Deutschland

Deutsche Startups erhalten so viel Geld wie nie zuvor

Deutsche Startups haben im ersten Halbjahr so viel frisches Kapital erhalten wie noch nie. Doch der Boom konzentriert sich auf wenige Regionen.
14.07.2021 11:44
Aktualisiert: 14.07.2021 11:44
Lesezeit: 2 min

Erst ein Dämpfer in der Corona-Krise, nun die rasante Erholung: Deutsche Start-ups haben im ersten Halbjahr einen Geldregen erlebt. Junge Unternehmen erhielten die Rekordsumme von 7,6 Milliarden Euro von Investoren - dreimal so viel wie im Vorjahreszeitraum und mehr als im Gesamtjahr 2020. Auch die Zahl der Finanzierungsrunden stieg kräftig um 62 Prozent auf 588, wie die Beratungsgesellschaft EY errechnete. Demnach bekamen im ersten Halbjahr so viele Start-ups frisches Geld wie noch nie zuvor.

Im vergangenen Jahr hatte die Pandemie den Aufschwung der Start-up-Branche kräftig gebremst und die Geschäfte junger Unternehmen erschwert, auch wenn das zunächst befürchtete Gründersterben ausblieb. «In diesem Jahr sehen wir ebenfalls einen Corona-Effekt, allerdings in die umgekehrte Richtung: Finanzierungsaktivitäten und -summen explodieren», erklärte EY-Partner Thomas Prüver zu der am Mittwoch veröffentlichten Studie von Mittwoch. «Vor allem aber fließen inzwischen Summen in einzelne Jungunternehmen, die vor einigen Jahren undenkbar gewesen wären.»

So kletterte die Zahl der Transaktionen mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Euro von 2 auf 15, zeigt die EY-Analyse. Die Zahl der mittelgroßen Finanzierungsrunden zwischen 50 und 100 Millionen Euro verdoppelte sich zudem auf 16.

Zum einen sei viel Liquidität im Markt, die im Niedrigzinsumfeld angelegt werden müsse, erklärte Prüver. Zum anderen erkenne der Markt völlig neue Perspektiven für innovative Technologiefirmen. «Die Digitalisierung hat im Pandemiejahr einen riesigen Schritt nach vorn gemacht hat.» Neue Geschäftsmodelle würden mit anderen Augen gesehen.

Start-ups sind auf Geld von Investoren angewiesen, da sie in aller Regel anfangs keine Gewinne schreiben. Fonds und große Firmen stecken Kapital in verheißungsvolle Firmen in der Hoffnung, dass sich deren Geschäftsideen durchsetzen und ihnen üppige Profite bescheren. Start-ups gelten als wichtiger Innovationstreiber für die Wirtschaft.

Die Corona-Krise hatte die Pläne vieler Existenzgründer zunichte gemacht. 2020 wagten nach Daten der staatlichen Förderbank KfW etwa 537 000 Menschen den Sprung in Selbstständigkeit und damit gut 11 Prozent weniger als im Vorjahr.

Wie schon in den vergangenen Jahren floss das meiste Geld in die Start-up-Hochburg Berlin. Gründer aus der Hauptstadt sammelten allein 4,1 Milliarden Euro ein und damit mehr als dreimal so viel wie im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Finanzierungsrunden in Berlin kletterte um 74 Prozent auf 263. Auf Rang zwei folgte Bayern mit frischen Investitionen von 2,5 Milliarden Euro (Vorjahreszeitraum 773). Die Zahl der Finanzierungsrunden stieg um 43 Prozent auf 120.

Berlin und Bayern stehen damit zusammen für 65 Prozent aller Finanzierungsrunden und 87 Prozent des in Deutschland investierten Kapitals. «Gerade die ganz großen Deals finden in erster Linie in Berlin und Bayern statt», stellte EY fest. Sie seien auch international die sichtbarsten deutschen Start-up-Standorte. Andere Bundesländer verzeichneten zwar ebenfalls kräftige Zuwächse, konnten aber gerade bei großen Deals nicht mithalten - trotz großer Mühen in vielen Regionen, die Start-up-Branche zu stärken.

Zum Vergleich: Auf Berlin mit 4,1 Milliarden Euro eingeworbenem Geld und Bayern (2,5 Milliarden) folgen mit riesigem Abstand Baden-Württemberg (307 Millionen), Nordrhein-Westfalen (171 Millionen) und Sachsen (134 Millionen).

Die größten Summen im ersten Halbjahr flossen an das Münchner Software-Unternehmen Celonis (830 Millionen Euro), gefolgt vom Berliner Online-Broker Trade Republic (747 Millionen), dessen App zum Wertpapierhandel in der Pandemie einen Boom erlebte. Danach kommen das Versicherungs-Start-up Wefox, Flixbus (je 539 Millionen) und der Lieferdienst für Lebensmittel und Supermarktwaren Gorillas (241 Millionen).

Mehr zum Thema: Deutsche Fintechs sammeln bei Investoren Rekordsummen ein

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der XRP-ETF-Markt steht vor einem bedeutenden Wandel: Bereitet er den Weg für ein herausragendes Jahr 2026?

Der Kryptowährungsmarkt steht erneut vor einem potenziellen Wendepunkt. Während Bitcoin und Ethereum im Fokus institutioneller Anleger...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU-Parlament macht Weg für Verzicht auf russisches Gas frei
17.12.2025

Die EU steuert auf einen harten Schnitt zu: Spätestens 2027 soll Schluss sein mit russischem Gas. Doch Ausnahmen, LNG und der Streit mit...

DWN
Politik
Politik Aus Bürgergeld wird Grundsicherung: Kabinett schickt mehrere Reformen auf die Strecke
17.12.2025

Letzte Kabinettsrunde vor Weihnachten: Von Grundsicherung über Rente bis Kurzarbeitergeld treibt die Regierung mehrere Reformen an. Auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bank bringt den Wero-Bezahldienst zu Millionen Kunden
17.12.2025

Der Wero-Bezahldienst erreicht jetzt Millionen Bankkunden: Deutsche Bank und Postbank schalten den vollen Funktionsumfang frei. Europa...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Eurozone: Inflation im November bei 2,1 Prozent
17.12.2025

Die Eurozone-Inflation wirkt auf den ersten Blick stabil – doch eine neue Eurostat-Schätzung verändert den Blick auf den November. Auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Steve Jobs und die Zukunft der Führung: Warum Chefs jetzt umdenken müssen
17.12.2025

Der Mittelstand arbeitet noch nach Regeln von gestern – doch die Herausforderungen von heute lassen sich damit kaum lösen. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutschland: Ifo-Index schwach – Jahr endet ohne Aufbruchsstimmung
17.12.2025

Der Ifo-Index sendet zum Jahresende ein klares Warnsignal für Deutschlands Wirtschaft. Sinkende Erwartungen, enttäuschte Hoffnungen und...

DWN
Panorama
Panorama DHL-Betrugsmasche: Wie Kriminelle die Vorweihnachtszeit und das Paketchaos ausnutzen
17.12.2025

In der Vorweihnachtszeit nutzen Kriminelle das Paketchaos aus, um sich mit der sogenannten DHL-Betrugsmasche zu bereichern. Gefälschte...

DWN
Finanzen
Finanzen KNDS-IPO: Börsengang des deutsch-französischen Panzerherstellers rückt wohl näher
17.12.2025

Der KNDS-IPO nimmt konkrete Formen an: Doppelnotierung, Milliardenbewertung und klare Abgrenzung zu Rheinmetall prägen die Debatte....