Politik

Corona-Berichterstattung: Folgen die deutschen Medien bereitwillig der politischen Rhetorik?

Die Kritik an der einseitigen Corona-Berichterstattung seitens der Medien nimmt zu.
23.04.2021 15:07
Aktualisiert: 23.04.2021 15:07
Lesezeit: 2 min

Pro – das christliche Medienmagazin“ berichtet: „Der Journalist Andreas Rosenfelder hat Teilen der Medien eine zu unkritische Corona-Berichterstattung attestiert. In der Zweckbeziehung von Politik und Öffentlichkeit sieht der Journalist eine Gefahr für den Journalismus und die Demokratie. In seinem Artikel vom Dienstag schreibt der Ressortleiter Feuilleton bei der Welt: ,Unser System – das ist die von den Populisten verkannte Wahrheit – basiert nämlich seit der Aufklärung auf dem kritischen Verhältnis von Politik und Öffentlichkeit. Eine Symbiose zerstört es hingegen.‘“

„Die journalistische Berichterstattung über die Corona-Pandemie hat viele grundsätzlich bekannte Defizite gezeigt. Vor allem Recherche und Meinungsvielfalt kamen zu kurz. Entscheidende Fragen wurden vom Journalismus nicht gestellt, kritische Stimmen nicht gesucht. Gleichzeitig hat die Politik Maßnahmen ergriffen, die noch viele Jahre lang Wirkungen und Nebenwirkungen zeigen werden und für die der demokratische Souverän mangels Beteiligung keine Verantwortung tragen kann“, Timo Rieg in einem Beitrag unter dem Titel „Desinfektionsjournalismus“.

Die Ludwig-Maximilians-Universität München hatte mit dem Kommunikationswissenschaftler Thomas Hanitzsch in Bezug auf die Pandemie-Berichterstattung ein Interview geführt. In dem Interview kritisiert der Wissenschaftler „eine auffällige Konvergenz der Themensetzungen“ durch die Medien.

Auf die Bemerkung, dass Medienwissenschaftler beobachten, wie die bundesdeutschen Journalisten derzeit erstaunlich zahm gegenüber der Politik sind, antwortet er: „Ja, vollkommen richtig. Die Medien sind nicht nur zahm, sie folgen sehr bereitwillig der politischen Rhetorik. Das macht mir schon ein bisschen Bauchschmerzen. Da würde ich mir schon ein paar kritische Nachfragen mehr in den Medien wünschen, ein bisschen mehr kritische Distanz. Natürlich ist die Berichterstattung ereignis- und entscheidungsgetrieben: Politikerinnen und Politiker haben etwas besprochen, etwas entschieden, das kommt dann in den Nachrichten. Aber als nach Ostern zum Beispiel die Abstimmung der Bundesregierung und der Länder anstand, wie es mit dem Lockdown weitergehen soll, da vermittelte die Vorberichterstattung einen Eindruck, als stünde eine Art Länderspiel bevor. Es hat sich sehr vieles auf die Akteure konzentriert und viel zu wenig auf Sachfragen, auf die Beschlüsse an sich, auf die Kriterien und die Rolle der Experten. Es gab eine umfangreiche Berichterstattung über die Stellungnahme der Leopoldina, die Wissenschaftsakademie spielt zwar in diesem ganzen Konzert eine relativ wichtige Rolle, ist aber eben auch nur eine Stimme. Da hätten die Medien die widerstreitenden Stimmen und gegenläufigen Argumentationen transparenter machen können.“

Der Leipziger Kommunikationswissenschaftler Uwe Krüger hatte bereits im Juni 2015 im Gespräch mit dem „Goethe-Institut“ gesagt: „Viele der deutschen Leitmedien sind so eng mit Eliten aus Politik und Wirtschaft vernetzt, dass sie die Problemdefinitionen und die grundlegenden Begriffe, die in diesen Kreisen etabliert sind, nicht ausreichend hinterfragen – und auch nicht die Interessen, die dahinterstehen. Man kann als Medium im Kleinen objektiv und neutral sein und dennoch in der Gesamtausrichtung näher am Diskurs einer Elite statt an dem der Bevölkerung sein.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Schweizer Rohstoffhändler wankt: Gunvor-Chef steigt aus – die Lehren aus Gunvors Buy-out
04.12.2025

Gunvor galt lange als diskreter Globalplayer im Ölhandel – bis der Flirt mit dem russischer Öl- und Gaskonzern Lukoil sowie Vorwürfe...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuer auf Kontoguthaben? Marktforscher wollen höhere Ausgaben anreizen
03.12.2025

Die Stimmung der deutschen Verbraucher bleibt auch beim Weihnachtsgeschäft auf dem Tiefpunkt: Das Land der Sparer hält das Geld zusammen...

DWN
Politik
Politik Falsche Daten, statistische Mängel: Deutsche Klimaforscher ziehen Studie zum Klimawandel zurück
03.12.2025

Falsche Wirtschaftsdaten zu Usbekistan, statistische Mängel: Nach einiger Kritik ziehen Klimaforscher eine Studie des Potsdamer Instituts...

DWN
Politik
Politik EU einig über Importstopp für Gas aus Russland - Kremlsprecher: "EU schadet sich selbst"
03.12.2025

Die EU will bis spätestens Ende 2027 vollkommen unabhängig von russischem Erdgas sein. Das sieht eine Einigung zwischen Vertretern der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Weniger Feiertage, weniger Wirtschaftskrise? Schwäbische Unternehmenschefin für Streichung von Ostermontag
03.12.2025

Weniger Feiertage = mehr Wirtschaftsleistung? Die Debatte reißt nicht ab. Eine Konzernchefin aus Schwaben macht einen konkreten Vorschlag...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Coca-Cola beklagt Standortbedingungen: Deutschland nicht wettbewerbsfähig
03.12.2025

Der Chef des Coca-Cola-Abfüllers bemängelt die Bürokratie und komplizierte Verhältnisse für Unternehmen. Noch steht er zum Standort...

DWN
Politik
Politik Sicherheitspolitik: Deutsche Führungsrolle in Europa? Bevölkerung gespalten
03.12.2025

Russland als Bedrohung, Zweifel an den USA, Europa mittendrin: Eine Umfrage im Auftrag der Münchner Sicherheitskonferenz zeigt, wie...

DWN
Politik
Politik Gewerkschaften: Koalition plant Steuerprivileg für Gewerkschaftsbeitrag
03.12.2025

Die schwarz-rote Koalition will den Gewerkschaften den Rücken stärken. Geplant ist eine Steuerersparnis, die die Mitgliedschaft...