Finanzen

Corona-Boom: Europa verzeichnet stärkste Börsengänge seit fünf Jahren

Die Umwälzungen auf den Märkten in der Folge von Corona haben ein günstiges Umfeld für Unternehmen geschaffen, die an die Börse gehen wollen.
14.02.2021 12:38
Aktualisiert: 14.02.2021 12:38
Lesezeit: 2 min

Seit Jahresbeginn verzeichnet der europäische Markt eine Flut von erfolgreichen Börsengängen von Unternehmen aus dem Technologie- und Onlinesektor. Dazu haben auch die verlängerten Corona-Lockdowns beigetragen, welche den digitalen Unternehmen in den Augen der Investoren zusätzliche Attraktivität verliehen haben. Es war der beste Jahresbeginn für Börsengänge in Europa seit fünf Jahren.

Unternehmen, die an europäischen Börsen notiert sind, darunter auch die Londoner Börse, haben vom 1. Januar bis zum 11. Februar insgesamt 8,4 Milliarden Euro an Eigenkapital in 16 Transaktionen verkauft, wie die Daten des Datendienstleisters Refinitiv zeigen. Diese Zahl umfasst sowohl neu eingenommene Mittel als auch Anteilsverkäufe durch die Eigentümer.

Dies war sowohl die größte Summe an verkauftem Eigenkapital als auch die größte Anzahl von Börsengängen im Vergleichszeitraum seit dem Jahr 2015. Zudem findet sich in den Daten von Refinitiv, die bis ins Jahr 1998 zurückreichen, mit 2015 nur ein einziges Jahr, das eine höhere Summe an verkauftem Eigenkapital aufweist.

Etwa 70 Prozent des seit Jahresbeginn an den europäischen Börsen verkauften Eigenkapitals entfielen auf Unternehmen, die von der durch Corona bedingten Verlagerung von Unternehmen und Verbrauchern ins Internet profitiert haben, darunter der britische Grußkartenhändler Moonpig und der polnische Paketdienstleister InPost.

"Wir haben als Folge von Covid einige tektonische Verschiebungen in der E-Commerce-Landschaft erlebt. Dinge, von denen wir dachten, dass sie fünf Jahre dauern würden, haben fünf Monate gedauert", zitiert die Financial Times James Fleming, den globalen Co-Leiter Aktienmärkte bei der New Yorker Großbank Citigroup. Infolgedessen habe es eine signifikante Neubewertung von Tech-Unternehmen gegeben.

Die Flut der Börsengänge zeigt, wie die Gewinner der Lockdowns von der gestiegenen Nachfrage der Investoren und der Erholung der Bewertungen auf den globalen Märkten profitieren. Auch die US-Börsengänge sind seit Jahresbeginn in die Höhe geschnellt und erzielten in diesem Zeitraum einen Rekordwert von 22,6 Milliarden Dollar.

Unter den Börsengängen finden sich neben den bereits erwähnten Unternehmen Moonpig und InPost auch der Berliner Online-Autohändler Auto1 und das Warschauer Unternehmen für Handyspiele Huuuge. Dies zeigt die digitalen und wachstumsorientierten Qualitäten der europäischen Aktienmärkte, die normalerweise im Schatten der großen Technologieunternehmen an der Wall Street stehen.

"Europa hatte in den letzten Jahren [im Vergleich zu] den USA einen Mangel an diesen Techunternehmen", zitiert die Financial Times Barry Meyers, den Leiter der britischen Aktienkapitalmärkte bei JPMorgan. Die Nachfrage übersteige die Anzahl der Unternehmen, die für einen Börsengang in der Region bereit sind. Die Menge der Aktienemissionen ist 26-mal so hoch wie im gleichen Zeitraum des letzten Jahres.

London hat trotz Brexit seine führende Position mit vier Börsengängen an der Hauptbörse und zwei Börsengängen an der London Aim behalten. Das polnische Unternehmen InPost ging jedoch bemerkenswerter in Amsterdam an die Börse und bezeichnete den Handelsplatz als eine "bevorzugte" Option für die Technologieunternehmen der Region.

Weiterlesen: Tektonische Verschiebung: Amsterdam löst London als Europas führender Handelsplatz ab

Verteilung der 16 Börsengänge seit Jahresbeginn auf Europas Börsen:

  • London - 4 Börsengänge
  • Oslo - 3
  • London Aim - 2
  • Euronext Paris - 2
  • Euronext Amsterdam - 1
  • Frankfurt - 1
  • Warschau - 1
  • First North Stockholm - 1
  • MAC Alternative Market - 1

Einige der größten Deals in Europa haben auch sogenannte Cornerstone-Investoren einbezogen, die sich im Voraus bereit erklären, einen bestimmten Wert an Aktien zu kaufen. Diese in Asien beliebte Praxis kommt dem Unternehmen zugute, da es einen garantierten Käufer hat, und hilft dem Investor, indem er den Umfang seiner Beteiligung festlegt.

"Investoren werden immer offener dafür, ein Cornerstone zu sein und mit Underwritern zusammenzuarbeiten, um ein erfolgreiches Ergebnis zu erzielen", sagt Fleming. Traditionell erhalten Investoren nicht immer die vollen Anteile, die sie wünschen, insbesondere bei Börsengängen, bei denen Fondsmanager miteinander um die Zuteilung von Aktien konkurrieren.

So waren zum Beispiel bei den jüngsten Börsennotierungen des britischen Grußkartenhändlers Moonpig und der englischen Schuhmarke Dr. Martens in London sowohl BlackRock, der größte Fondsmanager der Welt, als auch die in San Francisco ansässige Investmentfirma Dragoneer als Hauptinvestoren beteiligt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Globale Wirtschaft: Fed-Zurückhaltung bremst Wachstum und Aktienmärkte weltweit
22.12.2025

Nach der starken Rally an den Aktienmärkten mehren sich die Zweifel, ob das globale Wachstum ohne neue geldpolitische Impulse tragfähig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundeskartellamt verhängt zehn Millionen Euro Bußgeld
22.12.2025

Zehn Millionen Euro Bußgeld – das klingt nach wenig für Deutschlands oberste Wettbewerbshüter. Tatsächlich ist es ein deutlicher...

DWN
Finanzen
Finanzen Persönliche Daten bei Banken: Was Sie preisgeben müssen - und was nicht
22.12.2025

Bevor Banken Konten, Kredite oder Depots freigeben, sammeln sie umfangreiche Daten. Doch nicht jede Auskunft ist verpflichtend – viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Schaeffler-Aktie vor dem Ausbruch: Zehn Prozent Umsatz aus neuen Geschäften
22.12.2025

Während andere Rüstungsaktien nach ihrer Rally ins Stocken geraten, schiebt sich ein Industriekonzern überraschend nach vorn. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fallender Ölpreis hält Kraftstoffpreise vor den Feiertagen niedrig
22.12.2025

Der Ölpreis ist erstmals seit Beginn des Ukrainekriegs unter 60 US-Dollar gefallen. Für Verbraucher bedeutet das niedrige...

DWN
Technologie
Technologie Smart Cities: Fluch oder Segen?
22.12.2025

Smart Cities sind längst keine Zukunftsmusik mehr. In Städten wie Grevenbroich testen Sensoren, Kameras und KI das urbane Leben der...

DWN
Politik
Politik EU-Ukraine-Finanzierung: Milliardenkredit ohne Zugriff auf russisches Vermögen – die Hintergründe
22.12.2025

Die EU sucht nach Wegen, die Ukraine finanziell zu stützen, ohne neue politische Bruchlinien in der Union zu erzeugen. Doch welche Folgen...

DWN
Finanzen
Finanzen DroneShield-Aktie: Drohnenabwehr boomt durch steigende Bedrohungslage
22.12.2025

Die DroneShield-Aktie legt nach starken Zuwächsen weiter zu. Neue Governance-Regeln stärken das Vertrauen der Anleger, während der Markt...