Deutschland

Wo bleibt das Holz? Materialmangel macht Bauen bis zu 20 Prozent teurer

Die Lieferengpässe in Corona-Krise lassen den Holzpreis explodieren. Der Materialmangel setzt vor allem der Baubranche zu.
28.05.2021 12:17
Lesezeit: 2 min
Wo bleibt das Holz? Materialmangel macht Bauen bis zu 20 Prozent teurer
Dachdecker klagen über Baustopps und Stornierungen. (Foto: dpa) Foto: Hendrik Schmidt

Materialmangel, Lieferprobleme, rasant steigende Preise: Die eigentlich boomende Baubranche hat derzeit große Sorgen. Denn Stahl, Holz und Dämmstoffe sind dieses Jahr durch Lieferengpässe in der Pandemie erheblich teurer und knapp geworden. Die auf Holz angewiesenen Dachdecker sind besonders hart getroffen: Die Preise für Latten zum Aufbau von Dachstühlen seien seit Februar explodiert, beklagt Dirk Bollwerk, Präsident des Dachdeckerverbands ZVHD und Chef eines mittelständischen Betriebes in Nordrhein-Westfalen, im Gespräch mit Reuters. "Und dabei muss man Glück haben, überhaupt etwas zu kriegen." In seiner Handwerkszunft mehrten sich Berichte über Baustopps. "Die Holzkrise hat uns im Dachdeckerhandwerk kalt erwischt."

Mit den Problemen sind die Dachdecker nicht allein: 39,4 Prozent der Baufirmen gaben in der Mai-Umfrage des Ifo-Instituts an, dass sie Probleme bei der Materialbeschaffung haben. Die Politik hat die Brisanz des Problems erkannt, das im heraufziehenden Wahlkampf auch ein Thema werden dürfte. Denn der Traum von den eigenen vier Wänden könnte für manchen platzen. Bauherren müssen fürchten, bei laufenden Projekten wegen der enormen Kostensteigerungen in die Bredouille zu geraten. Die seit Anfang des Jahres aufgelaufenen Mehrkosten beim Material können sich beim Dach und den übrigen Gewerken bei einem Einfamilienhaus kräftig summieren. "Da kommen über alle Positionen 15 bis 20 Prozent zusammen. Holz schlägt dabei bisweilen mit dem doppelten bis dreifachen Preis ziemlich ins Kontor", rechnet Verbandspräsident Bollwerk vor.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat bei einem Runden Tisch mit der Bau- und Holzbranche Erleichterungen angedeutet, will aber von Exportbeschränkungen nichts wissen. Denn diese könnten einen Bumerang-Effekt auslösen, wenn andere Länder sich ebenso abschotten würden: "Damit wäre niemand auf dem Weltmarkt geholfen", so eine Sprecherin des Ressorts von Altmaier. Dieser sieht laut dem Dachdeckerverband allerdings Handlungsbedarf beim Verzicht auf Konventionalstrafen bei lieferbedingten Bauzeitverzögerungen. Zudem wird die verstärkte Nutzung von sogenannten Preisgleitklauseln diskutiert: "Diese führen dazu, dass Anbieter oder Lieferanten höhere Preise einfacher weitergeben oder durchreichen können", erläutert Bollwerk. Der Präsident des Handwerksverbands ZDH, Hans Peter Wollseifer, sieht öffentliche Auftraggeber in einer Vorbildfunktion: Sie müssten die Klauseln zum Standard machen.

PANDEMIE WIRBELT LIEFERKETTEN DURCHEINANDER

Die Ursachen der Lieferprobleme liegen in der Corona-Pandemie begründet: "Mit dem Wiedererstarken der Volkswirtschaften in den USA und in China wurden die internationalen Lieferketten durcheinander gewirbelt", erläutert der Bauverband ZDB. Die hohe internationale Nachfrage nach Holz, der Schädlingsbefall von Wäldern in Europa und Kanada sowie Exportbeschränkungen führten zu steigenden Preisen und Holzknappheit auch in Deutschland - zumal andere Länder deutlich mehr für Schnittholz zahlten. Mit Blick auf den Materialmangel, der auch Kunststoffe betrifft, warnte ZDB-Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa jüngst: "Die Engpässe haben das Potenzial, die Baustellen im Sommer zum Erliegen zu bringen."

Verschärft wird das Problem dadurch, dass 2020 einige Sägewerke hierzulande in der Corona-Krise dichtmachten. Die verbliebenen Betriebe werden der sprunghaft gewachsenen Nachfrage nicht Herr. Bundesgeschäftsführer Markus Jerger vom Mittelstandsverband BVMW schlägt dem Landwirtschaftsministerium vor, die Einschlagbeschränkungen für Fichtenholz im laufenden Wirtschaftsjahr aufzuheben. Hintergrund der Begrenzung sind jedoch extreme Waldschäden durch Dürre, Stürme und Borkenkäfer. Mit Blick auf den Materialmangel auf den Baustellen hofft Dachdecker-Präsident Bollwerk, dass sich die Lage in den kommenden Monaten ein wenig entspannen wird. "Aber es kann auch sein, dass es nur bei der Hoffnung bleibt."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Gewerbesteuereinbruch: Krise bei Mercedes und Porsche führt zu gewaltigen Steuerloch
16.07.2025

Massive Investitionen in E-Mobilität, Absatzflauten in China, geopolitische Risiken: Die Autoindustrie bricht ein – und mit ihr die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU will mit neuer Abgabe große Unternehmen anzapfen: Auch 20.000 deutsche Firmen betroffen
16.07.2025

Brüssel greift nach den Kassen der Großkonzerne und damit indirekt in die Geldbörsen der Bürger. Eine neue EU-Umsatzabgabe ab 50...

DWN
Politik
Politik Rückkehr Wehrpflicht: Immer mehr Anträge auf Kriegsdienstverweigerung
16.07.2025

Die Sorge vor einer möglichen Rückkehr der Wehrpflicht sorgt in Deutschland für Aufruhr: Immer mehr Menschen wollen den Dienst an der...

DWN
Politik
Politik Anhebung Mindestlohn: Höherer Mindestlohn beschert dem Start Milliardeneinnahmen
16.07.2025

Viele Aufstocker verlieren bei einem höheren Mindestlohn einen Teil oder auch das gesamte Bürgergeld. Das spart dem Staat einige hundert...

DWN
Finanzen
Finanzen Aus für Steuerklärung wegen Fachkräftemangel? Gewerkschaft fordert die Abschaffung
16.07.2025

Kurz vor Ablauf der Abgabefrist für das Jahr 2024 hat die Deutsche Steuer-Gewerkschaft gefordert, die Steuererklärung für Arbeitnehmer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft US-Inflation zieht stärker an – Zölle als möglicher Preistreiber
16.07.2025

Steigende Inflation, anhaltend hohe Zinsen – und ein Präsident, der die Lage verschärfen könnte: Die USA geraten unter...

DWN
Politik
Politik AI Act: Wo stehen wir über ein Jahr nach dem Beschluss des KI-Gesetzes?
16.07.2025

Mit dem AI Act schreibt Europa Geschichte: Die erste globale KI-Gesetzgebung verspricht Sicherheit, birgt aber auch Risiken. Wo Deutschland...

DWN
Politik
Politik US-Waffen: Trump soll Selenskyj gefragt haben: „Könnt ihr Moskau treffen?“
16.07.2025

Donald Trump soll Selenskyj gefragt haben, ob die Ukraine Moskau angreifen könne – mit US-Waffen. Droht eine neue Eskalation oder ist...