Technologie

Deutsche Forscher entwickeln klimafreundlichen Zement: Eine Revolution für die ganze Branche?

Die Zementbranche hat einen besonders hohen Ausstoß von Kohlendioxid. Jetzt ist deutschen Wissenschaftlern etwas ganz Besonderes gelungen.
21.08.2021 09:33
Aktualisiert: 21.08.2021 09:33
Lesezeit: 2 min

Eine klimafreundliche Alternative zum üblichen Zement haben Forscher der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) entwickelt. Sie verwenden für die Herstellung der neuen Zement-Art Belterra-Lehm - ein Nebenprodukt aus der Bauxitförderung, für das man bislang keine Verwendung hatte. Wenn man den Lehm als Rohstoff bei der Herstellung von Zement nutzt, lässt sich der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid um bis zu zwei Drittel senken. Gleichzeitig ist der alternative Zement genauso stabil wie die bisherigen Produkte.

Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Sustainable Materials and Technologies" veröffentlicht.

"Belterra-Lehm - die bis zu 30 Meter dicke Tonschicht bedeckt die Bauxitlagerstätten im Tropengürtel der Erde, beispielsweise im Amazonasbecken", sagt Professor Herbert Pöllmann vom Institut für Geowissenschaften und Geographie der MLU. "Sie enthält genügend aluminiumhaltige Minerale für eine gute Qualität, ist in großen Mengen verfügbar und kann ohne zusätzliche Behandlung verarbeitet werden." Weiterer Pluspunkt: Der Belterra-Lehm werde ohnehin bewegt und müsse für die Zementherstellung nicht extra erschlossen werden, so Pöllmann.

Damit machen die Wissenschaftler einen wichtigen Schritt, um die Klimaschädlichkeit der Zementindustrie zu verringern. Schon seit Jahren wird an Alternativen zu den bisherigen Produktionsmethoden geforscht. Denn die Branche ist für acht Prozent des weltweiten Emissionsausstoßes verantwortlich und damit besonders schädlich für die Umwelt.

Das Problem: Ohne diesen Wirtschaftszweig funktioniert die gesamte Ökonomie nicht. Wohnhäuser, Fabrikhallen, Treppen, Brücken, Staudämme - all das könnte ohne Zement nicht gebaut werden. Und dies drückt sich auch in den Zahlen aus: So wurden Schätzungen zufolge im Jahr 2020 weltweit knapp sechs Milliarden Tonnen Zement produziert.

"Bei der klassischen Produktion von Zement werden verschiedene Rohstoffe, unter anderem Kalkstein, zu sogenanntem Klinker gebrannt", erklärte Professor Herbert Pöllmann vom Institut für Geowissenschaften und Geographie der MLU. "Dabei wird Calciumcarbonat in Calciumoxid umgewandelt und eine Menge Kohlenstoffdioxid freigesetzt", so der Wissenschaftler.

Ganz ohne Calciumcarbonat funktioniert die Zementherstellung auch weiterhin nicht, doch immerhin 50 bis 60 Prozent des kohlensauren Kalks können durch Belterra-Lehm ersetzt werden. Das Verfahren hat noch einen weiteren umweltrelevanten Vorteil: Für den Brennprozess sind 1.250 Grad Celsius ausreichend - 200 Grad weniger als beim üblichen Zement. Pöllmann: "Unsere Methode setzt also nicht nur bei der chemischen Umwandlung weniger CO2 frei, sondern auch beim Beheizen der Drehöfen." Durch die Kopplung dieser Effekte kann die CO2-Emission bei der Zementherstellung um bis zu zwei Drittel reduziert werden.

In aufwändigen Labor-Untersuchungen konnten die Mineralogen nachweisen, dass ihr alternativer Zement allen Qualitätsanforderungen gerecht wird, die auch an den klassischen Zement gestellt werden. In weiteren Forschungsprojekten soll nun untersucht werden, ob es auch in Deutschland Abraumquellen gibt, die sich für die Zementproduktion eignen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kursgewinne oder Verluste: Anleger hoffen auf drei entscheidende Auslöser für Börsenrally
18.07.2025

Zölle, Zinsen, Gewinne: Neue Daten zeigen, welche drei Faktoren jetzt über Kursgewinne oder Verluste entscheiden. Und warum viele...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wenn Kunden nicht zahlen: So sichern Sie Ihre Liquidität
18.07.2025

Alarmierende Zahlen: Offene Forderungen in Deutschland sprengen die 50-Milliarden-Euro-Marke. Entdecken Sie die Strategien, mit denen Sie...