Finanzen

Inflation in Euro-Zone so hoch wie seit 2008 nicht mehr

Die Inflation im Euroraum ist im September noch stärker gestiegen als erwartet. Die Verbraucherpreise kletterten binnen Jahresfrist um 3,4 Prozent.
01.10.2021 11:04
Aktualisiert: 01.10.2021 11:04
Lesezeit: 2 min

Die Inflation im Euroraum ist im September noch stärker gestiegen als erwartet. Die Verbraucherpreise kletterten binnen Jahresfrist um 3,4 Prozent, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat am Freitag mitteilte. Das ist der höchste Wert seit September 2008.

Besonders stark verteuerte sich Energie, deren Kosten zum Vorjahresmonat um 17,4 Prozent in die Höhe schossen. Industriegüter waren 2,1 Prozent teurer, wobei der Energiesektor ausgeklammert wurde. Lebensmittel, Alkohol und Tabak verteuerten sich ebenfalls um 2,1 Prozent.

Mehr zum Thema: Deutsche Inflation über 4 Prozent, weiterer Anstieg erwartet

Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt mittelfristig eine Teuerung von 2,0 Prozent an. Schon im Juli hatte die Inflation mit 3,0 Prozent deutlich über dem EZB-Ziel gelegen. Ein Großteil des derzeitigen Preisauftriebs ist nach Ansicht der Währungshüter weiterhin nur temporär und durch die Folgen der Corona-Krise bedingt. EZB-Vizechef Luis de Guindos sieht den Höhepunkt des Inflationsschubs in etwa im November erreicht.

Von Reuters befragte Experten hatten lediglich mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 3,3 Prozent gerechnet. Sie sagten in ersten Reaktionen:

CHRISTOPH WEIL, COMMERZBANK:

"Im November dürfte die Inflationsrate mit etwa 3,5 Prozent den Hochpunkt in diesem Jahr erreichen. Anfang des kommenden Jahres wird sie dann wieder deutlich nachgeben, wenn die Senkung der deutschen Mehrwertsteuer im zweiten Halbjahr 2020 die Inflationsrate nicht mehr nach oben verzerrt, die Corona-Effekte nachlassen und die Lieferengpässe allmählich überwunden werden. Eine nachhaltig höhere Inflation ist erst zu erwarten, wenn sich der Lohnauftrieb deutlich verstärkt. Hiervon ist bislang jedoch noch nichts zu spüren."

THOMAS GITZEL, VP BANK:

"Der Verbraucherpreisanstieg wird sich in den kommenden Monaten fortsetzen. Vor allem die deutsche Mehrwertsteuerreduktion des Vorjahres und die gestiegenen Energiepreise treiben die Teuerung nach oben. Weiter steigende Inflationsraten sollten also für kein Raunen sorgen. Notenbanker und Volkswirte wissen, was passieren wird – zumindest was die noch verbleibenden Monate diesen Jahres anbelangt.

So sehr das aktuelle Inflationsniveau und das der kommenden Monate prognostizierbar ist, so groß ist die Unsicherheit für das kommende Jahr. Die Inflationsraten werden zum Jahresbeginn 2022 fallen, soviel steht fest. Doch die Frage ist, wie stark es in den Rückwärtsgang geht? Unübersehbar ist, dass derzeit so gut wie alles teurer wird. Jüngst kam nun neue Dynamik beim Gaspreisanstieg hinzu. Letzterer wird seine volle Wirkung erst im kommenden Jahr zeigen.

Der Blick gilt deshalb vermehrt der Lohnentwicklung. Würden die höheren Konsumentenpreise Niederschlag in den Arbeitnehmerentgelten finden, bestünde das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale. Dies wären dann die vielgefürchteten Zweitrundeneffekte. Noch ist davon nichts zu spüren, doch die Notenbanker sind mittlerweile nicht mehr ganz so gelassen wie noch vor wenigen Wochen."

ALEXANDER KRÜGER, BANKHAUS LAMPE:

"Beim Preisanstieg geht die Post weiter auf der Energieseite ab. Der Anstieg der Inflationsrate wird sich noch bis zum Jahresende fortsetzen. Nur wenn es günstig läuft, rutscht die Vier nicht vors Komma. Weiten sich die globalen Energieengpässe weiter aus, wird die Inflationsrate 2022 kaum zum EZB-Preisziel von 2,0 Prozent zurückkehren. Um eine ernste Inflationslage handelt es sich dann, wenn sich Zweitrundeneffekte stärker durchsetzen. Dazu gehört vor allem das Lohnwachstum."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin 2026: Droht der nächste Crash oder ein neuer Reifegrad des Marktes?

Wie sich Bitcoin im Jahr 2026 verhalten wird, lässt sich nicht eindeutig voraussagen. Was sich jedoch belastbar analysieren lässt, sind...

Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Anschlag geplant? Terrorverdächtiger in Magdeburg reiste legal ein
16.12.2025

Mit Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem 21-jährigen Mann in...

DWN
Politik
Politik Sudan führt auch 2026 Krisenliste von Hilfsorganisation an
16.12.2025

Die Hilfsorganisation IRC erstellt jeden Dezember eine Liste von Krisenstaaten, die im Folgejahr zu beachten sind. Der Sudan steht im...

DWN
Finanzen
Finanzen Bargeld: Barzahlen wird bei Behörden zur Ausnahme - Bundesbank sieht Akzeptanzlücken
16.12.2025

Bargeld ist in Deutschland nach wie vor beliebt, doch in Ämtern und Behörden stößt man damit nicht immer auf offene Türen. Die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzielle Unabhängigkeit für Führungskräfte: So sichern Sie echte Entscheidungsfreiheit
16.12.2025

Die meisten Führungskräfte träumen davon, unabhängig Entscheidungen treffen und nach eigenen Überzeugungen handeln zu können. In der...

DWN
Finanzen
Finanzen KGHM-Aktie aktuell: Warum der Kupfer-Boom jetzt zur globalen Gefahr wird
16.12.2025

Die Kupferpreise steigen schneller als jede Prognose und die KGHM-Aktie jagt von Rekordhoch zu Rekordhoch. Doch Analysten preisen nun...

DWN
Politik
Politik Deutsche Soldaten für Ukraine? Europäer bieten Schutztruppe an
16.12.2025

Eine Schutztruppe für die Ukraine? Bundeskanzler Merz und europäische Staatschefs haben einen Plan vorgestellt. Doch wie reagieren die...

DWN
Politik
Politik Bundestag Offline: Internet-Ausfall im Bundestag - kein russischer Cyberangriff
16.12.2025

Das Computernetzwerk des Deutschen Bundestags war flächendeckend ausgefallen. Da das Problem ungefähr zeitgleich mit dem Besuch des...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Rückstand bei Bezahlung: Frauen verdienen weiterhin weniger als Männer
16.12.2025

Hartnäckig hält sich der Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern. Nur ein Teil der Lohnlücke ist erklärbar.