Deutschland

Aktie von Volkswagen steigt um 9 Prozent - Was steckt dahinter?

Nach der Bilanzpräsentation von Volkswagen am Dienstag sprang die Vorzugsaktie zeitweise um fast 9 Prozent. Denn die Wolfsburger vollziehen einen historischen Kurswechsel.
16.03.2021 17:00
Lesezeit: 2 min

Bei Volkswagen geht es plötzlich Schlag auf Schlag in Richtung E-Mobilität. Künftig sollen Fahrzeuge und digitale Dienste aller Konzernmarken auf einheitlichen Technologien aufbauen, wie die Wolfsburger am Dienstag ankündigten.

Damit weitet der weltweit zweitgrößte Autobauer sein bereits bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren und später bei Elektroautos eingeführte Baukastenprinzip gleicher Komponenten auf Zukunftstechnologien wie Software, Batterien, Ladetechnik und Mobilitätsdienste aus. Dadurch soll die Komplexität des Riesenkonzerns mit seinen zwölf Marken verringert und Kostenvorteile besser genutzt werden. Statt einzelner, oft miteinander konkurrierender Marken will VW seine Kräfte gebündelt auf das gemeinsame Ziel ausrichten - den US-Konkurrenten Tesla einzuholen und IT-Giganten wie Google und Apple möglichst gar nicht erst zum Zuge kommen zu lassen.

"Wir bündeln die Kräfte unserer Marken und können Zukunftstechnologien so noch schneller skalieren und für möglichst viele Menschen verfügbar machen", sagte Konzernchef Herbert Diess. Das gute Abschneiden im Krisenjahr 2020 gebe Volkswagen Rückenwind für die Beschleunigung der Transformation.

Erst zu Wochenanfang hatte der Konzern angekündigt, Batteriezellen in großem Stil künftig selbst zu bauen, um unabhängiger von asiatischen Lieferanten zu werden. Dazu sollen allein in Europa bis zum Ende des Jahrzehnts sechs Gigafabriken mit einer Gesamtkapazität von 240 Gigawattstunden im Jahr hochgezogen werden.

Der Vorteil der Plattformstrategie ist, dass gleiche Bauteile bei einer Vielzahl von Fahrzeugen eingesetzt werden und die Kosten dadurch sinken. Bis 2022 will den Konzern 27 Modelle auf Basis des Elektrobaukastens MEB anbieten. Im nächsten Jahr soll der Premium-Baukasten PPE für Elektrofahrzeuge der Oberklassemarken Audi und Porsche starten. Bis zur Mitte des Jahrzehnts will Volkswagen die nächste Generation einer rein elektrischen und digitalen Plattform SSP entwickeln, auf der dann Modelle aller Marken und Segmente gebaut werden sollen. Damit soll das Prinzip gleicher Fahrzeugplattformen vollendet sein.

Das Betriebssystem, das die Wolfsburger derzeit entwickeln, soll ebenfalls Grundlage für möglichst viele Fahrzeuge sein. Auch hier gilt: Bei steigenden Stückzahlen sinken die Kosten. Bei den Akkus für die Elektroautos ist es ähnlich: Volkswagen will ab 2023 einen einheitlichen Typ von Batteriezellen einführen und bis 2030 in 80 Prozent aller E-Autos verbauen.

AKTIE STEIGT UND STEIGT

Von den neuen Technologien erhoffen sich die Niedersachsen neben sinkenden Kosten auch eine höhere Bewertung an der Börse. Nach der Bilanzpräsentation mit einem ermutigenden Ausblick und der Ankündigung weiterer Einsparungen nach dem weitgehend ohne Blessuren überstandenen Corona-Jahr 2020 sprang die im Leitindex Dax gelistete Vorzugsaktie am Dienstag zeitweise um fast neun Prozent auf den höchsten Stand seit Juli 2015. An der Börse war Volkswagen damit über 120 Milliarden Euro wert.

Diess zeigte sich zuversichtlich, dass der Trend anhalten werde: "In dem Maße, wie wir nachweisen, dass auch das autonome Fahren funktioniert, wird man das Wertpotenzial erkennen", sagte er in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir haben die stärksten Marken und wir sind kraftvoll genug, um die Transformation aus eigener Kraft zu bewältigen."

Der Konzernchef hatte lange Zeit mit der selbst gesteckten Zielmarke eines Börsenwerts von 200 Milliarden Euro gehadert und geriet auch intern unter Druck. Um zumindest in die Richtung des Ziel zu kommen, wurden in Wolfsburg mögliche Szenarien durchgespielt. Darunter Partnerschaften, Börsengänge, Allianzen und Restrukturierungen. Auch ein Verkauf von Randbereichen oder Tauschgeschäften kamen Insidern zufolge infrage.

Von Überlegungen, sich von der Luxussportwagenmarke Lamborghini oder der Motorradmarke Ducati zu trennen, hat sich Volkswagen inzwischen verabschiedet. Die Luxusmarke Bugatti, über deren Trennung ebenfalls nachgedacht worden war, soll in ein Gemeinschaftsunternehmen von Porsche mit dem kroatischen Elektroauto-Bauer Rimac eingebracht werden.

Für einen Börsengang von Porsche sieht Diess indes keinen Handlungsbedarf. Insider hatten Reuters im Februar gesagt, Volkswagen halte sich diese Möglichkeit offen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft VW-Aktie im Fokus: Was die Werksschließung bei Volkswagen für die Autoindustrie bedeutet
16.12.2025

Ein symbolträchtiger Standort der deutschen Autoindustrie schließt seine Tore und rückt die VW-Aktie erneut in den Fokus von Anlegern...

DWN
Politik
Politik Teure Mieten, hohe Steuern, weniger Kinder: Auswanderungen aus Deutschland weiterhin auf hohem Niveau
16.12.2025

Nach wie vor wandern sehr viele Menschen aus Deutschland aus, gleichzeitig bekommen Deutsche immer weniger Kinder: Eine fatale Entwicklung...

DWN
Politik
Politik Umfrage: Spätere Rente für Akademiker spaltet die Deutschen
16.12.2025

Sollte das Renteneintrittsalter an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt sein? Die Bürger sind sich darin nicht einig. Deutsche mit Abitur...

DWN
Politik
Politik CDU-Vorsitz: Einstimmiges Votum aus NRW - Merz soll CDU-Chef bleiben
16.12.2025

Friedrich Merz erhält einstimmige Unterstützung aus NRW für eine weitere Amtszeit als CDU-Bundesvorsitzender. Der Vorschlag kommt von...

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...