Politik

Merkels Geheimplan: Diese Lockdown-Verschärfungen drohen den Deutschen

Angela Merkel und die Bundesregierung wollen die Lockdown-Beschränkungen massiv ausweiten. Die geplanten Maßnahmen sind teilweise erschreckend.
17.01.2021 10:55
Aktualisiert: 17.01.2021 10:55
Lesezeit: 3 min

Bislang ist es mit dem Lockdown in Deutschland nicht gelungen, die Neuansteckungen mit dem Coronavirus auf die angestrebten unter 50 Fälle pro 100 000 Einwohner und Woche (7-Tage-Inzidenz) zu drücken. Zwar ist der Wert auf 146 gesunken, von knapp 200 in der Vorweihnachtszeit. Das Robert Koch-Institut weist aber darauf hin, dass die Daten wegen des Jahreswechsels erst in einigen Tagen wieder belastbar sind. Gleichzeitig gibt es Sorgen vor ansteckenderen Virus-Mutationen, die die Zahlen wieder in die Höhe treiben könnten.

Vor diesem Hintergrund ziehen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder ihre eigentlich erst für den 25. Januar geplanten nächsten Beratungen auf kommenden Dienstag vor. Es ist die mittlerweile 16. Corona-Krisenrunde dieser Art. Kommt nun der «Mega-Lockdown»? Und an welchen Stellschrauben könnte die Politik theoretisch noch drehen?

BEWEGUNGSFREIHEIT: In Deutschland ist diese momentan noch nicht so stark eingeschränkt. Es gibt teilweise nächtliche Ausgangsbeschränkungen. In Frankreich dagegen dürfen die Menschen in den kommenden beiden Wochen zwischen 18.00 Uhr und 6.00 Uhr nicht mehr das Haus verlassen. Auch Geschäfte müssen schon um 18.00 Uhr schließen. Es gibt nur wenige Ausnahmen. In Italien dürfen die Menschen in Hotspots grundsätzlich nur noch einmal am Tag das Haus verlassen - und das maximal zu zweit. Auch in Deutschland könnten die Vorgaben verschärft werden. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte kürzlich «drastische Ausgangssperren» ins Gespräch gebracht, für den Fall dass die Lage «richtig aus dem Ruder läuft».

«EIN-FESTER-FREUND-REGEL»? Bei der letzten Videoschalte vereinbarten Merkel und die Länderchefs, dass man sich nur noch mit einer Person eines anderen Haushalts treffen darf. Nun prüft das Kanzleramt angeblich eine weitere Verschärfung. Der «Business Insider» berichtet, dass die eine haushaltsfremde Person, die man noch treffen darf, nun nicht mehr wechseln soll. Aus der «Ein-Freund-Regel» könnte eine «Ein-Fester-Freund-Regel» werden, schreibt das Magazin. Auch hier würde aber wie immer gelten: Wie es dann wirklich ist, wird in der jeweiligen Corona-Verordnung der Länder festgeschrieben, die selbst zuständig für die Regelungen sind. Und da gibt es immer wieder Unterschiede.

FFP2-MASKENPFLICHT: Eine Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in Bussen, Bahnen und Geschäften gilt schon seit Monaten - aber egal, ob es Alltagsmasken aus Stoff sind, Profimasken für Mediziner, Schals oder Tücher. Bayern ist jetzt vorgeprescht, FFP2-Masken zum Standard zu machen. Vielleicht ziehen andere Länder nach. FFP2-Masken filtern Partikel wirksamer aus ein- und ausgeatmeter Atemluft, bieten aber auch keinen 100-prozentigen Schutz. Anders als zu Beginn der Pandemie sind Masken nicht mehr knapp. Aber kann sie sich jeder leisten, auch ohne sie zu lange zu tragen? Für rund 27 Millionen Menschen aus Corona-Risikogruppen finanziert der Bund schon bis zu 15 FFP-2Masken für den Winter - Kosten: 2,5 Milliarden Euro.

ÖPNV: In vielen Bussen, Bahnen und Straßenbahnen ist es inzwischen leerer. Die Politik dringt darauf, dass noch mehr Menschen von zu Hause aus arbeiten, alle können es aber nicht. Die Krankenschwester, Altenpfleger oder die Verkäuferin müssten zur Arbeit kommen, heißt es beim Bahn-Lobbyverband Allianz pro Schiene. Stellschrauben könnten etwa noch entzerrte Stoßzeiten sein. Zusätzliche Fahrzeuge - zumal für wenige Kunden - ließen sich kaum auf die Schnelle organisieren. Um ein Einstellen des Nahverkehrs gehe es aber nicht, stellte die Bundesregierung klar. In Fernzügen sollen Reservierungen gezielter möglich sein, eine Reservierungspflicht gibt es aber weiterhin nicht.

KITAS, SCHULEN, ABSCHLUSSKLASSEN: Bisher gilt nicht überall, dass Schulen und Kitas komplett geschlossen sind. In mehreren Bundesländern sind die Einrichtungen grundsätzlich auf, aber die Anwesenheitspflicht ist aufgehoben, und Eltern werden gebeten, ihre Kinder zu Hause zu lassen. Wem das nicht möglich ist, der kann zumindest kleine Kinder zur Betreuung in Grundschule und Kita schicken. Vielleicht werden die Regeln hier noch einmal verschärft. «Kindergärten komplett runterfahren, Schulen abschließen», schlug Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) in der ZDF-Sendung «maybrit illner» vor.

PFLEGEHEIME In Pflegeheimen gibt es besonders viele Todesopfer. Die Einrichtungen müssten besser geschützt werden, fordert der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler. Auch hier schlägt Sachsens Ministerpräsident Kretschmer härtere Regeln vor: «Betretungsverbote in den Pflegeheimen, wenn kein negativer Schnelltest vorliegt - solche Dinge müssen wir besprechen.» Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, wirft Bund, Ländern, Gemeinden und auch Einrichtungen vor Ort ein Versagen beim Schutz der Bewohner vor.

ARBEITEN IM HOMEOFFICE: Für viele Beschäftigte ist das seit Monaten Realität. Doch nach übereinstimmender Auffassung steckt hier aber noch viel Potenzial. Die Bundesregierung betont, dass beim ersten Lockdown im Frühjahr der Homeoffice-Anteil höher als jetzt gewesen sei. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier appellierte am Freitag an Unternehmen, Personalverantwortliche und Führungskräfte: «Ermöglichen Sie das Arbeiten von zu Hause aus.» Sein Rat an die Beschäftigten: «Gehen Sie nicht ins Büro, wenn Sie nicht zwingend müssen.» Zuletzt waren auch Rufe nach einer Homeoffice-Pflicht laut geworden. Dazu sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag aber, derzeit stehe «keine zwingende Regelung auf der Tagesordnung».

GRENZKONTROLLEN: Theoretisch wären auch wieder Grenzkontrollen möglich. Damit ließe sich auch besser überprüfen, ob sich Einreisende aus Corona-Risikogebieten an die Testpflicht halten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte Kontrollen im März 2020 vorübergehend angeordnet. Wegen langer LKW-Staus und praktischer Probleme im kleinen Grenzverkehr gab es aber immer wieder Beschwerden von Ministerpräsidenten und Abgeordneten aus den betroffenen Bundesländern. Im Juni wurden die Kontrollen an den deutschen Grenzen beendet. «Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen ist derzeit nicht geplant», sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage.

Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hält eine "Kraftanstrengung" bis zum Sommer für nötig. Besonders die nächsten drei bis vier Monate würden schwer, sagte er am Freitagabend. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach von drei schweren Monaten und sagte dem Portal t-Online: "Ab Ostern kommen uns hoffentlich das bessere Wetter und zusätzliche Impfstoffe zur Hilfe." Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der "Rheinischen Post" (Samstag): "Mehr Impfen allein verhindert nicht einen weiteren Lockdown." SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas, regte im Redaktionsnetzwerk Deutschland eine Homeoffice-Pflicht an, die aber auch durchgesetzt werden müsste.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama Eilmeldung Washington DC: Schüsse nahe dem Weißen Haus - Zwei Nationalgardisten angeschossen
26.11.2025

In der Nähe des Weißen Hauses in Washington sind zwei Nationalgardisten von einem Schützen angeschossen worden. Sie befinden sich in...

DWN
Politik
Politik Deutsche Bank gegen Verband der Familienunternehmer: Mietvertrag gekündigt auf Grund der Einladung eines AfD-Politikers
26.11.2025

Der Verband „Die Familienunternehmer“ lädt einen AfD-Politiker ein – entgegen der politisch gewollten Brandmauer der etablierten...

DWN
Politik
Politik Bündnis Sahra Wagenknecht: AfD unterstützt Neuauszählung der Bundestagswahl
26.11.2025

An gerade mal 9.500 fehlenden Stimmen scheiterte im Februar der Einzug des BSW in den Deutschen Bundestag. Seitdem fordert die Partei eine...

DWN
Politik
Politik Grüngasquote für Energiewende: Mehr Umweltschutz und mehr Kosten für Industrie und Verbraucher
26.11.2025

Die schwarz-rote Regierung plant eine Quote, um die schleppende Wasserstoffwirtschaft und Energiewende in Deutschland weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz bei GOVECS – das Ende der elektrischen Schwalbe
26.11.2025

Das Münchner Unternehmen Govecs stellt unter dem Namen der in der DDR populären Moped-Marke seit einigen Jahren Elektroroller her. Nun...

DWN
Politik
Politik Chatkontrolle: EU-Staaten setzen auf freiwillige Maßnahmen statt Pflichtkontrollen
26.11.2025

Die EU ringt seit Jahren darum, wie digitale Kommunikation geschützt und zugleich besser überwacht werden kann. Doch wie weit sollen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwarz Group plant Lidl-Rechenzentrum: Milliardenprojekt für Deutschlands KI-Infrastruktur
26.11.2025

Die Großinvestition der Schwarz Group verdeutlicht den wachsenden Wettbewerb um digitale Infrastruktur in Europa. Doch welche Bedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jobs wandern nach Südamerika: Faber-Castell will 130 Stellen in Deutschland streichen
26.11.2025

Hohe Kosten und eine schwache Nachfrage: Der fränkische Schreibwarenhersteller will Fertigung nach Südamerika verlagern und dafür...