Deutschland

Weniger Umsatz: Bundesnotbremse verdirbt Einzelhandel das Geschäft

Die Einführung der Bundesnotbremse im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat im April zu einem unerwartet starken Umsatzrückgang im deutschen Einzelhandel geführt.
02.06.2021 10:59
Lesezeit: 1 min

Die Einführung der Bundesnotbremse im Kampf gegen die Corona-Pandemie hat im April zu einem unerwartet starken Umsatzrückgang im deutschen Einzelhandel geführt. Im Vergleich zum Vormonat fielen die Einnahmen um 5,4 Prozent niedriger aus, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Preisbereinigt (real) gab es ein Minus von 5,5 Prozent. Von Reuters befragte Ökonomen hatten hier lediglich mit einem Rückgang von 2,0 Prozent gerechnet, nachdem es im März noch ein kräftiges Plus von 7,7 Prozent gegeben hatte.

„Der Grund dürfte in erster Linie in der Bundesnotbremse zu suchen sein, die den Lockdown in der zweiten Aprilhälfte massiv verstärkt hatte“, erklärte der Europa-Chefvolkswirt des Fondsanbieters DWS, Martin Moryson, den Einbruch. Auch das Statistikamt führte dies zur Begründung an. Die Notbremse ist seit 23. April in Kraft und regelt erstmals bundeseinheitlich, dass in Städten und Landkreisen ab einem Inzidenzwert von 100 zahlreiche Kontaktbeschränkungen gelten. Viele Geschäfte mussten deshalb schließen.

Inzwischen ist der Inzidenzwert aber deutlich unter 50 gefallen, weshalb die Notbremse noch in diesem Monat auslaufen soll. „Wenn jetzt zunehmend in vielen Bundesländern die Öffnung des Einzelhandels erfolgt, dann ist das gut so“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth. „Aber die in der Vergangenheit ausgefallenen Umsätze werden sich nur sehr begrenzt wieder aufholen lassen. Denn wer den Wintermantel Anfang des Jahres nicht gekauft hat, der kauft ihn im Juni nicht mehr.“

Trotz des Fehlstarts halten Experten deshalb ein gutes Frühjahrsquartal im Einzelhandel noch für möglich. „Nach wie vor winkt ein kräftiges Quartalsplus, Geschäfte und Gastronomie öffnen wieder“, sagte der Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe, Alexander Krüger, angesichts sinkender Neuinfektionen. „Die Chancen stehen gut, dass der private Verbrauch wieder ein Wachstumspfeiler wird.“ Dafür spricht, dass die Sparquote wegen ausgefallener Reisen, Restaurantbesuche und Shoppingtouren so hoch ist wie noch nie. Dem gewerkschaftsnahen Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) zufolge haben die deutschen Privathaushalte allein 2020 rund 100 Milliarden Euro mehr gespart, als das ohne Pandemie der Fall gewesen wäre. Ein Teil davon könnte nun zusätzlich in den Konsum gesteckt werden.

Gegenüber dem Vorjahresmonat legten die Einzelhandelsumsätze im April um 5,8 Prozent zu. „Allerdings war der April vergangenen Jahres der erste vollständige Monat im Lockdown“, sagte Ökonom Moryson. Der boomende Internet- und Versandhandel wuchs dabei um 13,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Der in der Krise stark gebeutelte Handel mit Textilien, Bekleidung, Schuhen und Lederwaren schaffte ein Plus von knapp einem Drittel.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN-Wochenrückblick

Weniger E-Mails, mehr Substanz: Der DWN-Wochenrückblick liefert 1x/Woche die wichtigsten Themen kompakt und Podcast. Für alle, deren Postfach überläuft.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mindestlohn: Viele Deutsche halten 13,90 Euro für zu niedrig
23.12.2025

13,90 Euro mehr Wertschätzung für Arbeit? Für viele Beschäftigte klingt das eher nach einem politischen Kompromiss als nach einem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kakao-Krise eskaliert: Warum Schokolade neu erfunden werden muss
23.12.2025

Schokolade wird teurer, kleiner und zunehmend anders zusammengesetzt. Hinter den Kulissen zwingt die Kakao-Krise Hersteller, Forscher und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen ZF verkauft Fahrerassistenzgeschäft: 3.750 Mitarbeiter wechseln
23.12.2025

ZF zieht die Reißleine. Mit dem Verkauf seines Fahrerassistenzgeschäfts an die Samsung-Tochter Harman trennt sich der angeschlagene...

DWN
Politik
Politik Autoindustrie im Umbruch: EU passt Emmissionsziele an und schafft neuen Spielraum für Hersteller
23.12.2025

Die EU lockert ihre Emissionsziele für neue Autos ab 2035 und eröffnet damit neue Spielräume für alternative Antriebskonzepte. Welche...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hilfsarbeitskraft: Deutschlands unterschätzte Welle zur Rettung bei Fachkräftemangel
23.12.2025

Die Krise im deutschen Mittelstand ist real: Der Fachkräftemangel lähmt das Wachstum. Die strategische Antwort darauf ist die...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividenden 2025: Finanzsektor glänzt, Autobauer kürzen massiv
23.12.2025

Während die Autobranche unter Druck steht, feiern Banken und Versicherer Rekordzahlen. Für deutsche Aktionäre bedeutet das ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold und Silber auf Rekordkurs: Edelmetalle profitieren von Zinserwartungen und Geopolitik
23.12.2025

Edelmetalle rücken erneut in den Fokus der Finanzmärkte und markieren ungewöhnliche Preisbewegungen in einem zunehmend unsicheren...

DWN
Politik
Politik Mike Pompeo über China und Russland: Die wahre Bedrohung für den Westen
23.12.2025

Der frühere US-Außenminister Mike Pompeo entwirft ein Bild globaler Machtverschiebungen, in dem Abschreckung und strategische Klarheit...