Weltwirtschaft

Reederei Maersk: Aktuelle Hafen-Krise größere Störung des Welthandels als Suez-Unfall

Lesezeit: 2 min
18.06.2021 11:36
Die Überlastung wichtiger Häfen an Chinas Südküste und an Amerikas Westküste spitzt sich zu. Die weltweiten Lieferketten stehen unter enormem Druck.
Reederei Maersk: Aktuelle Hafen-Krise größere Störung des Welthandels als Suez-Unfall
Betrieb im Hafen von Los Angeles. (Foto: dpa)
Foto: Brittany Murray

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Der weltgrößten Reederei Maersk zufolge stellt die Überlastung wichtiger Häfen in China und den USA schon jetzt eine schwerwiegendere Störung des Welthandels dar als die Havarie des Frachters Ever Given im Suez-Kanal vor einigen Monaten. Insbesondere die Überlastung des Yantian International Container Terminal - ein wichtiger Tiefwasserhafen in der südchinesischen Provinz Guangdong und einer der wichtigsten Häfen der Welt - mache Sorgen.

Der Yantian-Hafen werde derzeit nur noch mit einer Kapazität von rund 40 Prozent betrieben, die Wartezeiten für Frachter außerhalb des Hafenbeckens liege inzwischen bei 16 Tagen, so Maersk. Unter normalen Umständen müssen Frachter dort nur etwa einen halben Tag auf die Einfahrt warten. "Ich würde sagen, dass dies für uns eine viel schwerwiegendere Störung im Betriebsablauf ist als das Feststecken der Ever Given im Suez-Kanal, aufgrund der längeren Dauer der Probleme und der Bedeutung Yantians als weltweit relevantes Drehkreuz. Derzeit haben wir Wartezeiten von etwa 16 Tagen, was natürlich erhebliche Auswirkungen auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit haben wird", wird der Vorstandsvorsitzende der Maersk-Abteilung Ocean&Logistics von Medien zitiert.

Grund für die Überlastung Yantians sind Gegenmaßnahmen der Provinzregierung, um ein lokal wiederaufgeflammtes Corona-Infektionsnest zu bekämpfen. Dies hatte Ende des vergangenen Monats sogar zu einer zeitweiligen Einstellung des Betriebs am Yantian International Terminal geführt. Neben Yantian melden derzeit noch andere bedeutende Häfen an der südchinesischen Küste Verzögerungen in der Warenabwicklung - ebenso wie die wichtigsten Pazifikhäfen der USA, Long Beach, Oakland und Los Angeles.

Die National Retail Association wies Präsident Joe Biden vor einigen Tagen in einem Brief auf das Problem hin. Nicht nur würden sich die Lieferzeiten um Tage oder Wochen verlängern, sondern auch die Lagerbestände bei bestimmten Produktgruppen könnten nicht mehr aufgefüllt werden.

Globale Lieferketten extrem angespannt

Die Überlastung wichtiger Häfen in Südchina "bedeutet neue Probleme für eine ohnehin schon angespannte weltweite Lieferkette, insbesondere für den sehr wichtigen Schiffsverkehr", zitiert CNN einen Analysten von Bimco. "Die Leute werden vielleicht nicht alles finden, wonach sie beim diesjährigen Weihnachtseinkauf suchen."

Schätzungen der dänischen Analysefirma Vespucci Maritime zufolge beläuft sich der Rückstau bei den abgewickelten Waren alleine in Yantian seit Ende Mai auf rund 357.000 20-Fuß-Standartcontainer - ein größerer Ausfall als der durch die sechstägige Sperre des Suez-Kanals ausgelöste Rückstand.

CNN gibt die derzeitige (Stand: Donnerstag) Auslastung des Yantian-Hafens mit 70 Prozent an, Ende Juni könne eine Rückkehr zum Normalbetrieb erwartet werden.

Die Brüche in der Lieferkette schieben unterdessen die Frachtraten im Seeverkehr an. Derzeit ist das Verschieben von Containern zwischen Europa, China und Nordamerika ohnehin so teuer wie lange nicht mehr. Nun haben die ersten großen Reedereien weitere Preiserhöhungen angekündigt. MSC beispielsweise will die Frachtkosten je 45-Fuß-Container zwischen China und Nordamerika um rund 3.800 Dollar erhöhen. Zu den am stärksten von Preissteigerungen betroffenen Routen gehören der Londoner Analysefirma Drewry Shipping zufolge die Strecke Schanghai-Rotterdamm. Generell haben die Frachtkosten für Lieferungen von China nach Europa mit rund 11.300 Dollar pro 45-Fuß-Container den höchsten Stand seit dem Jahr 2017 erreicht.

Verschärft wird die weltweit spürbare Krise der Lieferketten von immer noch unterdurchschnittlicher Aktivität bei Langstreckenflügen als Folge der Lockdown-Politik der Regierungen. Die deutlich gestiegenen Preise im Bereich der Logistik dürften in den meisten Fällen als höhere Verkaufspreise an den Endkunden weitergegeben werden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Fachkräftemangel bedroht Mittelstand mehr als teure Energie
18.04.2024

Ein Mangel an geeignetem Personal ist für viele Firmen in Deutschland Alltag. Im Mittelstand ist der Fachkräftemangel laut einer neuen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mercedes trotzt dem Trend: Jetzt soll sogar ein Maybach-Van die Besserverdiener locken
18.04.2024

Das Interesse an Elektro-Fahrzeugen in Deutschland ist verhalten. Während VW und Tesla das bei den Zulassungszahlen bemerken, nutzen die...

DWN
Politik
Politik Warum Kürzungen in der Flüchtlingspolitik nicht hilfreich sind
18.04.2024

Immer mehr Politiker und Wirtschaftsexperten fordern eine Neuanpassung der Asylpolitik. Aktuell finden kontroverse Maßnahmen wie...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Iran-Israel-Konflikt: Führt das Krisentreffen in Israel mit Baerbock und Cameron zur Deeskalation?
17.04.2024

Bei Gesprächen mit israelischen Politikern bemühen sich Annalena Baerbock und David Cameron, einen möglichen Vergeltungsschlag gegen den...

DWN
Politik
Politik Günstlingswirtschaft und Gefälligkeiten: Stephan Weil in Niedersachsen am Pranger
17.04.2024

In Berlin steht Kai Wegner (CDU) unter Verdacht, seine Geliebte mit einem Senatorenposten bedacht zu haben. Ursula von der Leyen (CDU)...

DWN
Technologie
Technologie Fluch oder Segen? – Was man aus Müll alles machen kann
17.04.2024

Die Welt ist voller Müll. In den Ländern des globalen Südens gibt es teilweise so viel davon, dass Menschen auf Abfallbergen ihr Dasein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenzrekorde im März: Nachwehen der Coronahilfen
17.04.2024

Deutsche Unternehmen klagen aktuell viel über die Umstände – und die Unternehmensinsolvenzen sind auch auf Rekordniveau. Ein Grund...

DWN
Politik
Politik Vor G7-Treffen: Baerbock warnt vor Eskalationsspirale im Nahen Osten
17.04.2024

Die Grünen-Politikerin hat vor einem Treffen der Gruppe sieben großer Industrienationen (G7) zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen in...