen. Im Jahr 2019 hatte es rund 2,5 Milliarden Euro betragen. Um die Belastung der Stromverbraucher zu mildern, hat die Bundesregierung die EEG-Umlage für 2020 auf 6,5 Cent je Kilowattstunde gedeckelt. Ohne den Bundeszuschuss in Milliardenhöhe wäre die EEG-Umlage 2021 nach Angaben der Übertragungsnetzbetreiber auf fast 9,7 Cent je Kilowattstunde gestiegen.

Bund schießt Milliarden zu, Strompreise bleiben hoch

Die Milliardensummen, mit denen der Bund einen kräftigen Anstieg der Ökostrom-Umlage stoppt, haben nur eine begrenzte Wirkung auf den Strompreis in Deutschland. Eine spürbare Entlastung der Verbraucher ist nicht in Sicht. Zum Jahreswechsel haben zwar einige Versorger Preissenkungen angekündigt, andere wollen ihre Tarife aber erhöhen. Das haben erste Auswertungen der Internet-Vergleichsportale Verivox und Check24 ergeben.

Nach Angaben von Verivox haben bislang 45 Grundversorger Preissenkungen von durchschnittlich 1,8 Prozent angekündigt. Für eine Familie mit einem Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden bedeute das eine Entlastung von 24 Euro. Gleichzeitig hätten 42 Grundversorger Preissteigerungen von durchschnittlich 2,4 Prozent mitgeteilt, was Mehrkosten von 31 Euro entspreche.

Check24 zählt etwas anders. Nach Angaben des Portals wollen 59 Grundversorger Anfang kommenden Jahres den Strompreis erhöhen oder haben dies bereits in den vergangenen Wochen getan. Im Durchschnitt betragen die Preiserhöhungen demnach 4,6 Prozent. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden bedeutet das zusätzliche Kosten von durchschnittlich 74 Euro pro Jahr. Eine Preissenkung hätte 47 Grundversorger angekündigt - im Schnitt um 2,4 Prozent.

"Die Mehrheit der Stromanbieter sieht trotz gedeckelter EEG-Umlage derzeit offenbar keinen Spielraum für günstigere Preise", sagte Verivox-Energieexperte Thorsten Storck. "Wir rechnen daher für das kommende Jahr mit stagnierenden Strompreisen auf hohem Niveau." Durch die leicht sinkende EEG-Umlage würden die Kosten für einen Musterhaushalt um rund 10 Euro im Jahr zurückgehen. Gleichzeitig stiegen jedoch die anderen Abgaben und Umlagen um rund 4 Euro. Bei den Marktbeobachtern von Check24 heißt es sogar: "Es wird in jedem Fall teurer."

Verbraucherschützer sind angesichts der Preisentwicklung verärgert. "Obwohl EEG-Umlage und Beschaffungskosten sinken, geben die meisten Energieversorger diese Vorteile nicht weiter, sondern gehen auf Tauchstation", kritisierte der Energieexperte der Verbraucherzentrale NRW, Udo Sieverding. "Dabei war die Senkung der Strompreise von der Bundesregierung als Gegenmaßnahme zur CO2-Bepreisung bei Öl und Gas gedacht." Das sei für die Verbraucher "doppelt ärgerlich".

Kosten laufen aus dem Ruder

Ohne den Eingriff des Staates wäre die Umlage zur Förderung der Ökoenergien im kommenden Jahr auf fast 9,7 Cent gestiegen, von knapp 6,8 Cent in diesem Jahr. Der Bund hat aber beschlossen, die Umlage 2021 auf 6,5 Cent zu deckeln und im Jahr 2022 auf 6,0 Cent. Das kostet rund elf Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt. Daneben sollen ab 2021 Einnahmen aus der CO2-Bepreisung für die Bereiche Verkehr und Gebäude verwendet werden, um die EEG-Umlage zu stabilisieren.

Die Strompreise für die Haushaltskunden sind in diesem Jahr kräftig gestiegen. Die Bundesnetzagentur hat einen Durchschnittspreis von 32,05 Cent je Kilowattstunde (Stichtag 1. April 2020) errechnet. Das sind 4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Deutschland hat damit neben Dänemark die höchsten Strompreise in der EU.

Etwas anders sieht es beim Gaspreis aus. Mit durchschnittlich 6,31 Cent je Kilowattstunde liegt er europaweit im Mittelfeld. Im Jahresvergleich hat die Bundesnetzagentur sogar einen leichten Rückgang ermittelt. Doch 2021 dürfte das Heizen mit Gas deutlich teurer werden. Neben höheren Netzgebühren treibt der neue CO2-Preis die Gasrechnung nach oben. Pro Tonne werden zunächst 25 Euro fällig. Laut Umweltministerium bedeutet dies, dass Erdgas um 0,6 Cent pro Kilowattstunde teurer wird. Verivox und Check24 haben aus den bisher angekündigten Preiserhöhungen einen Anstieg um mehr als 7 Prozent errechnet.

Auch das Heizen mit Öl könnte sich zum Jahreswechsel verteuern. Durch die CO2-Abgabe werden auf den Liter Heizöl 8 Cent aufgeschlagen. Wie beim Strom und Gas werden zudem wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Wer beides umgehen wolle, müsse sich sputen, rät die Verbraucherzentrale NRW. "Nur wenn noch im Jahr 2020 geliefert wird, können Kunden vom günstigen Preis profitieren." Bei einer Tankfüllung von 3000 Liter mache es in der Summe einen Preisunterschied von etwa 275 Euro, wenn noch 2020 statt im Jahr 2021 geliefert werde.

Ziel der Bundesregierung ist es, mit dem CO2-Preis fossile Brenn- und Kraftstoffe weniger attraktiv zu machen und zum Umstieg auf angeblich "klimafreundlichere" Alternativen anzuregen. Der Preis steigt in den kommenden Jahren schrittweise an. Um die steigenden Kosten sozial abzufedern, gibt es an anderer Stelle milliardenschwere Entlastungen - beim Strompreis sowie bei der Pendlerpauschale für Arbeitnehmer mit längeren Fahrwegen.


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