Deutschland

Nord Stream 2 - Diese Hürden muss die fertige Pipeline noch überwinden

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt, und das Gas aus Russland wird dringend gebraucht. Doch es gibt noch eine Reihe von Hürden zu überwinden.
15.10.2021 11:01
Lesezeit: 2 min
Nord Stream 2 - Diese Hürden muss die fertige Pipeline noch überwinden
Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Putin sprachen am 20. August im Kreml auch über Nord Stream 2. (Foto: dpa) Foto: Guido Bergmann

Die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 ist zwar technisch bereits fertiggestellt, Gas strömt aber noch nicht. Die Nord Stream 2 AG, die zu 100 Prozent dem russischen Gasriesen Gazprom gehört, hat die Zertifizierung bei der Bundesnetzagentur beantragt. Es folgen einige wichtige Informationen über den Weg zur Öffnung der Leitung.

WIE IST DER STAND DER DINGE?

Die Bundesnetzagentur hat noch bis Anfang Januar Zeit, die Unterlagen zu prüfen. Dabei geht es insbesondere darum, ob die Betreiber die EU-Regeln zur Entflechtung einhalten, wonach die Gasproduktion und der Gastransport getrennt sein müssen. Das heißt, ein Unternehmen kann nicht gleichzeitig Gas fördern und Eigentümer der Leitung sein. Nord Stream 2 hält dies für unfair und hatte eine Ausnahme beantragt, was die Netzagentur ablehnte. Ein Gutachter des Europäischen Gerichtshofs hatte in der vergangenen Woche zum Fall Nord Stream 2 erklärt, grundsätzlich habe der Betreiber das Recht, gegen die Entscheidung vorzugehen.

WIE GEHT ES WEITER?

Die Entscheidung über die Zertifizierung wird bei der Netzagentur in einer unabhängigen Beschlusskammer durch die Vorsitzende der Kammer und zwei Beisitzer beziehungsweise Beisitzerinnen getroffen. Die Bundesnetzagentur gibt ihre Empfehlung weiter an die EU-Kommission. Diese hat zwei Monate Zeit, eine Entscheidung zu treffen. Sind sich beide einig, kann die Zertifizierung erfolgen - wenn nicht, droht eine weitere Verzögerung.

KANN DIE BUNDSNETZAGENTUR DIE INBETRIEBNAHME BLOCKIEREN?

Nicht wirklich. Die Zertifizierung ist zwar erforderlich für den Betrieb, die Mittel gegen eine frühere Inbetriebnahme sind aber begrenzt. Ein Verstoß wäre eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von einer Million Euro geahndet werden kann - eine Summe, die Gazprom wohl locker aufbringen könnte in dem Milliarden Euro schweren Gasmarkt. Im August hatte Gazprom erklärt, in diesem Jahr voraussichtlich noch 5,6 Milliarden Kubikmeter Gas durch die Doppelröhre transportieren zu wollen. Das ist etwa ein Zehntel der Gesamtkapazität - sofern die Lieferungen noch im Oktober beginnen. Ein Verstoß gegen die Zertifizierungs-Auflage wäre allerdings ein Affront gegen Deutschland.

WAS GESCHIEHT HINTER DEN KULISSEN?

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat nach Angaben aus Regierungskreisen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin klar gemacht, dass er lieber entlang der Zusagen und Regeln spielen sollte, wenn er dauerhaft Unterstützung für das Projekt haben wolle. Sie habe betont, dass politische Grundlage für den Betrieb der Pipeline sei, dass Russland die Ukraine weiter als Transitland für Gas nutze – dies gelte auch für die Zukunft, hatte sie warnend hinzugefügt. "Putin ist klug genug zu wissen, dass die Stimmung in der deutschen Politik für das Projekt eher schwieriger wird, er also keine Vorwände bieten sollte, doch noch den Betrieb zu stören", hieß es in der Regierung.

SPIELT DER AUSGANG DER BUNDESTAGSWAHL EINE ROLLE?

Bis zur Amtseinführung einer neuen Regierung bleibt mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ein Befürworter der Pipeline im Amt. Merkel hatte im Sommer mit den USA eine Vereinbarung erzielt, die den Weg zur Fertigstellung der Pipeline freigemacht hatte. Dies könnte selbst bei einer Regierungsbeteiligung der Grünen nicht einfach rückgängig gemacht werden.

WAS WÜRDE EINE KANZLERSCHAFT VON SCHOLZ BEDEUTEN?

Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hatte sich als Finanzminister dafür eingesetzt und den Amerikanern noch in Zeiten des früheren US-Präsidenten Donald Trump Investitionen von einer Milliarde Euro in LNG-Terminals in Aussicht gestellt, wenn die USA Sanktionen gegen die an dem Projekt beteiligten Firmen fallenlassen sollten. "Scholz stünde bei einem Kurswechsel zudem sofort unter starken Druck der einflussreichen SPD-Ministerpräsidentin Manuela Schwesig in Mecklenburg-Vorpommern", sagt ein Regierungsvertreter. Es werde in der Debatte oft übersehen, dass von CDU-Chef Armin Laschet, über CSU-Chef Markus Söder bis zu allen Ostministerpräsidenten aller politischer Couleur fast alle Länderchefs hinter dem Pipeline-Projekt stünden. Gerade Bayern poche auf sichere Gaslieferungen, weil es aus den dort wichtigen Atomkraftwerken aussteige.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Gegengewicht zu China: Japan und USA stärken Allianz
28.10.2025

Die USA bleiben Japans Schutzmacht. Bei einem Gipfeltreffen in Tokio kündigen beide Länder eine weitere Vertiefung ihrer...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Einkaufsmanagerindex Deutschland: Das Comeback der Wirtschaft hat eine gefährliche Schwachstelle
28.10.2025

Die deutsche Wirtschaft wächst so stark wie seit Jahren nicht mehr – doch der Aufschwung hat Schattenseiten. Während Dienstleistungen...

DWN
Finanzen
Finanzen Überbewertete KI-Aktien: Auf neue Sektoren setzen
28.10.2025

Rekorde an den Börsen, Gold fällt, und Investoren ziehen sich aus überbewerteten KI-Aktien zurück. Wall-Street-Veteranen sehen...

DWN
Finanzen
Finanzen PayPal-Aktie hebt ab: Kooperation mit OpenAI und starke Quartalszahlen sorgen für Kursfeuerwerk
28.10.2025

Die PayPal-Aktie erlebt derzeit ein beeindruckendes Comeback. Nach Bekanntgabe einer Kooperation mit dem KI-Unternehmen OpenAI und der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tipico verkauft: Milliarden-Deal stärkt Sportwettenmarkt
28.10.2025

Tipico, einer der größten Sportwettenanbieter Deutschlands, wechselt für Milliarden den Besitzer. Der französische Konzern Banijay...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutsche sparen weniger: International aber weit vorn
28.10.2025

Knapp 270 Euro im Monat legen Privathaushalte in Deutschland im Schnitt zurück. Damit sinkt die Sparquote gegenüber dem vergangenen Jahr....

DWN
Finanzen
Finanzen Europas Rüstungsindustrie überholt die USA: Boom bei Verteidigungsausgaben lässt Rüstungsaktien steigen
28.10.2025

Europas Rüstungsindustrie wächst rasant, angetrieben von höheren Verteidigungsausgaben und neuen EU-Investitionsprogrammen. Besonders...

DWN
Finanzen
Finanzen Wachstum statt Ausschüttung: Sind Dividenden überbewertet?
28.10.2025

Viele Anleger jagen Dividenden – Martynas Karčiauskas tut das Gegenteil. Er setzt auf Kapitalrendite, Geduld und globale Allokation. Mit...