Selbst nachdem die erhoffte Fusion der Commerzbank mit der Deutschen Bank teilweise aufgrund des Einspruchs der Gewerkschaftsführer zusammengebrochen ist, scheint der deutsche Privatkundenkreditgeber einen massiven Stellenabbau voranzutreiben. Ein Drittel der Stellen in Deutschland sollen gestrichen werden. Die „Financial Times“ beschrieb die Stellenstreichungen als einen letzten Versuch, den angeschlagenen Kreditgeber wieder in Ordnung zu bringen, dessen Aktien in den letzten zehn Jahren um 90 Prozent gefallen sind. Allein in Deutschland befürchtet Verdi den Wegfall von 7.000 Vollzeitjobs bei dem Institut. „Jetzt muss es darum gehen, die richtigen Instrumente auszuhandeln, damit Härten für die Belegschaft vermieden werden“, fordert Verdi-Gewerkschaftssekretär Stefan Wittmann. Betriebsbedingte Kündigungen müssten ausgeschlossen werden. Unverständnis äußerte Wittmann darüber, dass sich der Vorstand durch Medienberichte gezwungen sah, die Eckpunkte der künftigen Strategie am Donnerstag vorzeitig zu veröffentlichen. „Man hat den Eindruck, es ist diesem Vorstand völlig egal, was das mit den Beschäftigten macht“, kritisierte der Gewerkschaftsvertreter, der Mitglied des Commerzbank-Aufsichtsrates ist.
Am Donnerstag lehnte es die Commerzbank ab, sich dazu zu äußern, ob diese Stellen in einem anderen Stellenabbauziel enthalten waren oder ob sie neue unangekündigte Stellen abbauen. Der Frankfurter Kreditgeber bestätigte die Zahlen in einer Erklärung gegenüber den Aufsichtsbehörden, die veröffentlicht wurde, nachdem das „Handelsblatt“ die Geschichte ursprünglich veröffentlicht hatte. Der Vorstand legte dem Aufsichtsrat einen Entwurf der Pläne vor, die am 3. Februar 2021 ausdiskutiert werden sollen. „Im Rahmen einer umfassenden Digitalisierung wird die Bank ihr Filialnetz von derzeit 790 auf 450 erheblich reduzieren, so das „Wall Street Journal“. Im Vergleich zu den für 2020 erwarteten Zahlen werden die Kosten bis 2024 um 1,4 Milliarden Euro oder rund 20 Prozent gesenkt“, teilt die Bank mit.
Der Commerzbank-Vorstand mit dem seit Januar amtierenden Konzernchef Manfred Knof will von den zuletzt knapp 40.000 Vollzeitstellen (Stand Ende September) bis 2024 weltweit rund 10.000 streichen. Kurz nach Weihnachten hatten sich Management und Betriebsräte bereits auf den Abbau von 2.300 Vollzeitstellen geeinigt. In einigen Bereichen, etwa in der IT, könnte die Bank gleichzeitig Personal aufbauen, so dass der gesamte Abbau unter dem Strich geringer ausfallen könnte. Dazu machte der Vorstand aber bisher keine Angaben.
„Solch ein massiver Stellenabbau ist in dieser Kürze nicht akzeptabel und eine Gefahr für die Stabilität der Bank. Wir halten die in der neuen Strategie vorgesehene Zeitschiene für den Personalabbau bis Ende 2023 für viel zu kurz“, sagte Wittmann. Gemeinsam mit der Online-Tochter Comdirect, die gerade in den Konzern integriert wird, will die Commerzbank verstärkt auf digitale Angebote setzen.
Der Staat ist nach der Rettung mit Steuermilliarden in der Finanzkrise 2008/2009 größter Aktionär der Commerzbank. Über ihre Aktionärsstruktur berichtet die Commerzbank: „Auf unseren Großaktionär Bundesrepublik Deutschland entfallen über 15%. Cerberus und Capital halten jeweils über 5%. BlackRock und Norges Bank halten jeweils über 3%. Zusätzlich werden ca. weitere 48% der Aktien von institutionellen Investoren gehalten. Der Anteil der überwiegend in Deutschland ansässigen Privataktionäre beläuft sich auf ca. 20%.“
Aus Sicht von Linke-Parteichef Bernd Riexinger muss das Vorgehen der Commerzbank der Bundesregierung eine Lehre sein. „Die Weigerung der Regierung, für mit Steuergeld gerettete Unternehmen und ihre Beschäftigten auch Verantwortung zu übernehmen, rächt sich einmal wieder.“ Die Bundesregierung müsse aus solchen Erfahrungen Konsequenzen ziehen und Geld nur noch mit klaren Bedingungen zur Unternehmenspolitik oder in Form von stimmberechtigten Anteilen an gefährdete Unternehmen geben.