Deutschland

Experten erwarten Aufschwung der deutschen Wirtschaft, warnen aber vor Inflation

Der anziehende private Konsum wird in der zweiten Jahreshälfte die Wirtschaftsleistung nach oben treiben, sagen die Ökonomen von führenden Institutionen. Zugleich warnen sie vor einem Übermaß an neuen Schulden.
26.06.2021 16:42
Lesezeit: 2 min
Experten erwarten Aufschwung der deutschen Wirtschaft, warnen aber vor Inflation
Trotz der schwächelnden Industrie erwarten Experten einen Aufschwung in der zweiten Jahreshälfte. (Foto: dpa) Foto: Hendrik Schmidt

Es geht aufwärts mit der deutschen Wirtschaft: Obwohl die Industrie, die über lange Monate der Corona-Krise den Konjunkturmotor am Laufen hielt, inzwischen leicht schwächelt. Der anziehende private Konsum werde in der zweiten Jahreshälfte die Wirtschaftsleistung nach oben treiben, prognostizierten Volkswirte führender Wirtschafts- und Finanzinstitutionen in einer dpa-Umfrage. "Im Zuge der stark sinkenden Infektionszahlen und Lockerungen der Corona-Restriktion ist jetzt quasi die Bahn frei", sagte Katharina Utermöhl von der Allianz-Gruppe und fügte hinzu: "Tschüss Rezession, hallo Konsum-Boom!"

"Die Industrie ist von Engpässen geplagt, der private Verbrauch kommt in Schwung", sagte auch Marc Schattenberg von der Deutschen Bank. In der Industrie schlagen unter anderem Lieferprobleme negativ zu Buche - etwa bei Mikrochips in der Automobilbranche oder bei Rohstoffen wie Holz. "Die Frage ist: Wie schnell lösen sich Lieferengpässe auf? Das wird den Aufschwung in der Industrie und vor allem auf dem Bau beeinflussen", sagte die Wirtschaftsweise Veronika Grimm vom Sachverständigenrat der Bundesregierung.

Mehr zum Thema: Lieferengpässe und steigende Kosten dämpfen Aufschwung der deutschen Industrie

Die Volkswirte warnen derweil vor allzu großer Euphorie, was das Ende der Corona-Pandemie und ihrer Folgen für die Volkswirtschaft angeht. "Das größte Risiko für die Prognose besteht in einem erneuten Hochschnellen der Infektionszahlen. Bei Lockerungen ist daher weiterhin Wachsamkeit geboten", betonte Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der staatlichen Bankengruppe KfW.

Positive Signale sehen die Experten auf dem Arbeitsmarkt. Im Juni könnte es zum größten Abbau von Arbeitslosigkeit in der Corona-Krise gekommen sein, vermutet Allianz-Volkswirtin Utermöhl. Bis Ende des Jahres könnte zumindest die Hälfte der rund eine halbe Million Menschen, die wegen Corona arbeitslos geworden sind, wieder einen neuen Job gefunden haben, sagt sie.

Köhler-Geib geht ebenfalls von einer Erholung im Gesamtjahr 2021 aus und erwartet, dass der Arbeitsmarkt zum Jahresende beinahe wieder so gut dastehen wird wie vor der Krise. Deutsche-Bank-Experte Schattenberg sieht ebenfalls positive Signale. "Auch die Kurzarbeit wird zurückgehen", sagte er. Allerdings warnte er davor, dass wegen der Schwierigkeiten in der Industrie auch wieder neue Kurzarbeiter hinzu kommen könnten.

Mehr zum Thema: Vorboten der Inflation: Erzeugerpreise mit größtem Sprung seit 2008

Für die derzeit in die Höhe schnellende Inflation machen die Volkswirte vor allem zeitlich begrenzte Faktoren verantwortlich. "Viele Ursachen des aktuellen Anstiegs der Verbraucherpreise dürften temporärer Natur sein. Zum Beispiel kommt es aufgrund von Lieferengpässen und höheren Seefrachtkosten zu Kostensteigerungen, die an die Verbraucher weitergegeben werden. Es könnte eine ganze Weile dauern, bis sich das wieder einschwingt", sagte Grimm.

Bei der finanziellen Bewältigung der Coronakrise warnt sie vor allzu großen Schuldenbergen. "Ich bin skeptisch, ob das Ausmaß der Neuverschuldung von 100 Milliarden Euro, das geplant ist, wirklich zur Krisenbewältigung notwendig ist", sagte sie und forderte: "Man muss auf die Marktwirtschaft setzen und die Anreize für Innovation und Wachstum stärken.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump: Die Arzneimittelpreise müssen um 59 Prozent sinken
13.05.2025

Die Pharmabranche gerät weltweit unter Druck: Mit einer neuen Ankündigung hat US-Präsident Donald Trump den globalen Arzneimittelmarkt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Kommission kündigt Importverbot für russisches Gas an – doch wo bleibt das Gesetz?
13.05.2025

Die EU verkündet das Ende russischer Gasimporte – aber präsentiert (noch) keine juristische Grundlage. Experten warnen: Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Innovation Neuro-Webdesign: „Die meisten Firmenwebsites scheitern am Menschen“
13.05.2025

Viele mittelständische Websites wirken modern, funktionieren aber nicht. Warum? Sie ignorieren die Psychologie der Nutzer. Jonas Reggelin,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rezession 2025: Düstere Aussichten für Deutschland
13.05.2025

Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle – und das ausgerechnet in einer Phase, in der neue Impulse dringend nötig wären. Der...

DWN
Politik
Politik Rentenversicherung: Warum Bärbel Bas' Beamten-Vorschlag 20 Milliarden Euro im Jahr kosten würde
13.05.2025

Geht es nach Arbeitsministerin Bärbel Bas, sollen künftig auch Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung aufgenommen werden. Eine neue...

DWN
Panorama
Panorama Reichsbürger-Verbot: Dobrindt zerschlägt "Königreich Deutschland"
13.05.2025

Sie erkennen den Staat nicht an, verbreiten Verschwörungstheorien und zahlen häufig keine Steuern. Die Szene der Reichsbürger war...

DWN
Politik
Politik Geopolitischer Showdown in der Türkei: Selenskyj, Putin – und Trump im Anflug
13.05.2025

Ein historisches Treffen bahnt sich an: Während Selenski den russischen Präsidenten zu direkten Friedensgesprächen nach Istanbul...

DWN
Panorama
Panorama Umwelt? Mir doch egal: Klimaschutz verliert an Bedeutung
13.05.2025

Klimaschutz galt lange als gesellschaftlicher Konsens – doch das Umweltbewusstsein in Deutschland bröckelt. Eine neue Studie zeigt, dass...