Deutschland

Corona-Management: IWF lobt deutsche Finanzpolitik trotz drohender Insolvenzwelle

Der IWF hat die Finanzpolitik der Bundesregierung in der Corona-Krise gelobt. Allerdings fügt ein IWF-Experte hinzu: „Es gibt das Risiko steigender Insolvenzzahlen.“
20.05.2021 18:16
Lesezeit: 2 min
Corona-Management: IWF lobt deutsche Finanzpolitik trotz drohender Insolvenzwelle
Bundeskanzlerin Angela Merkel (l, CDU) und Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister, unterhalten sich nach der Debatte über die Regierungserklärung zu den Ergebnissen der Bund-Länder-Runde zur Bewältigung der Corona-Pandemie. (Foto: dpa) Foto: Bernd von Jutrczenka

Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt Deutschland in der Bekämpfung der Coronavirus-Krise ein gutes Zeugnis aus. Zwar sei die Wirtschaft vergangenes Jahr um rund fünf Prozent geschrumpft, Deutschland habe sich damit aber besser geschlagen als die meisten anderen europäischen Staaten, hieß es im IWF-Länderbericht zu Deutschland, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Die konjunkturelle Erholung von der Pandemie dürfte im Laufe des Jahres 2021 wegen Fortschritten beim Impfen an Kraft gewinnen. Deutschland habe seine finanziellen Möglichkeiten in der Krise gut genutzt. Unter anderem wurde die Kurzarbeit als effektives Mittel gelobt.

Der IWF legt regelmäßig Analysen zur Finanz- und Wirtschaftspolitik einzelner Länder vor. Deutschland wurde in der Vergangenheit immer wieder kritisiert, zu sparsam zu sein und wegen seines immensen Handelsüberschusses für globale Ungleichgewichte zu sorgen. In der Corona-Krise hat die Bundesregierung die Ausgaben aber massiv ausgeweitet und sich stärker gegen die Folgen der Pandemie gestemmt als andere Staaten. „Wir haben mit unserer entschlossenen Finanzpolitik dagegengehalten und dafür gesorgt, dass Beschäftigte und Unternehmen möglichst gut durch diese Krise kommen“, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz. „Unsere Krisenpolitik zahlt sich aus.“ Allein die Kurzarbeit habe in Deutschland über zwei Millionen Jobs gerettet, hatte er zuletzt schon vorgerechnet.

Laut IWF dürfte die deutsche Wirtschaft ihr Vorkrisenniveau Anfang 2022 wieder erreichen. Staatliche Hilfen müssten solange fortgesetzt werden, bis es Zeichen für einen nachhaltigen Aufschwung gebe, sagte IWF-Experte Shekhar Aiyar. Um dabei auf der sicheren Seite zu sein, sollte man in einer Krise besser zu viel als zu wenig gegenhalten. Mindestens müsse es jetzt mal ein paar Quartale in Folge aufwärtsgehen, bevor sich der Staat zurückziehen könne.

„Die öffentlichen Schulden bleiben tragbar“, ergänzte Aiyar. Zeitweilig steigende Verbindlichkeiten dürften einer energischen Antwort auf die Krise nicht im Weg stehen. Der Schuldenstand im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ist 2020 um rund zehn Punkte auf knapp 70 Prozent gestiegen. 2021 wird ein Wert von über 74 Prozent erwartet. Damit steht Deutschland international aber vergleichsweise gut da.

In der Corona-Krise war die Bundesregierung Unternehmen auch bei den Insolvenzregeln entgegengekommen. Seit Anfang Mai 2021 gelten nun wieder die gewohnten Vorgaben, wann bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein Insolvenzantrag zu stellen ist. Das müsse genau beobachtet werden, sagte Aiyar. „Es gibt das Risiko steigender Insolvenzzahlen.“ Eine Pleitewelle müsse es aber nicht zwingend geben. Viele Firmen seien sehr stark und mit großen Puffern in die Krise gegangen. Außerdem sei die wirtschaftliche Lage besser als anderswo.

Der IWF empfahl Deutschland, seine finanziellen Möglichkeiten weiter auszuschöpfen - für strukturelle Verbesserungen etwa bei der Digitalisierung und beim Klimaschutz. Auch müssten mehr Gelder in Forschung und Entwicklung gesteckt werden. „Dafür brauchen wir Rekordinvestitionen, gezielte Förderung und die richtigen Anreize“, sagte Scholz. „Und wir müssen international an einem Strang ziehen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Dividendenstrategie: Für wen sie sich im Aktiendepot lohnen kann
14.06.2025

Mit einer Dividendenstrategie setzen Anleger auf regelmäßige Erträge durch Aktien. Doch Ist eine Dividendenstrategie sinnvoll, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krisenmodus in der Industrie: Autohersteller weichen Chinas Regeln aus
14.06.2025

Weil China den Export kritischer Magnetstoffe drastisch beschränkt, geraten weltweite Lieferketten ins Wanken. Autohersteller suchen eilig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft H&M baut Milliardenhandel mit Secondhand-Mode aus
14.06.2025

H&M will das Image der Wegwerfmode abschütteln – mit gebrauchten Designerstücken mitten im Flagshipstore. Wird ausgerechnet Fast...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Atomkraftgegner fordern Ende der Uran-Geschäfte mit Kreml
14.06.2025

Atomkraftgegner wenden sich an die Bundesregierung: Sie fordern einen Stopp russischer Uranlieferungen nach Lingen. Auch die hybride Gefahr...

DWN
Finanzen
Finanzen Teuer Wohnen in Deutschland: Rund jeder Siebte zahlt mehr als halben Monatslohn für Miete
14.06.2025

Nach der Mietzahlung ist bei manchen nicht mehr viel übrig für den Rest des Monats, zeigt eine Studie. Jedoch haben viele Menschen auch...

DWN
Technologie
Technologie Autoren fragen, ob ihre Werke für künstliche Intelligenz genutzt werden können – eine unmögliche Mission?
14.06.2025

Ein Ex-Spitzenmanager von Meta warnt: Wenn KI-Unternehmen vor jedem Training urheberrechtlich geschützte Werke lizenzieren müssten,...

DWN
Politik
Politik Datenerpressung statt Freihandel: China nutzt seltene Erden als Waffe
13.06.2025

China verlangt sensible Betriebsgeheimnisse, bevor es seltene Erden exportiert – ein klarer Machtzug im Handelskrieg. Der Westen liefert,...

DWN
Politik
Politik Deutschlands herrenlose Konten: Bundesregierung will auf Gelder von Privatkonten zugreifen
13.06.2025

Auf deutschen Bankkonten schlummern Milliarden Euro, die anscheinend niemandem gehören. Union und SPD möchten jetzt an die Ersparnisse...