Finanzen

Aktien von britischem Weltkonzern brechen ein

Letzte Woche brach der Börsenwert eines britischen Weltkonzerns ein. DWN-Börsenspezialist Andreas Kubin analysiert das Geschehen.
03.08.2021 09:00
Lesezeit: 3 min
Aktien von britischem Weltkonzern brechen ein
Schon einmal hatte der Konzern große Schwierigkeiten: Im Jahr 2016 wurde er in Korea verklagt, nachdem eine Reihe seiner Produkte mehr als 100 Menschen das Leben gekostet hatte. (Foto: dpa) Foto: Yonhap

Die Eckdaten zur Performance des Unternehmens im ersten Halbjahr 2021, direkt den „Reckitt Benckiser Investor Relations“ entnommen:

Der LFL-Nettoumsatz (LFL ist das um Neu-Akquisen und Bereichsverkäufe bereinigte Wachstum – Anm. d. Red.) ohne den Bereich „Baby- und Kinder-Nahrung China“ (IFCN China) stieg im ersten Halbjahr um 3,7 Prozent, und das zweijährige Wachstum des LFL-Nettoumsatzes im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 betrug 17,6 Prozent. Einschließlich IFCN China betrug das zweijährige Wachstum des LFL-Nettoumsatzes im Vergleich zum ersten Halbjahr 2019 13,4 Prozent.

Die bereinigte operative Marge (ohne IFCN China) lag im ersten Halbjahr 2021 bei 22,7 Prozent (erstes Halbjahr 2020: 25,1 Prozent). Die Marge einschließlich IFCN China lag bei 21,6 Prozent, was einem Rückgang von 290 Basispunkten entspricht, der auf geplante Investitionen, Kosteninflation und einen ungünstigen Margenmix zurückzuführen ist.

Es ist ein Nettoverlust von 2,4 Milliarden Pfund zu verzeichnen, aufgrund der Vereinbarung zum Verkauf von IFCN China; ein operativer Verlust von 3,0 Milliarden Pfund, ausgeglichen durch eine Nettosteuergutschrift von 0,6 Milliarden Pfund (0,9 Milliarden Pfund latente Steuergutschrift, ausgeglichen durch eine Steuerbelastung von 0,3 Mrd. Pfund); ein freier Cashflow (free cash flow) von 520 Millionen Pfund im ersten Halbjahr 2021, was einem Rückgang von 72,7 Prozent aufgrund der teilweisen Auflösung des Betriebskapitalvorteils im Jahr 2020 entspricht; sowie eine Nettoverschuldung von 9.084 Pfund bis 30. Juni 2021.

Baby- und Kinder-Nahrung (IFCN)

Reckitt Benckiser verkauft für 1,3 Milliarden Dollar in cash den Bereich „IFCN“ an die chinesische „Primavera Capital Group“ und erhält darüber hinaus eine exklusive Lizenz für die Marken „Mead Johnson“ und „Enfa“ in China.

Eine Bekanntmachung in der ersten Juni-Hälfte 2021 durch die Reckitt Benckiser-Gruppe offenbarte eine Unterzeichnung über den Verkauf ihres Geschäftsbereichs IFCN an die chinesische Private-Equity-Gesellschaft „Primavera Capital Group“ für 2,2 Milliarden Dollar. Nach Abschluss der Transaktion wird Primavera eine exklusive, lizenzfreie Lizenz für die Marken „Mead Johnson“ und „Enfa“ (einschließlich „Enfinitas“, „Enfamil“ und „Enfagrow“) in China erhalten. Die Transaktion selbst soll in der zweiten Jahreshälfte 2021 über die Bühne gehen.

Das Debakel an dem „IFCN“-Deal

Reckitt Benckiser rechnet mit einem Nettoverlust von 2,5 Milliarden Pfund (2,923 Milliarden Euro) aus der Veräußerung, der hauptsächlich auf die Neubewertung des Firmenwerts und der immateriellen Vermögenswerte zurückzuführen ist.

In einer am 27. Juli veröffentlichten Studie hat die US-Bank JPMorgan das Kursziel für Reckitt Benckiser nach Halbjahreszahlen von 9000 auf 8500 Pence gesenkt. Die Einstufung wurde jedoch auf "Overweight" belassen. Sowohl das erste Halbjahr als auch die Gesamtjahresziele seien insgesamt enttäuschend, schrieb Analystin Celine Pannuti.

Reckitt Benckiser sagte, dass Marken wie Finish, Airwick, Harpic und Veet, die zusammen etwa 70 Prozent des Umsatzes ausmachen, zwar wachsen, aber mit geringeren Raten als im letzten Jahr, während Marken wie Durex, Vanish und Nurofen mit der Normalisierung der Marktbedingungen wieder wachsen.

Ein kurzfristiger Ausblick

Gleichwohl die Pandemie den Umsatz von Reckitt Benckiser im vergangenen Jahr auf ein Rekordniveau hob, gibt es unübersehbare Anzeichen dafür, dass die Dynamik abnimmt.

Der flächenbereinigte Umsatz stieg in den drei Monaten bis zum 30. Juni um 2,2 Prozent (ohne das IFCN-Geschäft in China) und lag damit unter dem von Analysten erwarteten Wachstum von 2,3 Prozent, wie das Unternehmen in einer Umfrage mitteilte.

Das Unternehmen geht davon aus, dass der flächenbereinigte Umsatz im dritten Quartal geringer ausfallen wird als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Es wird jedoch erwartet, dass die Umsätze im vierten Quartal anziehen werden, angeführt von Erkältungs- und Grippemitteln wie Mucinex und Strepsils. Reckitt Benckisers Vorhersagen in Sachen operative Margen im Jahr 2021: 22,7 Prozent statt, wie ursprünglich erwartet, 23,2 Prozent (2020 waren es noch 23,6 Prozent gewesen).

Dennoch gab es bereits am 28. Juli, also nur einen Tag, nachdem die Aktie stark gefallen war, zuversichtliche Einstufungen seitens maßgeblicher Analysten:

Berenberg stuft Reckitt Benckiser auf „kaufen“, genauso UBS. Barclays sagt „positiv“, Credit Suisses Einschätzung lautet gar „outperform“.

Fazit: Dieser IFCN-Deal hat eine heftige, tiefe Kerbe in den Kennzahlen hinterlassen – hoffentlich hat das Management daraus gelernt. Das langfristige Kerngeschäft bleibt jedoch intakt. Der bereits investierte - mittelfristig oder langfristig orientierte – Investor bleibt, sofern er nicht vor dem 27. Juli ausgestiegen ist, natürlich weiterhin Long.

Haftungsausschluss: Der Autor dieses Artikels ist mit seinem Privatvermögen bereits jahrelang in Reckitt Benckiser-Aktien investiert. Dieser Artikel stellt keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers dar. Die Auswahl erfolgte nach objektiven Gesichtspunkten - überwiegend nach Fundamentalanalysen etc. Sämtliche Einschätzungen stützen sich auf allgemein zugängliche Informationen und Daten, die als zuverlässig einzuschätzen sind. Der Autor übernimmt für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen keine Haftung.

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Andreas Kubin lebt in Oberösterreich, hat ein MBA mit Schwerpunkt "Finanzen" und verfügt über drei Jahrzehnte Börsen-Erfahrung. 
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