Deutschland

Sprunghafter Anstieg der Privatpleiten in Deutschland

Die Zahl der Privatinsolvenzen steigt im ersten Quartal deutlich. Einige Bundesländer sind besonders stark betroffen.
01.06.2021 10:36
Aktualisiert: 01.06.2021 10:36
Lesezeit: 1 min

Ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie ist die Zahl der Privatpleiten bundesweit sprunghaft gestiegen. Nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel gab es im ersten Quartal des laufenden Jahres 31 821 Privatinsolvenzen. Das waren 56,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Nach zehn Jahren sinkender Zahlen erwartet Crifbürgel im Gesamtjahr 2021 in etwa eine Verdoppelung der Privatpleiten auf bis zu 110 000 Fälle. Im vergangenen Jahr gab es demnach 56 324 private Insolvenzen in Deutschland. Den Anstieg zu Jahresbeginn führte Crifbürgel-Geschäftsführer Frank Schlein vor allem darauf zurück, dass viele Betroffene eine Gesetzesreform abgewartet hätten. Verbraucher können inzwischen einfacher nach drei statt wie bisher nach sechs Jahren von ihren Restschulden befreit werden. Die Verkürzung gilt rückwirkend auch für Insolvenzverfahren, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden. „Da diese Reform ein großer Vorteil ist, haben viele Antragssteller auf den entsprechenden Beschluss des Bundestages gewartet“, erläuterte Schlein.

Die unmittelbar von der Corona-Pandemie verursachte Insolvenzwelle wird nach Einschätzung der Wirtschaftsauskunftei wohl ab dem zweiten Halbjahr 2021 einsetzen und bis in das Jahr 2022 hineinreichen. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie seien nicht nur für Beschäftigte im Niedriglohnbereich existenzbedrohend, sondern auch im mittleren Einkommensbereich zum Beispiel durch Kurzarbeit deutlich spürbar. Auf Dauer führe weniger Einkommen erst in die Überschuldung und dann in die Privatinsolvenz. Verbraucher haben vor allem Schulden bei Kreditinstituten, Versandhändlern, Versicherungen, Behörden, Vermietern, Energieversorgern und Telefongesellschaften.

Steigende Zahlen wurden Crifbürgel zufolge im ersten Quartal in allen Bundesländern festgestellt. Den stärksten Zuwachs verzeichnete Mecklenburg-Vorpommern (plus 86,7 Prozent) gefolgt von Nordrhein-Westfalen (plus 81,1 Prozent), Hamburg (plus 77,5 Prozent) und Thüringen (plus 75,3 Prozent). Einen nur geringen Anstieg von 0,3 Prozent meldete Sachsen-Anhalt.

Im Bundesschnitt gab es den Angaben zufolge 38 Privatpleiten je 100 000 Einwohner. Angeführt wurde diese Statistik von Bremen mit 76 Privatinsolvenzen je 100 000 Einwohnern, gefolgt von Hamburg mit 57 Fällen. Über dem Schnitt rangierten auch Niedersachsen (52), Schleswig-Holstein und das Saarland (je 49), Mecklenburg-Vorpommern (47) sowie Nordrhein-Westfalen (45). Am wenigsten Privatinsolvenzen je 100 000 Einwohner wurden den Angaben zufolge in Bayern (26), Hessen (29) und Thüringen (30) gemeldet.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft CO2-Zertifikate: Europas Aufschub, der Autofahrer teuer zu stehen kommt
15.11.2025

Europa verschiebt den Start seines neuen CO2-Handelssystems – doch die Benzinpreise werden trotzdem steigen. Während Brüssel von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt 2030: Diese Fachkräfte werden in fünf Jahren gebraucht
15.11.2025

Automatisierung, KI und Klimawandel verändern den globalen Arbeitsmarkt rasant. Bis 2030 entstehen Millionen neuer Jobs, doch viele...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzielles Notfallpaket: So sichern Sie Ihr Vermögen in Krisenzeiten
15.11.2025

In Zeiten wachsender Unsicherheiten rückt neben Notvorräten und Fluchtplänen auch die finanzielle Absicherung in den Fokus. Marek...

DWN
Politik
Politik Für einen Kampfjet braucht es 400 Kilogramm seltene Erden: Europa im Wettbewerb mit China und den USA
15.11.2025

Seltene Erden sind zu einem entscheidenden Faktor in globalen Machtspielen geworden und beeinflussen Industrie, Verteidigung und Hightech....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Klassengesellschaft 2.0 – Warum Demokratie ohne soziale Gleichheit zerbricht
15.11.2025

In Deutschland redet kaum jemand über Klassen – als wäre soziale Herkunft heute keine Machtfrage mehr. Doch die Soziologin Prof. Nicole...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzblasen 2025: Wo der nächste große Crash drohen könnte
15.11.2025

An den Finanzmärkten steigt die Nervosität. Künstliche Intelligenz treibt Bewertungen auf Rekordhöhen, Staaten verschulden sich wie nie...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienpreise: Boom zu Neuverträgen – eine Prognose
15.11.2025

Laut ifo sind Neuverträge in Großstädten um 48 Prozent teurer als Bestandsverträge. Das, so Experten, ist nicht nur ein Problem für...

DWN
Finanzen
Finanzen So profitiert Trumps Familie im Kryptosektor: CZ-Deals bringen Milliarden
14.11.2025

Der Fall um Čangpeng Žao und die Trump Familie wirft ein Schlaglicht auf die Verknüpfung von Kryptowährungen, Finanzströmen und...