Der außerordentliche SPD-Parteitag hat am Samstag dem Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP zur Bildung der ersten Ampel-Koalition auf Bundesebene mit 98,8 Prozent zugestimmt. Vor der für Dienstag vorgesehenen Unterzeichnung müssen noch FDP und Grüne zustimmen.
Der designierte Kanzler Olaf Scholz hatte die Bildung der Ampel-Koalition zuvor mit den politischen Machtwechseln in Deutschland der Jahre 1969 und 1998 verglichen. "Es ist ein ganz, ganz besonderer Aufbruch", sagte der SPD-Politiker auf dem Sonderparteitag. "Ein solcher Aufbruch soll uns wieder gelingen", sagte Scholz mit Hinweis auf den damaligen Wechsel von christdemokratischen zu sozialdemokratischen Kanzlern. Er hatte wie zuvor die SPD-Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans um Zustimmung zum Koalitionsvertrag mit Grünen und FDP geworben. Man müsse etwas möglich machen, "das einen neuen gesellschaftlichen Konsens stiften" könne. Bei 608 abgegebenen Stimmen gab es 598 Ja- und sieben Nein-Stimmen.
Scholz hatte in seiner Rede betont, dass die SPD zentrale Projekte aus dem Wahlkampf in den Koalitionsverhandlungen habe durchsetzen können. Er nannte die Erhöhung des Mindestlohns, ein Bürgergeld, die Einführung einer Kindergrundsicherung und den Bau von 400.000 Wohnungen. SPD, Grüne und FDP vereine, dass sie im Unterschied zur Union drei Fortschrittsparteien seien.
"Der gemeinsame Konsens dieser Regierung ist es, nicht Verzicht zu predigen, sondern auf technologischen Fortschritt und dynamisches Unternehmertum zu setzen", sagte Scholz mit Blick auf den Klimawandel, "der eine wirklich große Aufgabe" sei. Er forderte eine Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsprozesse. "Sonst wird das nichts mit dem Fortschritt", mahnte der designierte Kanzler. Manche Projekte dauerten länger, sagte er mit Blick etwa auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und Schienennetzes. "Trotzdem muss man sie anfangen."
Scholz fügte hinzu, dass sich die kommende Regierung schon jetzt entschieden um das Corona-Pandemie kümmere. Er forderte dazu einen Schulterschluss aller staatlichen Ebenen.
In der Debatte warben auch die Jusos-Vorsitzende Jessica Rosenthal und der designierte Generalsekretär Kevin Kühnert für die Annahme des Koalitionsvertrages. Rosenthal bezeichnete diesen als "Aufbruch" und verwies auf die mit Grünen und FDP verabredeten gesellschaftspolitischen Reformen. Allerdings müssten im Regierungshandeln noch Elemente der "Umverteilung" hinzukommen. Kühnert forderte, dass die SPD als Partei auch in Zeiten einer Kanzlerschaft "hungrig bleiben" müsse.
Scholz und vor allem Walter-Borjans setzten sich deutlich von der Union ab. "Wir haben eine merkwürdige Partei von Konservativen, die einen 'bis hierhin und nicht weiter'- Konservatismus" pflegten, sagte Scholz. Walter-Borjans sagte, die SPD habe im Wahlkampf im Unterschied zur Union "einen Plan" gehabt und sei geschlossen gewesen.