Finanzen

Riester-Rente ist am Ende: Garantiezins bei Lebensversicherungen nähert sich der Null-Marke

Der Garantiezins bei Neuabschlüssen von Lebensversicherungen nähert sich der Null-Marke. Die Riester-Rente ist faktisch am Ende.
27.04.2021 13:26
Lesezeit: 2 min

Kunden bekommen beim Abschluss einer neuen Lebensversicherung künftig einen deutlich geringeren Garantiezins als bisher. Ab dem 1. Januar 2022 dürfen die Versicherer bei Neuverträgen maximal noch eine jährliche Verzinsung von 0,25 Prozent versprechen. Die entsprechende Änderung wurde am Dienstag im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Bisher lag der Garantiezins - auch Höchstrechnungszins genannt - bei 0,9 Prozent.

Aus für die Riester-Rente?

Die Versicherungswirtschaft warnte, viele Riester-Anbieter könnten sich in der Folge der Änderung vom Markt zurückziehen. Sie könnten den vom Gesetzgeber verlangten 100-Prozent-Beitragserhalt mit dem neuen Höchstrechnungszins nicht mehr garantieren. „Wenn der Höchstrechnungszins abgesenkt wird und gleichzeitig die 100-Prozent-Beitragsgarantie erhalten bleibt, gibt es ab 2022 große Probleme, die zu einer Defacto-Beerdigung der Riester-Rente führen würden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), Jörg Asmussen. Notwendig sei wenigstens eine Teilreform noch in dieser Legislaturperiode. Der Verband fordert seit längerem eine Senkung der Beitragsgarantie auf 80 Prozent.

Derzeit müssen eingezahlte Eigenbeiträge und staatliche Zulagen bei der Riester-Rente zu 100 Prozent garantiert werden. Für die garantierten Leistungen bestehender Versicherungsverträge hat die Zinsänderung keine Folgen. Der Höchstrechnungszins soll verhindern, dass sich Versicherungsgesellschaften mit Garantieversprechen für Lebensversicherungen und andere Altersvorsorgeprodukte übernehmen. Sie dürfen Neukunden weniger, aber nicht mehr bieten.

Aus Sicht von Verbraucherschützerin Dorothea Mohn macht die geplante Verringerung des Garantiezinses „nochmal deutlich, wie wenig Versicherungen für die private Altersvorsorge geeignet sind.“ Eine Senkung der Beitragserhaltungsgarantie bei der Riester-Rente lehnt Mohn ab. „Damit würden Verbraucher doppelt verlieren“, sagte die Leiterin des Finanzmarktteams beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). „Wenn der Höchstrechnungszins sinkt, dann müssten die Anbieter der Produkte ihre Kosten senken. Dazu sind sie aber nicht bereit.“

Nach Einschätzung der Versicherungsmathematiker der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) werden sich ohne Reform die meisten Unternehmen aus dem Geschäft zurückziehen müssen. „Bereits heute bieten die Banken keine Riesterprodukte mehr an, die Fondsgesellschaften steigen zunehmend aus, und laut Daten der Ratingagentur Assekurata bieten auch bereits 40 Prozent der Lebensversicherer keine Riester-Rente mehr an“, sagte DAV-Vorstandsvorsitzender Guido Bader.

Geldpolitik ist schuld am Dilemma

Verantwortlich für die seit Jahren sinkenden Zinsen bei Lebensversicherungen ist die Europäische Zentralbank. Diese betreibt seit der Euro-Krise im Jahr 2011 eine extrem lockere Geldpolitik, in deren Zuge der wichtigste Referenzzins in der Eurozone – der Leitzins – im Jahr 2016 auf 0 Prozent herabgesenkt wurde und seitdem auf diesem Niveau verharrt. 2011 lag er noch bei 1,5 Prozent, vor 2008 bei 4 Prozent.

Die Absenkung des Leitzinses auf 0 Prozent hat die Aufnahme von Schulden stark vergünstigt – aber auch dazu geführt, dass mit Spareinlagen nichts mehr verdient werden kann. Dies gilt sowohl für die Bürger als auch für die Lebensversicherungen und andere institutionelle Anleger, die Kundengelder gewinnbringend anlegen möchten. Sie alle sind seitdem gezwungen, an den Finanzmärkten zu spekulieren, um noch einigermaßen Rendite erwirtschaften zu können.

Erste Assekuranzen haben sich inzwischen von der vollständigen Garantie der eingezahlten Beiträge verabschiedet. Seit Anfang 2021 gilt bei Neuverträgen teilweise eine Garantie von weniger als 100 Prozent. Es gibt sie nur noch dort, wo sie bislang gesetzlich vorgeschrieben oder vertraglich vereinbart ist: bei der Riester-Rente und der betrieblichen Altersversorgung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Das Zeitalter des intelligenten passiven Einkommens: Bitcoin-Mining mit BlackchainMining

In der heutigen, sich rasant entwickelnden digitalen Wirtschaft sind Kryptowährungen wie Bitcoin nicht nur Vermögenswerte, sondern auch...

DWN
Politik
Politik Selenskyj nach Trumps Friedensplan: Ukraine könnte binnen 60 bis 90 Tagen wählen
10.12.2025

Seit dem russischen Überfall im Februar 2022 fanden keine Wahlen in der Ukraine statt. Die reguläre Amtszeit des Präsidenten lief im Mai...

DWN
Politik
Politik Trump-Doktrin: Weshalb die USA plötzlich Russlands Linie bedienen
10.12.2025

Mit provokanten Aussagen über Putin, Selenskyj und die Zukunft Europas treibt Donald Trump eine neue US-Außenpolitik voran, die immer...

DWN
Technologie
Technologie Stromexport: Frankreich produziert klimafreundlichen Überschuss
10.12.2025

Frankreich produziert in den kommenden Jahren deutlich mehr Strom, als das Land verbraucht. Diese Überkapazität eröffnet neue...

DWN
Politik
Politik Wird Brüssel das Verbot konventioneller Motoren lockern und E-Auto-Quoten für Unternehmen einführen?
10.12.2025

Die EU stellt die Weichen für die Zukunft der europäischen Autoindustrie. Brüssel erwägt eine Abschwächung des Verbots klassischer...

DWN
Finanzen
Finanzen Optimismus für europäische Banken und der Auftakt zu 2026
09.12.2025

Die Wall Street steht vor Rekorden. Analysten sehen starke Impulse für 2026, doch warnen vor Risiken. Banken glänzen, Bitcoin sorgt für...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Voith: Maschinenbauer streicht 2.500 Stellen
09.12.2025

Der Maschinenbauer Voith plant in Deutschland den Abbau von bis zu 2.500 Stellen. Grund sind strukturelle Probleme wie hohe Energie- und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Feiertage killen fürs BIP: Ist das wirklich eine gute Idee?
09.12.2025

Mehr Arbeitstage, mehr Wachstum – so lautet das einfache Versprechen für 2026. Doch die Debatte über einen möglichen Wegfall eines...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Exporte: USA- und China-Geschäft bricht im Oktober ein
09.12.2025

Die deutschen Exporte geraten in ihren wichtigsten Absatzmärkten ins Rutschen, und die Zahlen aus den USA und China zeichnen ein klares...