Deutschland

Der Feldzug gegen den Verbrennungsmotor stößt zunehmend auf Widerstand

Angesichts der massiven Schäden für den Wohlstand und die Arbeitsmärkte der europäischen Staaten regt sich verstärkt Widerstand gegen den von der EU-Kommission geforderten überstürzten Ausstieg aus fossilen Antriebstechnologien.
12.04.2021 15:03
Aktualisiert: 12.04.2021 15:03
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Der Feldzug gegen den Verbrennungsmotor stößt zunehmend auf Widerstand
Messebesucher betrachten 2017 einen Dieselmotor von Mercedes-Benz. (Foto: dpa) Foto: Uwe Anspach

In der Debatte um ein schrittweises Verbot des Verbrennungsmotors bis zum Jahr 2035 hat sich die Präsidentin des Automobilverbandes VDA, Hildegard Müller, gegen einen Vorstoß von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ausgesprochen. Beim Ausstieg aus der Verbrenner-Technik könne man derzeit „keine Diskussion über Jahreszahlen führen“, sagte Müller der Süddeutschen Zeitung. Nach derzeitigem Stand der Elektrifizierung des Verkehrs wäre das zu früh

Scheuer hatte sich zuletzt für ein Ende für Autos mit klassischen Benzin- und Dieselmotoren innerhalb der nächsten 15 Jahre ausgesprochen. Der Verbrenner sei damit aber nicht völlig am Ende, sagte Scheuer mit Blick auf synthetische Kraftstoffe. In Bezug auf diese Sicht sagte Müller: „Nicht der Motor ist das Problem, sondern der fossile Kraftstoff.“

Mit Blick auf Forderungen etwa der Grünen, dass alle Autos ab 2030 abgasfrei sein sollten, gab Müller zu bedenken, dass dann zu dem Zeitpunkt etwa 30 Millionen Benziner und Diesel verboten werden müssten. „Wer nicht hundertprozentigen Ökostrom laden kann, dürfte auch nicht fahren.“ Aus diesem Grund brauche es mehr Kraftstoffe aus nachhaltigen Quellen, so die VDA-Präsidentin.

Die Mehrheit der Bundesbürger lehnt einer aktuellen Umfrage zufolge ein Zulassungsverbot für neue Benzin- und Dieselautos ab. Auf die Frage: „Ab wann sollten Ihrer Meinung nach keine Autos mit Verbrennungsmotoren in Deutschland mehr verkauft werden?“, sagten 55 Prozent der Befragten: „Kein zeitliches Limit.“ Das Meinungsforschungsinstitut Civey hatte im Auftrag des Berliner Tagesspiegels am 15. und 16. März 2502 Bürger repräsentativ befragt.

Die Grünen wollen ab dem Jahr 2030 „nur noch abgasfreie Neuwagen zulassen“. Laut der Freitag veröffentlichten Umfrage stimmen lediglich 22 Prozent der befragten Bundesbürger dieser Forderung zu. Selbst unter den Grünen-Anhängern befürworten nur 55 Prozent ein solches Zulassungsverbot von Benzinern und Dieselautos.

„Der Ast, auf dem wir sitzen, sollte halten“

Insgesamt nimmt der Widerstand gegen die „Klimapolitik“ der EU-Kommission – dabei handelt es sich beispielsweise um Vorschriften zu Emissionsbegrenzungen beim Naturgas Kohlenstoffdioxid – zu.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh und der Vorsitzende der christdemokratischen EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber, hatten in diesem Zusammenhang vor einigen Wochen die EU kritisiert. „Es reicht nicht, CO2-Vorgaben zu machen“, sagte Weber der Süddeutschen Zeitung und warnte mit Blick auf die 14 Millionen Arbeitsplätze in der europäischen Autoindustrie: „Der Ast, aus dem wir sitzen, sollte halten.“

Die Pläne des EU-Klimakommissars Frans Timmermanns machten ihm Sorge, sagte Weber und warnte mit Blick auf neue Euro7-Grenzwerte vor einer „Verbrenner-Verbotspolitik durch die Hintertür“. Europa setze bereits weltweit Maßstäbe bei der Klimapolitik und dürfe die Wende zu Klimaneutralität nicht auf dem Rücken der Menschen austragen, die sich kein neues E-Auto leisten könnten oder um ihren Arbeitsplatz fürchteten.

Die EU sollte den Flottenverbrauch auch nicht nur danach bemessen, was „aus dem Auspuff kommt, sondern die ganze Produktbilanz betrachten“, sagte Weber. Mit dieser Forderung spielt Weber auf die extrem energie- und emissionsintensive Produktion von E-Autos an, welche von der EU als „umweltfreundlich“ bezeichnet werden, dies natürlich aber aufgrund des energieintensiven Baus der Antriebsbatterie und der von fernen Kontinenten herbeigeschafften Rohstoffe nicht sind. So ergab eine Studie des ADAC, dass die meisten Elektroautos erst nach Jahren des Betriebs an die Umweltbilanz von Verbrennern herankommen – bald danach jedoch muss die Batterie wieder ausgewechselt werden und das Spiel beginnt von Neuem.

VW-Betriebsratschef Osterloh wies zudem auf einen interessanten Umstand hin: „Europa fördert die Transformation viel zu wenig.“ Für die Sicherung von Industriearbeitsplätzen in Deutschland gebe es keine Beihilfe: „Wir bekommen keine Förderung für die Transformation bestehender Standorte wie etwa Salzgitter, wo wir neben unserem Motorenwerk eine Batteriezellfabrik hochziehen. Sondern nur, wenn wir in Polen oder der Slowakei etwas neu aufbauen.“

Auch müssten die Autobauer ihre E-Autos überall verkaufen können, um die strengen CO2-Vorgaben der EU zu erfüllen. „Wir erwarten von der EU, dass eine Lade-Infrastruktur eben auch in Süd- oder Mittelosteuropa aufgebaut wird“, sagte Osterloh. Der CSU-Europaabgeordnete Weber mahnte, statt die 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfen der EU „einfach in den nationalen Budgets versickern“ zu lassen, müsste die EU dafür sorgen, dass Geld auch in den Aufbau von Ladesäulen und in Forschungsförderung investiert wird.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Elektromobilität stärken: Bundesregierung plant Verlängerung der Steuerbefreiung für Elektrofahrzeuge
08.10.2025

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Steigende Anforderungen an Klimaschutz, die Transformation hin zur...

DWN
Politik
Politik Von der Leyen wirft Russland hybriden Krieg gegen EU vor
08.10.2025

Plant Russland einen Angriff auf die EU? Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht schon jetzt Zeichen für einen Krieg – und...

DWN
Politik
Politik Kranken- und Rentenversicherung wird für Gutverdiener teurer
08.10.2025

Erwerbstätige mit höheren Einkommen müssen sich darauf einstellen, im kommenden Jahr mehr für die Renten- und Krankenversicherung zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Industrieproduktion sinkt erneut deutlich - Einbruch in der Autobranche
08.10.2025

Die deutschen Unternehmen drosseln ihre Produktion stärker als erwartet. Vor allem eine Branche verbucht ein sattes Minus. Hat das...

DWN
Panorama
Panorama Deutschlandticket: Boom vorbei - weniger Fahrgäste im Nahverkehr als vor Corona
08.10.2025

Das Deutschlandticket hat viele in Busse und Bahnen gelockt, doch der Boom ist vorbei. Fahrgastverbände und Verbraucherschützer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Vom Pflichttermin zum Strategiewerkzeug: Jahresgespräche im Wandel
08.10.2025

Was lange als lästige Pflicht galt, entwickelt sich zum strategischen Machtfaktor: Jahresgespräche sollen nicht mehr nur Protokoll...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU kämpft mit Umweltabgaben und Wettbewerbsdruck in der Düngemittelindustrie
08.10.2025

Die europäische Düngemittelindustrie steht unter erheblichem Druck. Hohe Produktionskosten, steigende Emissionsabgaben und der wachsende...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis klettert über 3.450 Euro: Zahl neuer Goldkäufer in Deutschland vervierfacht sich
08.10.2025

Der Goldpreis erreicht ein Rekordhoch nach dem anderen, auch in Euro, trotz ruhiger Märkte. Auch immer mehr Anleger in Deutschland...