Politik

Ruhe vor den Bundestagswahlen? Zur angeblich bevorstehenden Einigung bei Nord Stream 2

Lesezeit: 2 min
20.07.2021 10:00
„Die USA und die Bundesregierung dürften Insidern zufolge in den kommenden Tagen eine Einigung im Streit über die Pipeline Nord Stream 2 bekanntgeben“, meldet Reuters. Doch die „Insider“ sind wohl Teil einer Desinformationskampagne. Von einer Einigung kann keine Rede sein – eher von einer „Stilllegung“ des Streits bis zu den Bundestagswahlen.
Ruhe vor den Bundestagswahlen? Zur angeblich bevorstehenden Einigung bei Nord Stream 2
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU, l) hört zu während US-Präsident Joe Biden bei einer Pressekonferenz im Weißen Haus spricht. (Foto: dpa)

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Reuters meldete am Abend des 19. Juli 2021:

„Die USA und die Bundesregierung dürften Insidern zufolge in den kommenden Tagen eine Einigung im Streit über die Pipeline Nord Stream 2 bekanntgeben. ,Es sieht gut aus‘, sagte eine der mit dem Vorgang vertrauten Personen am Montag zu den laufenden Verhandlungen. ,Wir erwarten, dass diese Gespräche in den nächsten Tagen zu einer Lösung führen werden.‘ Eine zweite Person sagte, damit würde ein Inkrafttreten der gegenwärtig ausgesetzten US-Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG verhindert. Den Angaben zufolge sollen als Teil der Abmachung größere Investitionen beider Länder in die Ukraine erfolgen, um etwa die Energie-Sicherheit dort zu verbessern. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten bei ihren Treffen in der vergangenen Woche ihre Differenzen zu dem milliardenschweren Projekt nicht überbrückt. Die Pipeline soll mehr russisches Gas nach Westeuropa transportieren. Die USA sehen darin eine Bedrohung für Europa, die Bundesregierung weist dagegen Warnungen vor einer zu großen Energieabhängigkeit von Russland zurück. Der Chef der Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, hat erklärt, das Projekt solle Ende August fertig sein. Ziel sei es, die Leitung noch in diesem Jahr in Betrieb zu nehmen. Die Ukraine befürchtet dann Nachteile als bisheriges Transitland für russisches Erdgas.“

Ruhe vor den Bundestagswahlen?

Es ist völlig ausgeschlossen, dass die USA und Deutschland sich in der Frage um Nord Stream 2 einigen. Vielmehr schaut es danach aus, als ob Kanzlerin Angela Merkel US-Präsident Joe Biden in Washington darum gebeten hat, dass der Streit bis zu den Bundestagswahlen „stillgelegt“ wird. Die US-Regierung dürfte dieser Forderung nachgekommen sein, weil die aktuelle Bundesregierung ohnehin abtreten wird. Merkel will wiederum so kurz vor den Wahlen einen weiteren Gesichtsverlust verhindern.

Die strategischen Ziele der USA in Europa werden sich nicht ändern. Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Präsident der USA Biden, Trump oder Mickey Mouse heißt. In der Frage um Nord Stream 2 ist es auch völlig egal, ob die Republikaner oder die Demokraten die beiden US-Kammern dominieren.

Der umstrittene US-Geopolitiker George Friedman kritisiert in einem Interview mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten den Umgang der Bundesregierung mit Nord Stream 2. „Dieses Projekt steht nicht im Einklang mit der Mission der NATO, und Deutschland ist Mitglied der NATO. Die Bundesregierung geht jedoch davon aus, dass der Preis nicht so hoch sein wird. Wir werden sehen, ob der Preis ,nicht so hoch‘ sein wird“, meint er.

Ein hochrangiger US-Regierungsbeamter hatte zudem im Dezember 2020 gesagt, dass niemals russisches Gas über nach Nord Stream 2 nach Deutschland fließen werde.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...