Deutschland

BGH verhandelt über Millionen-Entschädigung für Kohl-Witwe

Seit Jahren zieht sich der Streit um ein Buch über Helmut Kohl von dessen Ex-Memoirenschreiber. Zwischenzeitlich sind zwei wichtige Protagonisten gestorben. Entscheidende Fragen zu Entschädigungen und verbotenen Passagen will nun der Bundesgerichtshof klären.
25.10.2021 10:10
Aktualisiert: 25.10.2021 10:10
Lesezeit: 2 min
BGH verhandelt über Millionen-Entschädigung für Kohl-Witwe
Maike Kohl-Richter, Witwe von Altbundeskanzler Helmut Kohl, steht neben dem Porträt ihres Mannes, das sie an das Museum übergab. (Foto: dpa) Foto: Andreas Arnold

Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt am Montag (11.00 Uhr) über eine Millionen-Entschädigung für die Witwe von Altkanzler Helmut Kohl nach einer umstrittenen Buchveröffentlichung. Als Alleinerbin fordert Maike Kohl-Richter wie ihr 2017 gestorbener Mann mindestens fünf Millionen Euro nebst Zinsen unter anderem von Kohls Ghostwriter und früherem Vertrauten Heribert Schwan. Darüber hinaus geht es in der Verhandlung in Karlsruhe um die Verbreitung von mehr als 100 Passagen aus dem Bestseller „Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle“. Dass am Montag schon ein Urteil fällt, ist eher unwahrscheinlich. (Az.: VI ZR 248/18 und VI ZR 258/18)

Journalist und Historiker Schwan sollte Kohls Memoiren schreiben und setzte sich dafür 2001 und 2002 an mehr als 100 Tagen im Haus des früheren Kanzlers in Ludwigshafen mit ihm zusammen. Kohl erzählte aus seinem Leben und seiner Amtszeit, etwa 630 Stunden Gespräch zeichnete Schwan auf. Aber nach drei von vier geplanten Bänden kam es zum Bruch. Eigenmächtig veröffentlichte der Autor dann im Jahr 2014 „Die Kohl-Protokolle“, in denen er den früheren CDU-Chef mit abwertenden Urteilen über Politiker und gesellschaftliche Größen zitierte.

Kohl erstritt kurz vor seinem Tod vor dem Kölner Landgericht die höchste Entschädigung der deutschen Rechtsgeschichte - eine Million Euro wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Nachdem der 87-Jährige gestorben war, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Köln, der Anspruch auf diese Geldentschädigung sei nicht vererblich. Dagegen geht Kohl-Richter nun vor dem Bundesgerichtshof vor.

Zudem hatte das Landgericht Kohls Recht auf Unterlassung bezüglich der beanstandeten Textpassagen gestärkt. Im Falle Schwans hat das OLG die Berufung zurückgewiesen, weil er anlässlich der „Memoirengespräche“ mit Kohl Verschwiegenheit vereinbart hatte. Eine Beschwerde Schwans dagegen, dass das OLG keine Revision zuließ, hatte beim BGH keinen Erfolg. Das Verfahren ist abgeschlossen.

Anders sieht es im Fall von Co-Autor Tilman Jens und dem mitbeklagten Verlag aus. Beide trifft die Unterlassungsverpflichtung laut OLG-Urteil nur in Bezug auf die wörtliche Wiedergabe und Verbreitung (angeblich) wörtlicher Zitate Kohls. Seine Witwe will vor dem BGH erstreiten, dass das weiter reichende Urteil des Landgerichts wieder hergestellt wird. Der Verlag möchte die Klage abgewiesen wissen. Weil Jens vergangenes Jahr gestorben ist, sind die Rechtsstreitigkeiten mit seinen Erben den Angaben zufolge in beiden Punkten unterbrochen.

Es ist nicht das erste Mal, dass der BGH sich mit der Thematik befasst. Vor gut einem Jahr erzielte Kohl-Richter einen Teilerfolg gegen Schwan: Er muss ihr Auskunft geben, was von den Gesprächen mit dem Altkanzler noch auf Band oder abgetippt existiert. An Unterlagen aus dem Kanzleramt, die Schwan möglicherweise in seinem Besitz hat, kommt die Kohl-Seite aber nicht mehr heran. (Az. III ZR 136/18)

Gegen das Urteil legte Schwan Verfassungsbeschwerde ein, wie sein Anwalt mitteilte. Darüber sei noch nicht entschieden. Dennoch habe Kohl-Richter schon Auskünfte verlangt, die Schwan auch erteilt habe.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Datenschutz oder Fortschritt? Der Balanceakt zwischen Sicherheit und Innovation
28.11.2025

Die DSGVO sollte Vertrauen schaffen – doch sie ist für viele Unternehmen zur Innovationsbremse geworden. Zwischen Bürokratie,...

DWN
Politik
Politik Schwache Erholung: Arbeitslosenzahl im November leicht rückläufig
28.11.2025

Die erhoffte Herbstbelebung bleibt am deutschen Arbeitsmarkt auch im November verhalten. Zwar sinkt die Zahl der Arbeitslosen erneut, doch...

DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
28.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Politik
Politik Korruptionsermittlungen in Kiew: Behörden durchsuchen Bürochef von Selenskyj
28.11.2025

Die ukrainischen Anti-Korruptionsbehörden haben am Morgen eine Durchsuchung bei Andrij Jermak, dem Leiter des Präsidentenbüros von...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie: Lage von Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt verschlechtert sich erneut
28.11.2025

Menschen mit Behinderung stehen auf dem Arbeitsmarkt zunehmend unter Druck: Eine neue Analyse des Handelsblatt Research Instituts im...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neuer Kompromiss in Berlin: Mehr Spielraum für Verbrenner nach 2035
28.11.2025

Nach monatelangen Verhandlungen hat die Regierungskoalition eine gemeinsame Linie zum geplanten EU-Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Wie Analysten die Zukunft nach dem Crash bewerten
28.11.2025

Die jüngsten Turbulenzen rund um die Novo Nordisk-Aktie haben Anleger verunsichert und den Blick auf Chancen und Risiken neu geschärft....

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krise: Trumps wechselhafte Politik erschüttert Vertrauen
28.11.2025

Die diplomatischen Bemühungen in Genf zeigen, wie stark der Ukrainekrieg inzwischen von wechselhaften Signalen aus Washington geprägt...