Politik

Die NATO baut ihre Präsenz im Schwarzen Meer aus – Russland protestiert

Die NATO baut ihre maritime Präsenz im Schwarzen Meer aus. Russland protestiert, weil dieser Schritt gegen den Vertrag von Montreux aus dem Jahr 1936 verstoßen würde.
05.02.2021 14:00
Aktualisiert: 05.02.2021 14:08
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Die NATO baut ihre Präsenz im Schwarzen Meer aus – Russland protestiert
Der US Navy Lenkwaffen-Zerstörer USS Donald Cook. (Foto: dpa) Foto: Adam Warzawa

Die US-Marine hat zusammen mit den NATO-Partnern die maritime Präsenz im Schwarzen Meer dramatisch ausgebaut. Dies ist Teil einer Strategie, mit der betont werden soll, dass die russische Militarisierung der Gewässer zwischen Europa und Asien seit der Krim-Krise 2014 nicht unangefochten bleiben wird. Letzte Woche betrat die USS Porter, ein Lenkwaffen-Zerstörer, die Gewässer, um sich der USS Donald Cook und dem Tankschiff USNS Laramie beim größten Einsatz der US-Marine im Schwarzen Meer seit 2017 anzuschließen. Die drei Schiffe patrouillieren zusammen mit anderen NATO- und ukrainischen Kriegsschiffen und nehmen an Marineübungen teil, die letztes Jahr wegen der Coronavirus-Pandemie verschoben wurden. Ein NATO-Sprecher sagte, das westliche Bündnis verstärke seine Präsenz am Schwarzen Meer „als Reaktion auf die illegale und illegitime Annexion der Krim aus der Ukraine durch Russland und den anhaltenden militärischen Aufbau“.

Seit 2014 hat Russland die Schwarzmeerregion zu einer „Militärfestung“ gemacht, sagen westliche Beamte. „Die anhaltende und beschleunigte Militarisierung der Krimhalbinsel und ihrer umliegenden Gewässer hat tatsächlich eine neue Sicherheitsrealität im Schwarzen Meer und im weiteren Mittelmeerraum geschaffen“, zitiert Voice of America (VOA) den ukrainischen Diplomten Yevhenii Tsymbaliuk.

Russland hat auf die westlichen Übungen reagiert, ein Küstenabwehrsystem auf die Krim geschickt und die Fregatte Admiral Makarov eingesetzt, die laut westlichen Beamten bereits versucht hat, die NATO-Trainingsmanöver zu stören, indem sie sich auf Luftziele festsetzte und die elektronische Kommunikation störte (HIER).

Die Schwarzmeerregion „ist wichtig für den Westen und den Kreml“, teilt Generalleutnant a.D. Ben Hodges in einem Papier, das letzte Woche vom Center for European Policy Analysis veröffentlicht wurde, mit. Hodges, der 2018 in den Ruhestand ging, nachdem er drei Jahre als Generalkommandant der US Army Europe gedient hatte, sagte, die Strategie der USA und des Westens in der Region sei unzureichend. Hodges und andere westliche Analysten sagen, dass der Kreml verhindern will, dass das Schwarze Meer zu einem „NATO-Meer“ wird. Das Schwarze Meer ist enorm wichtig für Russland, da russische Schiffe vom Schwarzen Meer aus durch den Bosporus bis nach Syrien und Libyen fahren. Der russischen Marine wurde vorgeworfen, sie hätte versucht, das benachbarte Asowsche Meer für ukrainische Frachtschiffe zu schließen, den ungehinderten Zugang zu stören und gegen einen Seevertrag von 2003 zwischen Moskau und Kiew zu verstoßen. Im November 2018 beschlagnahmte Russland drei ukrainische Marineschiffe in der Meerenge und hielt ihre 24 Seeleute bis zu einem umstrittenen Tausch acht Monate später fest.

Oberst Vadym Skibitskyi, stellvertretender Direktor des ukrainischen Geheimdienstes, sagte 2019 im britischen Chatham House, dass alle Schwarzmeerländer über den militärischen Aufbau Russlands besorgt sein sollten. Er stellte fest, dass Russland vor der „Annexion 2014“ 22 Kampfflugzeuge in der Region hatte, die mittlerweile auf eine Anzahl von 122 angestiegen seien. Zudem habe Russland die Anzahl seiner U-Boote von zwei auf sieben erhöht habe. Die Anzahl der russischen Kriegsschiffe soll angeblich von 22 auf 45 erhöht werden. Seine größte Angst sei „eine Seeblockade“ gegen die Ukraine.

Nach Ansicht des stellvertretenden russischen Außenministers Alexander Gruschko müsse die Schwarzmeer-Region eine Region des „Friedens und der Zusammenarbeit“ werden. „Wir wollen, dass sowohl die Schwarzmeerregion als auch das östliche Mittelmeer Friedens- und Kooperationszonen bleiben, und dafür muss alles getan werden. Daher hat diese Politik der Eindämmung Russlands eine regionale Dimension. Derzeit sehen wir verstärkte Angriffe auf das regionale Sicherheitssystem in der Schwarzmeerregion“, zitiert die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass Gruschko. Die Entscheidungen der NATO würden darauf abzielen, das Montreux-Regime in Frage zu stellen, das seit Jahrzehnten als verlässliche Garantie für Stabilität und Sicherheit in dieser Region gedient habe. Die NATO versuche, Bulgarien, Rumänien und nun auch Georgien und die Ukraine aufzurüsten, um sie gegen Russland zu positionieren. „Dies ist ein Weg, der zu einer Erhöhung des Konfrontationspotenzials in dieser Region führt, so Gruscko.

Die NATO verfolgt die Idee, eine eigene Schwarzmeer-Flotte zu errichten. Dem steht allerdings der immer noch geltende Vertrag von Montreux aus dem Jahr 1936 entgegen: Kriegsschiffe, die nicht von einem Anrainer-Land kommen, dürfen sich maximal 21 Tage im Schwarzen Meer aufhalten. „Der Vertrag besteht aus 29 Artikeln, vier Anhängen und einem Protokoll. Die Artikel 2 bis 6 regeln den zivilen Schiffsverkehr, die Artikel 7 bis 22 den Verkehr von Kriegsschiffen. Die Meerengen gelten als internationale Gewässer, gemäß Artikel 2 genießen Handelsschiffe, unbesehen ihrer Ladung oder Flagge, während Friedenszeiten die freie Durchfahrt. Die türkischen Behörden können nur sanitäre oder Sicherheitskontrollen durchführen und Gebühren erheben, aber nicht die Passage verbieten. In Kriegszeiten dürfen alle Handelsschiffe der Staaten passieren, die nicht mit der Türkei im Krieg stehen, dürfen aber einem Feind der Türkei keine Hilfe leisten. Für Kriegsschiffe gelten besondere Regeln. In Friedenszeiten muss die Durchfahrt eines Kriegsschiffes der Türkei auf diplomatischem Wege vorher mitgeteilt werden, in der Regel acht Tage zuvor. Kriegsschiffe von Staaten, die nicht zu den Anrainern des Schwarzen Meeres gehören, dürfen sich nicht länger als 21 Tage im Schwarzen Meer aufhalten. Außerdem gibt es Beschränkungen der Tonnage von Kriegsschiffen. Nicht mehr als 15.000 Tonnen dürfen gleichzeitig durch die Meerengen fahren. Befindet sich die Türkei in einem Krieg, so stellt das Abkommen die Durchfahrt von Kriegsschiffen völlig in das Ermessen der türkischen Regierung“, so „Decacademic.com“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft TOP10 Biotech-Unternehmen: Was Anleger jetzt wissen müssen
17.09.2025

Biotech-Unternehmen dominieren mit GLP-1 und Onkologie – doch Zölle, Patente und Studienerfolge entscheiden über Renditen. Wer jetzt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Halbleiterstandort Sachsen: Ansiedlung von TSMC - Silicon Saxony rechnet mit 100.000 neuen Jobs
17.09.2025

Sachsen ist Europas größter Mikroelektronik-Standort mit rund 3.600 Unternehmen und rund 83.000 Mitarbeitern. Auf der Halbleitermesse...

DWN
Politik
Politik Haushaltsdebatte im Bundestag: Erst Schlagabtausch, dann Bratwürste für den Koalitionsfrieden
17.09.2025

Merz gegen Weidel: Zum zweiten Mal treten die beiden in einer Generaldebatte gegeneinander an. Weidel wirft Merz „Symbolpolitik“ und...

DWN
Finanzen
Finanzen Berliner Testament: Ungünstige Nebenwirkungen bei größeren Vermögen – und was sonst zu beachten ist
17.09.2025

Das Berliner Testament ist in Deutschland sehr beliebt, denn es sichert den überlebenden Ehepartner ab. Allerdings hat es auch eine Reihe...

DWN
Politik
Politik Wohnungsnot in Deutschland: Linke fordert Grundrecht auf Wohnen
17.09.2025

Im Jahr 2020 hatten die Linken im Bundestag einen Entwurf für ein Gesetz vorgelegt, das bezahlbaren Wohnraum einklagbar machen sollte. Nun...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Wirtschaft gerät ins Straucheln
17.09.2025

Chinas Wirtschaft verliert an Schwung: Exporte brechen ein, Investitionen sinken, die Immobilienkrise spitzt sich zu. Droht der...

DWN
Politik
Politik Sprung auf Rekordwert – AfD zieht in YouGov-Umfrage erstmals an der Union vorbei
17.09.2025

Die AfD zieht in der Sonntagsfrage an der Union vorbei – für die SPD geht es minimal aufwärts. Eine Partei, die bislang nicht im...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Erbschaften oft steuerfrei - Ausnahmen sollen abgeschafft werden
17.09.2025

Jedes Jahr werden Milliarden oft steuerfrei vererbt oder verschenkt. Manche halten die Steuereinnahmen dadurch für zu gering. Die Debatte...