Unternehmen

Neues E-Auto-Werk: Wie Posen klammheimlich zum chinesischen Einfallstor nach Europa wird

Überall in Europa haben die Chinesen 2020 wegen Corona ihre Investitionen verringert. Nur bei unserem direkten Nachbarn Polen nicht, eine Autostunde von Berlin entfernt.
10.05.2021 17:17
Aktualisiert: 10.05.2021 17:17
Lesezeit: 2 min

Der chinesische Zulieferer für E-Autos, Tuopu, wird in der Nähe der westpolnischen Stadt Posen sein erstes Werk in Europa errichten, wo 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt werden sollen. Die Investitionssumme liegt bei 30 Millionen Euro.

Die Fabrik soll Komponenten für E-Autos herstellen. Dabei liegt sie in einer Industrieregion, in der bereits VW und andere gewichtige Industriefirmen Werke unterhalten.

„Über den Standort der neuen Investition von Tuopu in Posen hat überwiegend die strategische Lage Polens auf der Landkarte in Europa den Ausschlag gegeben“, zitiert das polnische Fachportal „Log.24.pl“ den Generaldirektor der polnischen Tochter des chinesischen Unternehmens, Bob Zheng.

„Wir bemühen uns, in der Stadt ein investorenfreundliches Klima zu schaffen, das die Unternehmen unterstützt, die hier Geschäfte machen“, erklärte der stellvertretende Bürgermeister von Posen, Bartosz Guss. „Die Wahl der Hauptstadt von Wielkopolska bedeutet, dass unsere Region für die Automobil-Branche atraktiv ist. Posen, das zwischen Warschau und Berlin liegt, und der Zugang zu den Zulieferern in der Nähe schaffen ein gutes Klima, um die Branche zu entwickeln. Posen ist schon seit Jahren für die asiatischen Unternehmen das Tor zu Europa“, fügte Guss hinzu.

Huawei betreibt bereits Forschungszentrum in Posen

Hintergrund: Hier haben bereits sechs chinesische und andere asiatische Firmen Standorte aufgebaut. Dazu gehört der chinesische Smartphone-Hersteller Huawei, der seit 2016 in Zusammenarbeit mit der Politechnischen Hochschule der Stadt ein Forschungszentrum betreibt. Darüber hinaus verfügen der japanische Reifenhersteller Brigdestone und der koreanische Konzern Samsung jeweils über eine Fabrik. Die Koreaner stellen hier Haushaltsgeräte her.

Zusätzlich befindet sich Posen an der Seidenstraße, die China gerade versucht, als Wirtschaftsweg aufzubauen. Die Trasse kommt aus Deutschland aus Berlin und Frankfurt/ Oder in die westpolnische Stadt und führt weiter über Warschau, Minsk und Moskau. Nach weiteren Stationen in Kasachstan und in China landen die Waren schließlich in der neuen chinesischen Mega-City Chongqing, die als neue Wirtschaftsmetropole gilt. Ihr Ballungsraum verfügt über 34 Millionen Konsumenten. Die Entfernung per Straße aus Polen beträgt rund 9.100 Kilometer.

Bereits im vergangenen Jahr haben die Chinesen ihre Investitionen beim deutschen Nachbarn aufgestockt – und das zur Überraschung der Experten: Polen war 2020 einer der größten Abnehmer chinesischer Investitionen in der EU. Das berichtet die wissenschaftliche Einrichtung Polski Instytut Ekonomiczny (PIE).

„Die Höhe der chinesischen Investitionen in Polen hat umso mehr überrascht, weil die Investitionen, die China 2020 in der EU getätigt hat, insgesamt auf dem niedrigsten Niveau seit 2013 gewesen sind“, wundern sich die polnischen Wissenschaftler die von der polnischen Tageszeitung "Dziennik Gazeta Polska" zitiert werden. „Durch die Pandemie, die internationalen Spannungen und die politische Kontrolle des Kapital-Flusses aus China sind die Gesamtinvestitionen im Vergleich zu 2019 sogar um 44 Prozent auf 44 Milliarden Dollar zurückgegangen“, schreiben die Fachleute.

Also: China hat sich durch Corona überall in Europa stark zurückgehalten, nur in Polen nicht - eine sehr interessante Entwicklung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzskandal bei privaten Krediten: HPS und BNP Paribas verlieren hunderte Millionen
16.11.2025

Der Markt für private Kredite außerhalb regulierter Banken erlebt ein rasantes Wachstum, das zunehmend systemische Risiken birgt. Wie...

DWN
Politik
Politik TNT-Produktion in Europa: NATO-Staaten planen neue Fabriken zur Versorgungssicherung
16.11.2025

Europa verfügt derzeit über nur eine Produktionsstätte für NATO‑Standard‑TNT, während mehrere Länder neue Fabriken planen. Wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...