Politik

Deutschland schickt mehr Migranten nach Polen zurück

Deutschland schickt zunehmend über Polen kommende Migranten in das Nachbarland zurück. Weil Polen das erste Schengen-Land ist, das die Menschen betreten, müssten sie Asylanträge eigentlich dort stellen.
19.10.2021 13:53
Aktualisiert: 19.10.2021 13:53
Lesezeit: 1 min

Deutschland schickt zunehmend aus Belarus über Polen einreisende Migranten in das Nachbarland zurück. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums vom Dienstag wurden im August und September 104 beziehungsweise 108 Rücknahmeanträge von deutschen Behörden gestellt. In den beiden Monaten stimmte Polen in 128 Fällen der Rücküberstellung zu. Im Juli hatte es nur 37 Rücküberstellungs-Anträge und -Zusagen gegeben. Zuvor pendelte die Zahl um die 65 pro Monat.

Hintergrund ist, dass seit August die Zahl der über Belarus und Polen nach Deutschland einreisenden Migranten und Flüchtlinge deutlich zugenommen hat. Weil Polen das erste Schengen-Land ist, das die Menschen betreten, müssten sie Asylanträge eigentlich dort stellen. Viele wollen dies aber erst in Deutschland machen. Deshalb war in den vergangenen Wochen die Zahl der illegalen Grenzübertritte an der deutsch-polnischen Grenze stark gestiegen. Bundesinnenminister Horst Seehofer will am Mittwoch im Bundeskabinett mögliche Schritte gegen die illegale Migration erläutern.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) lehnt eine Grenzschließung zu Polen ab. Verstärkte Kontrollen an der polnischen Grenze finde er aber richtig, sofern die Bundespolizei auch die Kapazitäten dafür habe, sagte Stübgen dem rbb-Inforadio. Zugleich warnte er, zurzeit kämen täglich mehr als 100 Flüchtlinge von Polen nach Brandenburg. "Das bringt unsere Ausländerbehörde an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit." Der CDU-Innenexperte Alexander Throm forderte daher Grenzkontrollen nach Polen. "Ohne Grenzkontrollen nimmt man jeden Druck von Polen weg", sagte er der "Augsburger Allgemeinen".

Polen weitet angesichts der anhaltend steigenden Flüchtlingszahlen seinen Grenzschutz zum Nachbarland Belarus massiv aus und setzt zunehmend auch das Militär ein. Derzeit seien im Grenzgebiet knapp 6000 Soldaten im Einsatz und damit doppelt so viele wie noch am Wochenende, teilte des Verteidigungsministerium in Warschau mit. Die Soldaten unterstützten die Grenzpolizei und versuchten, illegale Grenzübertritte zu verhindern, erklärte Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak. Nach Angaben des Grenzschutzes gab es allein am Montag 612 versuchte illegale Einreisen aus Belarus.

Die Europäische Union beschuldigt den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko als Reaktion auf Sanktionen, über die Türkei massiv Flüchtlinge aus Syrien und anderen Ländern einzufliegen. In Belarus sollen sie dann den Weg in die EU antreten, um die Lage dort zu destabilisieren. Viele von ihnen ziehen dann weiter nach Deutschland. Außenminister Heiko Maas hatte den belarussischen Präsidenten am Montag scharf kritisiert: "Lukaschenko ist nichts anderes als der Chef eines staatlichen Schleuserrings", sagte der SPD-Politiker.

Mehr zum Thema: Polen will Grenze zu Belarus dauerhaft befestigen

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Zwischen Škoda-Erfolg und Chinas Einfluss: Was die Abhängigkeit für deutsche Autobauer bedeutet
22.11.2025

Elektromobilität ist längst kein Nischenphänomen mehr, sondern prägt zunehmend den europäischen Massenmarkt. Doch wie gelingt es...

DWN
Panorama
Panorama Weihnachtsmarkt-Sicherheit: Was bringen Beton, Kameras und Co. auf Weihnachtsmärkten wirklich?
22.11.2025

Deutsche Weihnachtsmärkte stehen für Atmosphäre, Tradition und Millionen Besucher. Gleichzeitig wächst die Debatte über Schutz,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Ticketsteuer sinkt: Flugbranche verspricht mehr Verbindungen – Passagiere bleiben skeptisch
22.11.2025

Die Bundesregierung will den Luftverkehr mit einer Absenkung der Ticketsteuer ab Mitte nächsten Jahres entlasten. Die Flug- und...