Eine klimafreundliche Alternative zum üblichen Zement haben Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) entwickelt. Sie verwenden für die Herstellung der neuen Zement-Art Belterra-Lehm - ein Nebenprodukt aus der Bauxitförderung, für das man bislang keine Verwendung hatte. Wenn man den Lehm als Rohstoff bei der Herstellung von Zement nutzt, lässt sich der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid um bis zu zwei Drittel senken. Gleichzeitig ist der alternative Zement genauso stabil wie die bisherigen Produkte.
Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Sustainable Materials and Technologies" veröffentlicht.
"Belterra-Lehm - die bis zu 30 Meter dicke Tonschicht bedeckt die Bauxitlagerstätten im Tropengürtel der Erde, beispielsweise im Amazonasbecken", sagt Professor Herbert Pöllmann vom Institut für Geowissenschaften und Geographie der MLU. "Sie enthält genügend aluminiumhaltige Minerale für eine gute Qualität, ist in großen Mengen verfügbar und kann ohne zusätzliche Behandlung verarbeitet werden." Weiterer Pluspunkt: Der Belterra-Lehm werde ohnehin bewegt und müsse für die Zementherstellung nicht extra erschlossen werden, so Pöllmann.
Damit machen die Wissenschaftler einen wichtigen Schritt, um die Klimaschädlichkeit der Zementindustrie zu verringern. Schon seit Jahren wird an Alternativen zu den bisherigen Produktionsmethoden geforscht. Denn die Branche ist für acht Prozent des weltweiten Emissionsausstoßes verantwortlich und damit besonders schädlich für die Umwelt.
Das Problem: Ohne diesen Wirtschaftszweig funktioniert die gesamte Ökonomie nicht. Wohnhäuser, Fabrikhallen, Treppen, Brücken, Staudämme - all das könnte ohne Zement nicht gebaut werden. Und dies drückt sich auch in den Zahlen aus: So wurden Schätzungen zufolge im Jahr 2020 weltweit knapp sechs Milliarden Tonnen Zement produziert.
"Bei der klassischen Produktion von Zement werden verschiedene Rohstoffe, unter anderem Kalkstein, zu sogenanntem Klinker gebrannt", erklärte Professor Herbert Pöllmann vom Institut für Geowissenschaften und Geographie der MLU. "Dabei wird Calciumcarbonat in Calciumoxid umgewandelt und eine Menge Kohlenstoffdioxid freigesetzt", so der Wissenschaftler.
Ganz ohne Calciumcarbonat funktioniert die Zementherstellung auch weiterhin nicht, doch immerhin 50 bis 60 Prozent des kohlensauren Kalks können durch Belterra-Lehm ersetzt werden. Das Verfahren hat noch einen weiteren umweltrelevanten Vorteil: Für den Brennprozess sind 1.250 Grad Celsius ausreichend - 200 Grad weniger als beim üblichen Zement. Pöllmann: "Unsere Methode setzt also nicht nur bei der chemischen Umwandlung weniger CO2 frei, sondern auch beim Beheizen der Drehöfen." Durch die Kopplung dieser Effekte kann die CO2-Emission bei der Zementherstellung um bis zu zwei Drittel reduziert werden.
In aufwändigen Labor-Untersuchungen konnten die Mineralogen nachweisen, dass ihr alternativer Zement allen Qualitätsanforderungen gerecht wird, die auch an den klassischen Zement gestellt werden. In weiteren Forschungsprojekten soll nun untersucht werden, ob es auch in Deutschland Abraumquellen gibt, die sich für die Zementproduktion eignen.