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Wie die USA mit einem „impotenten“ Projekt Chinas Neue Seidenstraße aushebeln wollen

Lesezeit: 4 min
22.06.2021 13:06  Aktualisiert: 22.06.2021 13:06
Die USA wollen angeblich mit der „B3W“-Initiative die chinesische Neue Seidenstraße aushebeln. Doch die Wahrheit ist, dass die Initiative im Gegensatz zu Chinas Mega-Projekt „impotent“ ist.
Wie die USA mit einem „impotenten“ Projekt Chinas Neue Seidenstraße aushebeln wollen
Joe Biden, Präsident der USA, spricht während eines bilateralen Treffens mit Nato-Generalsekretär Stoltenberg, im Rahmen eines Nato-Gipfels im Nato-Hauptquartier. (Foto: dpa)
Foto: Stephanie Lecocq

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Auf der kürzlich abgehaltenen G7-Konferenz wurde beschlossen, eine Initiative ins Leben zu rufen, die sich „Build Back Better World“ (B3W) nennt. Die B3W-Initiative soll als Konkurrenzprojekt zur Neuen Seidenstraße umgesetzt werden. China investiert seit Jahren massiv in die Entwicklung der Infrastruktur entlang seines die halbe Welt umspannenden Projekts. „Es besteht weltweit eine enorme Nachfrage nach Infrastruktur. Dabei gibt es einen enormen Wunsch beziehungsweise Hunger nach einer Alternative zu einer totalitären staatskapitalistischen Finanzierung dieser Infrastruktur“, sagte Kaush Arha, Senior Fellow am "Scowcroft Center for Strategy and Security" des Atlantic Council, dem Portal „Yahoo Finance“.

Einem Factsheet des Weißen Hauses zufolge ist die B3W-Initiative eine „positive Initiative zur Deckung des enormen Infrastrukturbedarfs von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen“. Sie soll „eine werteorientierte, hochqualitative und transparente Infrastruktur-Partnerschaft“ sein, die von „großen Demokratien geleitet wird, um den Infrastrukturbedarf von über 40 Billionen US-Dollar in den Entwicklungsländern zu decken".

Das Weiße Haus wörtlich: „Über B3W werden sich die G7 und andere gleichgesinnte Partner bei der Mobilisierung von privatwirtschaftlichem Kapital in vier Schwerpunktbereichen – Klima, Gesundheit und Gesundheitssicherheit, digitale Technologie sowie Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung – mit katalytischen Investitionen unserer jeweiligen Entwicklungsfinanzierungsinstitute koordinieren. B3W wird global sein, von Lateinamerika und der Karibik über Afrika bis hin zum Indopazifik.“

Um dieses Ziel zu erreichen, sollen aus US-amerikanischer Sicht die "Development Finance Corporation", USAID, EXIM, die "Millennium Challenge Corporation", die "US Trade and Development Agency" sowie ergänzende Einrichtungen wie der Transaktionsberatungsfonds aktiviert werden.

Doch das Portal „Silk Road Briefing“ stellt fest: „Die B3W-Partnerschaft scheint nur für ,gleichgesinnte‘ Partner in der ,Entwicklungswelt‘ verfügbar zu sein und legt Wert darauf, dass die Mitwirkenden Demokratien sind. Obwohl dies nicht spezifiziert wird, bedeutet dies, dass demokratische Nationen bevorzugt werden, was der Zugehörigkeit zu B3W einen politischen Aspekt auferlegt. Dies steht im Gegensatz zu Chinas Neuen Seidenstraße, die keine Vorbedingungen festgelegt hat und demokratische Nationen sowie autokratische und andere Regierungsstile umfasst (…) Das B3W konzentriert sich auch auf die „Koordinierung von privatem Kapital“ – was bedeutet, dass die beitragenden Regierungen versuchen werden, das Geld von den Kapitalmärkten zu beschaffen, anstatt die erwähnten 40 Billionen US-Dollar aus staatlichen Mitteln bereitzustellen.“

Während die Neue Seidenstraße sehr weit fortgeschritten ist, um Asien mit Europa zu verbinden, handelt es sich bei der B3W-Initiative um eine Absichtserklärung, die sich an den strategischen Interessen der USA orientieren wird. Im Rahmen der Neuen Seidenstraße wird von Peking wiederum behauptet, dass es immer darum gehen würde, „eine Win-Win-Situation“ zu erzielen.

Die Neue Seidenstraße hat nicht nur einen zeitlichen Vorsprung. Zwischen den G7-Staaten gibt es enorme Differenzen, was die jeweiligen wirtschaftlichen Interessen angeht. Einige G7-Staaten liebäugeln mit der Neuen Seidenstraße der Chinesen.

Doch durch verschiedene Regierungswechsel könnten sie allesamt auf die B3W-Initiative umschwenken. Das jüngste Beispiel für diesen Trend stellt Italien dar. Seit der Machtübernahme von Mario Draghi hat Rom damit begonnen, sich von der Neuen Seidenstraße zu distanzieren. Dabei galt die Vorgängerregierung als stärkster europäischer Unterstützer des chinesischen Mega-Projekts.

Nach dem letzten G7-Gipfel sagte Draghi über China: „Es ist eine Autokratie, die sich nicht an multilaterale Regeln hält und nicht dieselbe Vision der Welt teilt, die die Demokratien haben.“

Im Jahr 2019 war Italien unter Premier Giuseppe Conte als erstes G7-Land der Initiative zur Neuen Seidenstraße beigetreten. Der Schritt hatte in den USA zu scharfen Reaktionen geführt. Das Weiße Haus kritisierte den Vorstoß und sagte, dass das Projekt Italien nicht wirtschaftlich helfen werde und das internationale Image des Landes erheblich beeinträchtigen könnte. Dabei sollte vor allem Venedig als europäischer Eintrittspunkt für den Seeweg der Neuen Seidenstraße fungieren.

Der damalige Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses, Garrett Marquis, sagte, die USA würden die Neue Seidenstraße als eine „Initiative von China für China“ betrachten. Und weiter: „Wir sind skeptisch, ob die Unterstützung der italienischen Regierung dauerhafte wirtschaftliche Vorteile für die italienische Bevölkerung bringen wird. Und auf lange Sicht könnte es dem globalen Ruf Italiens schaden.“

Seit Draghis Machtübernahme hat sich jedoch, wie bereits geschrieben, viel geändert in Italien. Die letzten großen Unterstützer der Neuen Seidenstraße im europäischen Großraum sind Viktor Orbán und Recep Tayyip Erdoğan. Die Spannungen dieser beiden Politiker mit dem Westen sind nicht zuletzt das Ergebnis dieser Unterstützung. Orban und Erdogan argumentieren übrigens wie folgt: Wenn es der EU um Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit gehen würde, müsste sie vor allem Saudi-Arabien und die Golf-Staaten, Ägypten und weitere umstrittene Staaten ächten. Das tut sie aber nicht. Stattdessen verfügt sie über gute wirtschaftliche Beziehungen zu diesen Ländern.

Dem ungarischen Premier zufolge harmonieren die wirtschaftlichen Interessen Ungarns mit den Zielen der Neuen Seidenstraße, berichtet „Daily News Hungary“ darüber hinaus.

Im vergangenen Jahr sagte der türkische Präsident, dass sein Land nicht nur die Neue Seidenstraße, sondern auch die „Ein-China-Politik“ Pekings unterstütze, was den Interessen der aktuellen US-Regierung und der EU-Kommission diametral zuwiderläuft. Die türkische Regierung versucht, chinesische Investitionen in Milliardenhöhe anzuziehen, um das türkische BIP anzukurbeln.

Die City of London und einige politische Zirkel in London sind ebenfalls vehemente Unterstützer der Neuen Seidenstraße. Der Brexit hängt auch direkt mit dieser chinesischen Initiative zusammen. Großbritannien kann seine Handelsbeziehungen mit China nur dann ausbauen, wenn es sich von der EU löst.

Deutschland ist hingegen hin- und hergerissen. Innerhalb der politischen Elite der Bundesrepublik gibt es sowohl Unterstützer als auch Gegner der Neuen Seidenstraße – genau wie bei der Frage um Nord Stream 2. Welches Lager sich am Ende durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass Deutschlands Wohlstand nicht nur auf dem EU-Binnenmarkt, sondern auch auf den Handelsbeziehungen mit China beruht.

Die „Build Back Better World“-Initiative wirkt wie eine Druckmittel der USA, damit die Chinesen die Amerikaner an den Entscheidungstisch der Neuen Seidenstraße lassen. Eine wirklich Konkurrenz stellt die Initiative allerdings nicht dar.


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