Die US-Regierung erhöht den Druck auf die in Hongkong tätigen US-Unternehmen und Banken. Wer sich nicht an die politischen Vorgaben aus Washington halte, muss demnach künftig damit rechnen, zum Ziel von Strafmaßnahmen zu werden.
Wie die Financial Times berichtet, wird die US-Regierung die offizielle Warnung am Dienstag veröffentlichen. Offenbar, so die FT, bestehe aus Sicht der US-Regierung Handlungsbedarf, weil viele amerikanische Unternehmen die Möglichkeit, ins Fadenkreuz der eigenen Regierung zu geraten, bislang nicht ernst genug genommen hätten.
Grundlage für die Sanktionen bildet ein Gesetz, das amerikanische und faktisch auch alle anderen Firmen zwingen soll, keine Vorprodukte aus der westchinesischen Provinz Xinjiang in ihren Lieferketten mehr zu verwenden. Die US-Regierung wirft Peking vor, dort zehntausende Uiguren in Lagern zur Zwangsarbeit zu zwingen. Die chinesische Regierung widerspricht den Behauptungen und verweist auf laufende Programme zur „De-Radikalsierung“ der muslimischen Uiguren.
Interessanterweise bezeichnet auch Saudi-Arabien, das Heimstätte der heiligsten Stätten des Islams ist, die Vorwürfe aus den USA als Lüge und rein geopolitisch motiviert. „Saudi-Arabien unterstützt Chinas legitime Position bei den Fragen rund um Xinjiang und Hongkong nachhaltig, lehnt jegliche unter Vorwänden getätigte Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas ab und weist die Versuche verschiedener Seiten zurück, Unfriede zwischen China und der islamischen Welt zu säen“, sagte Kronprinz Mohammed bin Salman Anfang April.
„Das Ziel der Ermahnung besteht darin, daran zu erinnern, dass man das amerikanische Recht verletzt, wenn man weiterhin an solchen Lieferketten festhält“, wird ein namentlich nicht genannter Beamter zitiert. „Wir wollen der Business Community klar sagen, dass sie sich des wirtschaftlichen und legalen sowie des Risikos für ihren guten Ruf bewusst sein sollten, wenn sie mit Entitäten Geschäfte machen, die in Menschenrechtsverletzungen verwickelt sind.“
Dem von der FT zitierten Beamten zufolge herrschten in der US-Regierung Meinungsverschiedenheiten darüber, ob eine Verstärkung der Drohkulisse gegen US-Unternehmen in Hongkong angesichts der herausragenden Bedeutung der Metropole als Finanz- und Handelszentrum für ganz Ostasien der richtige Weg sei oder ob man damit nicht die amerikanische Präsenz in der Sonderverwaltungszone schwäche. Am Ende hätten sich jedoch jene Kräfte durchgesetzt, die auf harte Maßnahmen setzen. Biden werde zudem in den kommenden Tagen weitere Sanktionen gegen chinesische Institutionen im Zusammenhang mit der Xinjiang-Frage verhängen, sagen Beobachter.
Hintergrund: Hongkong als Hebel im Feldzug gegen China
Der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong fällt im Rahmen der seit Präsident Donald Trump geführten politischen und wirtschaftlichen Kampagne gegen China eine bedeutende Funktion zu.
Hongkong gehört zu China, verfügt aber noch bis zum Jahr 2047 über eine Unabhängigkeit von Peking in Bereichen wie Polizei und innere Sicherheit, Zoll und Handel, Rechtssystem und Geldpolitik, welche die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien mit China im Zuge der Rückgabe 1997 ausgehandelt hatte. Als Finanz- und Handelszentrum von weltweiter Bedeutung stellt es auch heute noch für die Chinesen das „Tor zur Welt“ dar - der strategisch betriebene Aufbau von alternativen Standorten wie Schenzhen (Börsenplatz, Metropole der chinesischen Hochtechnologie, bedeutender Hafen) in Südchina oder Schanghai (Börsenplatz, Goldhandel, bedeutender Hafen) im Osten des Landes konnte daran bisher nichts Grundlegendes ändern.
Massive und über Monate andauernde Proteste gegen ein umstrittenes und relativ rasch zurückgenommenes Auslieferungsgesetz veranlassten Peking schließlich, ein Sicherheitsgesetz zu erlassen, um bestimte Zugriffsrechte in Hongkong zu sichern, wenn die „nationale Sicherheit“ aus Sicht der chinesischen Regierung bedroht sei. Peking machte für die ausufernde Gewalt und die zunehmend politisierten Forderungen vieler Demonstranten nach Unabhängigkeit nicht zuletzt auch ausländische Kräfte verantwortlich. Inwieweit diese Vorwürfe berechtigt sind lässt sich nicht überprüfen, wahrscheinlich ist aber, dass sich die Arbeit ausländischer Geheimdienste in Hongkong - allen voran der amerikanischen und britischen - seit der Einführung des Sicherheitsgesetzes im vergangenen Jahr erschwert haben dürfte.
Es bleibt abzuwarten, welche konkrete politische Wirkung die US-Regierung mit der Ermahnung der in Hongkong aktiven amerikanischen Geschäftsinteressen entfalten kann. Sicher ist nur, dass sie der von Trump lancierten wirtschaftlichen Abkopplung der USA (und eventuell ihrer Verbündeter) von China und der politischen Entfremdung beider Seiten voneinander weiter Vorschub leisten wird. Die Verlierer der ökonomischen Abkopplung werden in jedem Fall aber jene amerikanischen Banken und Unternehmen sein, die von ihrem Standbein Hongkong aus in Ostasien Geschäfte machen wollen. Ihre Zukunft sieht ohnehin düster aus, weil in den USA inzwischen ein umfangreiches Gesetzeswerk verabschiedet wurde, welches die Konkurrenz der USA zu China auf zahlreichen Ebenen festschreiben soll.