Deutschland

Scholz plant für nächstes Jahr 100 Milliarden Euro neue Schulden

Laut der von Scholz vorgelegten Planung soll der Bund im kommenden Jahr 99,7 Milliarden Euro zusätzliche Schulden aufnehmen. Die Schuldenbremse muss dafür erneut außer Kraft gesetzt werden.
21.06.2021 15:16
Lesezeit: 1 min

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) plant für den Bundeshaushalt im nächsten Jahr 99,7 Milliarden Euro an neuen Schulden. Dies geht aus der Reuters am Montag vorliegenden Vorlage für die Kabinettsbefassung am Mittwoch für die Etatplanung 2022 und die Finanzplanung bis 2025 hervor. Dies sind noch mal gut 18 Milliarden Euro mehr an Neuverschuldung als noch im März bei der Aufstellung der Etat-Eckwerte vorgesehen. Begründet wird dies mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. So sind nun für 2022 zehn Milliarden Euro als Vorsorge für unerwartete pandemiebedingte Mehrausgaben vorgesehen. Damit die Sozialbeiträge auch 2022 nicht über 40 Prozent steigen, fließen sieben Milliarden Euro als ergänzender Zuschuss an die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Für Corona-Unternehmenshilfen sind sieben Milliarden Euro geplant.

Der durch die Corona-Pandemie aufgetürmte Schuldenberg des Bundes stiege mit der nun vorgeschlagenen Neuverschuldung für 2022 auf rund 470 Milliarden Euro für die drei Jahre seit 2020. Die Tilgung der Kredite belastet in erheblichem Umfang kommende Haushalte. Laut Kabinettsvorlage belaufen sich die Tilgungsverpflichtungen aus den Corona-Schulden ab 2023 auf zwei Milliarden und ab 2026 auf 20,5 Milliarden Euro jährlich. Zudem rechnet der Bund mit deutlich höheren Zinsausgaben: Diese würden mit 14 Milliarden Euro doppelt so hoch wie 2020 veranschlagt.

ENTWURF VERFÄLLT NACH BUNDESTAGSWAHL

Der Haushaltsentwurf hat aber nur eine begrenzte Haltbarkeit: Er verfällt mit der Bundestagswahl am 26. September, da der Haushaltsplan vorher nicht beschlossen wird. Nach der Wahl muss die neue Bundesregierung einen neuen Entwurf einbringen, der nach Koalitionsverhandlungen erfahrungsgemäß erst in der ersten Hälfte 2022 rückwirkend zum Jahresanfang verabschiedet wird. Bis dahin kann der Bund seine Ausgabenverpflichtungen durch die vorläufige Haushaltsführung erfüllen. Dafür ist der nun vorgelegte Entwurf eine Grundlage.

Welche Koalition auch immer nach der Bundestagswahl die Regierung stellt und den Etatentwurf verändert - bereits jetzt ist klar, dass die im Grundgesetz festgelegte Schuldenlatte auch 2022 gerissen wird. Für die nun geplante Neuverschuldung müsste der Bundestag für ein drittes Jahr in Folge die Schuldenbremse außer Kraft setzen. Ihre Einhaltung ist im Entwurf ab 2023 vorgesehen. In der Finanzplanung bis 2025 klafft dazu aber laut Anschreiben für die Kabinettsbefassung noch eine Finanzlücke von rund 6,2 Milliarden Euro. Die als "finanzpolitischer Handlungsbedarf" umschriebene Lücke sei damit im Vergleich zu den Eckwerten verringert worden, als sie noch mit rund 20,1 Milliarden Euro beziffert wurde. Eingehalten werden könnte die Schuldenbremse zudem auch in dieser Planung nur, weil der Bund eine Rücklage von 48,2 Milliarden Euro auflöst.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Kleinkrieg“ um Lkw-Plätze: Autoclub kritisiert Überfüllung
15.06.2025

Auf und an Autobahnen in Deutschland fehlen viele tausend Lkw-Stellplätze – nach einer Kontrolle an Rastanlagen beklagt der Auto Club...

DWN
Politik
Politik Machtverschiebung in Warschau: Der Aufstieg der Nationalisten bringt Polen an den Abgrund
15.06.2025

In Polen übernimmt ein ultrakonservativer Präsident die Macht – während die liberale Regierung um Donald Tusk bereits ins Wanken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trotz US-Verboten finden chinesische Tech-Giganten Wege, um im KI-Rennen zu bleiben
14.06.2025

Die USA wollen Chinas Aufstieg im KI-Sektor durch Exportverbote für High-End-Chips stoppen. Doch Konzerne wie Tencent und Baidu zeigen,...

DWN
Technologie
Technologie Einsatz von Tasern: Diskussion um „Aufrüstung“ der Polizei
14.06.2025

Taser gelten als umstritten, nun will Innenminister Alexander Dobrindt damit die Bundespolizei ausrüsten. Kritik kommt von Niedersachsens...

DWN
Finanzen
Finanzen Dividendenstrategie: Für wen sie sich im Aktiendepot lohnen kann
14.06.2025

Mit einer Dividendenstrategie setzen Anleger auf regelmäßige Erträge durch Aktien. Doch Ist eine Dividendenstrategie sinnvoll, wie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Krisenmodus in der Industrie: Autohersteller weichen Chinas Regeln aus
14.06.2025

Weil China den Export kritischer Magnetstoffe drastisch beschränkt, geraten weltweite Lieferketten ins Wanken. Autohersteller suchen eilig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft H&M baut Milliardenhandel mit Secondhand-Mode aus
14.06.2025

H&M will das Image der Wegwerfmode abschütteln – mit gebrauchten Designerstücken mitten im Flagshipstore. Wird ausgerechnet Fast...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Atomkraftgegner fordern Ende der Uran-Geschäfte mit Kreml
14.06.2025

Atomkraftgegner wenden sich an die Bundesregierung: Sie fordern einen Stopp russischer Uranlieferungen nach Lingen. Auch die hybride Gefahr...