Finanzen

Ökonom: „Eine politisierte Energiewende und viel zu hohe Energiekosten beschädigen Europas Wohlstand“

Dem Ökonomen Daniel Lacalle zufolge bergen die hohen Energiekosten beträchtliche Risiken für Europas Wohlstand und industrielle Entwicklung.
29.06.2021 15:00
Aktualisiert: 29.06.2021 15:36
Lesezeit: 2 min
Ökonom: „Eine politisierte Energiewende und viel zu hohe Energiekosten beschädigen Europas Wohlstand“
Ein Monteur steht im neuen Photovoltaik-Park des Unternehmens Enerparc der offiziell in Betrieb genommen wird. Die Unternehmen Enerparc und die Deutschen Bahn haben einen Stromliefervertrag über jährlich 80 Gigawattstunden abgeschlossen. (Foto: dpa) Foto: Jens Büttner

Die im Vergleich zu anderen Weltregionen deutlich höheren Energiekosten sowie eine von der Politik und nicht von der Wirtschaft vorangetriebene Umstellung auf alternative Energiequellen bergen aus Sicht des Ökonomen Daniel Lacalle beträchtliche Risiken für den Wohlstand in Europa und die industrielle Entwicklung des Kontinents.

Neben demografischen Faktoren gebe es einen „besonders wichtigen Faktor, der gerne übersehen werde“, schreibt Lacalle. „Der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit der Eurozonen-Industrie infolge steigender und nicht wettbewerbsfähiger Strom- und Energiepreise.“

Die Strompreise für Privathaushalte in der Europäischen Union lagen zwischen 2010 und 2014 im Durchschnitt bei rund 240 US-Dollar pro Megawattsunde (MWh), während sie in den USA durchschnittlich bei knapp 120 US-Dollar/MWh oder weniger als die Hälfte der EU-Preise lagen Auch die Benzin- und Ölpreise waren im Durchschnitt im besagten Zeitraum in Europa doppelt so teuer wie in den USA. Dieser Trend habe sich seit dem Jahr 2014 noch verstärkt, so Lacalle.

Kostenkönig Deutschland

Die Subventionen für erneuerbare Energiequellen spielen in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. In Deutschland sind die Strompreise für Haushalte seit 2006 dramatisch gestiegen. Der Haushaltsstrom ist zwischen 2006 und 2019 um 57 Prozent teurer geworden, während das Land mehr als 150 Milliarden Euro in die Förderung erneuerbarer Energien investiert hat. Auffällig: der Anteil der reinen Energiekosten an den Stromrechnungen hierzulande beträgt nur etwa 23 Prozent der gesamten Rechnung - 21 Prozent jedoch entfallen auf die staatlichen EEG-Subventionen und 24 Prozent auf die Übertragungsdienstleistungen der Strom-, Öl- und Gasversorger.

Zwischen 2011 und 2020 stieg der Anteil von Steuern und Abgaben an den Energiedienstleistungen von rund 25 Prozent auf über 40 Prozent. In Deutschland erreicht der Wert 53 Prozent - übertroffen nur von Dänemark.

Lacalle weiter:

„Diese hohen Energiepreise für Unternehmen und Haushalte und die massiven Steuern und Fixkosten stellen eine Belastung für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit dar. Selbst in Deutschland, wo die Exportindustrien von den Abgaben für erneuerbare Energien befreit sind, bleibt der Unterschied zu den USA und China bei den Energiekosten zu hoch und lässt die meisten Industrien an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Energiekosten bis zu 30 Prozent aller Kosten einer Branche ausmachen können. Steigende Fixkosten in der Energierechnung bedeuten eine Belastung des Betriebskapitals für Unternehmen, die unweigerlich zu einer geringeren Schaffung von Arbeitsplätzen führt, da dies die beiden wichtigsten Kosten Energie und Arbeitskraft bei industriellen Herstellern sind.“

Abwanderung von Industrien?

Ein wichtiger negativer Faktor in Europa sind aus Lacalles Sicht die Kosten für CO2-Emissionen, einer versteckten Steuer, die Regierungen aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten erheben. Der Preis für CO2-Zertifikate ist auf Rekordhöhen gestiegen, da die Mitgliedstaaten die Emissionen der Zertifikate begrenzen und die Nachfrage nach den Papieren steigt. Diese Kosten werden direkt an die Verbraucher weitergegeben, während die Regierungen Milliarden von Euro aus dem Verkauf einsammeln. Da sich die europäischen Emissionssenkungsziele beschleunigen, wird diese versteckte Steuer wahrscheinlich Produzenten und Verbraucher noch stärker benachteiligen. Die Europäische Union verursacht etwa 9 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen, trägt jedoch 100 Prozent der Kosten, da die übrigen großen Volkswirtschaften den Verbrauchern keine so große Last auferlegen.

Lacalle schreibt:

„Diese Belastung der Wettbewerbsfähigkeit ist nicht nur ein negativer Faktor für die bestehenden Industrien, sondern ein Schlüsselelement bei der Entscheidung, diese in andere Länder zu verlagern. Nach politischen Gesichtspunkten gestaltete Strommärkte führen nicht nur zu einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union, sondern bremsen auch das Potenzialwachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen.

Es gibt nichts an einer saubereren Energiewende auszusetzen, wenn sie wettbewerbsfähig ist und nicht mehr negative als positive Effekte erzeugt. Das Problem in der Europäischen Union ist, dass die Energiewende politisch vorgegeben und nicht wettbewerbs- und technologiegetrieben ist. Fehlgeleitete Subventions- und Steuermaßnahmen haben zu höheren Fixkosten und höheren Preisen für die Verbraucher geführt. Statt staatlich manipulierter Energiemärkte wären ein offener Wettbewerb zwischen Erneuerbaren und Erdgas sowie technologische Innovationen bessere und günstigere Alternativen gewesen.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Positive Nachrichten für den XRP ETF: Moon Hash Automatic Income Plan

Analysten prognostizieren einen potenziellen Kurssprung bei XRP, der einen raschen Marktwechsel hin zur intelligenten...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Barzahlen wird zur Ausnahme: Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
15.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bauern protestieren gegen niedrige Butterpreise bei Lidl
15.12.2025

Mit Traktoren demonstrieren Landwirte in Baden-Württemberg gegen aus ihrer Sicht ruinöse Milch- und Butterpreise. Im Fokus der Kritik...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft KI revolutioniert Unternehmen: Wie Künstliche Intelligenz Verhandlungen effizienter macht
15.12.2025

Künstliche Intelligenz verändert zunehmend die Arbeitsweise in Unternehmensbereichen, in denen bislang menschliche Erfahrung dominierte....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verdi erhöht Druck auf Momox: Warnstreik in Leipzig geht weiter
15.12.2025

Im Tarifkonflikt beim Online- und Versandhändler Momox Services setzt die Gewerkschaft Verdi ihre Proteste fort. Für Montag und Dienstag...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Gipfel in Berlin: Wege zu einem möglichen Friedensschluss
15.12.2025

In Berlin könnten die Gespräche über ein Ende des Krieges in der Ukraine in eine entscheidende Phase treten. Die wichtigsten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU-Mercosur-Abkommen: DIHK fordert klare Unterstützung
15.12.2025

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer fordert die Bundesregierung auf, sich klar für das geplante Freihandelsabkommen mit den...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Falsches Signal zur falschen Zeit“: Ökonomen gegen Aufweichung des Verbrenner-Aus
15.12.2025

Die Abkehr vom Verbrenner-Aus könnte der deutschen Autoindustrie mehr schaden als nutzen. Führende Wirtschaftsexperten warnen davor, dass...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft dm startet Online-Apotheke: Drogeriekette verstärkt Engagement im Gesundheitsmarkt
15.12.2025

Die Drogeriemarktkette dm erweitert ihr Angebot auf dem Gesundheitsmarkt und bringt ab Dienstag rezeptfreie Medikamente online. Über die...