Deutschland

„Äußerst brutal“: Die nigerianische Mafia erobert Deutschland

Die nigerianische Mafia ist mit Abstand die brutalste kriminelle Organisation in Europa. Aktuell macht sie sich mit einer ungeheuren Geschwindigkeit in Deutschland breit. Der Bundesnachrichtendienst hatte die Politik im Jahr 2019 vor dieser Entwicklung gewarnt. Doch die Warnung blieb ungehört.
08.07.2021 20:00
Aktualisiert: 08.07.2021 20:00
Lesezeit: 2 min
„Äußerst brutal“: Die nigerianische Mafia erobert Deutschland
Die nigerianische Mafia ist besonders brutal. (Screenshot)

Eines der am schnellsten wachsenden kriminellen Netzwerke in Europa ist die nigerianische Mafia, die ihre Aktivitäten auf dem gesamten Kontinent verbreitet. Sie besteht aus rivalisierenden Gruppen mit Namen wie „Black Axe“, „Vikings“ und „Maphite“. In ganz Deutschland ist ein heimtückischer Trend zu beobachten: Immer mehr junge Frauen aus Nigeria werden in die Prostitution verschleppt. Es ist eines der lukrativsten Geschäftsmodelle des organisierten Verbrechens, aber die Rädelsführer werden selten gefasst. In den Rotlichtvierteln deutscher Städte floriert das Geschäft - ebenso wie der Handel mit jungen nigerianischen Frauen. Jedes Jahr werden mehr junge Frauen aus dem westafrikanischen Land nach Deutschland geschmuggelt und zur Prostitution gezwungen.

Im Allgemeinen sind Mädchen und Frauen, die Opfer von Menschenhandelsnetzwerken werden, aufgrund ihrer Umstände bereits gefährdet. Denn oft sind sie Kinder von Alleinerziehenden oder Waisen, sagt Barbara Wellner von Solwodi, einer deutschen gemeinnützigen Organisation für Frauenhandel.

Junge nigerianische Mädchen und Frauen in gefährdeten Situationen sind für Menschenhändler eine leichte Beute. Die Person, die anbietet, ihnen zu „helfen“, ist oft ein Verwandter oder ein Freund der Familie, so Wellner. Aber „Hilfe“ bedeutet, über ein kriminelles Netzwerk, das von einer nigerianischen „Frau“ kontrolliert wird, in eine Falle zu geraten. Dem Opfer wird zunächst gesagt, dass es viel Geld bezahlen muss, um nach Europa zu geschmuggelt zu werden. In Europa angekommen, wird das Opfer dann zur Prostitution gezwungen, um seine Schulden abzubezahlen.

Mehr als 20.000 nigerianische Frauen haben in den vergangenen Jahren das Mittelmeer nach Italien überquert. Die UNO schätzt, dass rund 80 Prozent in der Prostitution gelandet sind. Für die meisten von ihnen endet die Reise nach Europa auf den Straßen am Stadtrand von Rom oder Verona.

Dem jüngsten Trend zufolge bringen Schmuggler und Menschenhändler jedoch immer mehr Menschen nach Deutschland. Dafür gibt es mindestens zwei mögliche Gründe: Erstens ist organisierte Prostitution in Bordellen in Deutschland legal. Laut Solwodi haben die 2017 reformierten liberalen Prostitutionsgesetze Deutschlands das Land zum „Bordell Europas“ gemacht.

Zweitens tut Deutschland nicht genug, um die Menschenhändler aufzuhalten, obwohl die Behörden angeben, größere Anstrengungen zu unternehmen. 2019 wurde beispielsweise eine nigerianische Frau in Duisburg zu fünf Jahren Haft verurteilt. Das BKA veröffentlicht jedes Jahr die Zahlen zum Menschenhandel. In dem Bericht für 2018 wird darauf hingewiesen, dass 61 nigerianische Opfer identifiziert wurden. Deutschland war auch Teil des EU-weiten Projekts ETUTU, das mit nigerianischen Behörden zusammenarbeitete, um gegen internationale nigerianische Handelsnetze vorzugehen.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) warnte im Februar 2019 davor, dass sich in Deutschland die nigerianische Mafia allmählich breit macht. Es gehe nach Angaben des Spiegels vor allem um die Gruppen „Supreme Eiye Confraternity und Black Axe”, die auch in Italien aktiv sind. Der Spiegel wörtlich: „Der starke Zuzug nigerianischer Asylbewerber, die vermehrt aus Italien in die Bundesrepublik einreisten, werde zu einem Aufwuchs der ,äußerst brutal agierenden nigerianischen Strukturen der organisierten Kriminalität führen’, heißt es in dem Geheimdienstpapier unter Berufung auf eigene Erkenntnisse und die anderer Sicherheitsbehörden.”

In Italien würden sich derzeit 100.000 Nigerianer befinden, die den Weg nach Deutschland einschlagen möchten. Dem BND zufolge würden sich unter ihnen „sehr viele Opfer von Menschenhändlern, die den Kriminellen hohe Profite bescheren“ befinden. Bemerkenswert ist auch die Feststellung des deutschen Auslandsnachrichtendiensts, dass die nigerianische Mafia sich mittlerweile auf Augenhöhe mit der italienischen Mafia befindet.

Die „Deutsche Welle“ führte am 27. Juni 2021 aus: „Tausende Nigerianerinnen werden in Italien zur Prostitution gezwungen. Drahtzieher ist die nigerianische Mafia. Insider warnen vor der Gefahr, die von dieser ,neuen Mafia' ausgehe, die mit den italienischen Clans vernetzt sei.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...

DWN
Politik
Politik Steuern, Deutschlandticket, Musterung – die Änderungen 2026 im Überblick
27.12.2025

2026 bringt spürbare Änderungen bei Lohn, Rente, Steuern und Alltag. Manche Neuerungen entlasten, andere verteuern Mobilität oder...

DWN
Panorama
Panorama Keine Monster, keine Aliens: Prophezeiungen für 2025 erneut widerlegt
27.12.2025

Düstere Visionen und spektakuläre Vorhersagen sorgen jedes Jahr für Schlagzeilen – doch mit der Realität haben sie meist wenig zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Mail-Betrug im Mittelstand: Die unterschätzte Gefahr im Posteingang – und welche Maßnahmen schützen
27.12.2025

E-Mail-Betrug verursacht im Mittelstand mehr Schäden als Ransomware. Stoïk, ein auf Cybersecurity spezialisiertes Unternehmen, zeigt,...

DWN
Technologie
Technologie China überholt Europa: Wie europäische Energieprojekte den Aufstieg befeuerten
27.12.2025

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zum Aufbau der chinesischen Industrie beigetragen, ohne die langfristigen Folgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...