Finanzen

Die große Zinswende naht: Inflation in den USA beschleunigt sich

Die Preise in den USA steigen schnell. Sie werden die Zentralbank zu einer geldpolitischen Kursänderung von historischer Bedeutung zwingen.
10.12.2021 15:09
Aktualisiert: 10.12.2021 15:09
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Die große Zinswende naht: Inflation in den USA beschleunigt sich
Das Logo des Federal Reserve System - Zentralbank der USA. (Foto: dpa) Foto: Shawn Thew

Die Inflation in den USA steigt kräftig. Waren und Dienstleistungen kosteten im November 6,8 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, wie das Arbeitsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Das ist der höchste Wert seit Juni 1982. Im Oktober hatte die Rate der Preisanstiege auf Jahressicht noch 6,2 Prozent betragen hatte.

US-Präsident Joe Biden hat die Bürger bereits vorsorglich auf die schlechte Nachricht eingestimmt und zugleich vor überzogenen Befürchtungen gewarnt. Die Daten würden noch nicht jene Preissenkungen zeigen, welche die Regierung in den kommenden Wochen und Monaten angeblich erwarte. Die stark steigenden Preise sind das größte politische Risiko für die Regierung: schon jetzt sind Biden und Harris Umfragen zufolge das unbeliebteste Führungsteam in der jüngeren Geschichte der USA. Insbesondere die Diskriminierung ungeimpfter Bürger, die sich rapide verschlechternde Sicherheitslage in den Großstädten sowie die massive Flüchtlingskrise an der US-Südgrenze haben der Popularität der Regierung schwere Schläge versetzt.

Große geldpolitische Wende kommt

Wirklich wichtig ist die aus dem Ruder laufende Teuerung in den USA jedoch, weil sie die Zentralbank zu einem radikalen Umschwenken in der Geldpolitik zwingen könnte: Viele Beobachter gehen inzwischen davon aus, dass auf der Sitzung am Mittwoch ein Beschluss gefasst wird, den Abbau der Anleihenkäufe zu beschleunigen. Fed-Chef Jerome Powell hatte jüngst im Kongress bereits ein entsprechendes Signal gegeben. Die Wirtschaft sei angeblich sehr stark und zugleich der Inflationsdruck hoch. Die Federal Reserve sei unter Handlungsdruck, sagt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer: "Die raschere Gangart der US-Notenbank ist absolut notwendig. Schließlich haben die USA bereits ein ernstes Inflationsproblem."

Krämer erwartet, dass die Fed am Mittwoch das Einstellen ihrer Anleihekäufe wohl auf März nächsten Jahres vorziehen wird, womit sich eine erste Zinserhöhung bereits zur Jahresmitte abzeichne. Die US-Notenbank hält den Leitzins derzeit in einer Spanne von null bis 0,25 Prozent. Auf der Sitzung im September hatten die Währungshüter in ihrem Ausblick bereits signalisiert, dass es 2022 eine Zinserhöhung geben könne. Bei einem Schritt nach oben werde es aber wohl nicht bleiben, meint Experte Krämer: Die Fed werde gezwungen sein, ihren Leitzins nach einem ersten Schritt zur Jahresmitte in jedem Quartal um jeweils einen Viertel Prozentpunkt anzuheben - bis auf 1,00 Prozent zum Jahresende 2022.

Zunächst muss die Notenbank allerdings aus dem in der Corona-Pandemie 2020 eingeführten Krisenmodus heraus: Die Fed fährt seit Mitte November ihre Wertpapier-Zukäufe um monatlich 15 Milliarden Dollar zurück. Dieser Prozess der geldpolitischen Normalisierung läuft im Fachjargon unter dem Begriff Tapering. Das gesamte Ankaufvolumen von anfangs 120 Milliarden Dollar monatlich wäre erst Mitte nächsten Jahres abgeschmolzen, wenn dieses Abbautempo beibehalten würde. Der Abschluss des Tapering gilt als Voraussetzung für eine Zinserhöhung.

Dogma der vorübergehenden Inflation fällt

Fed-Direktor Christopher Waller hatte angesichts der rapide steigenden Preise bereits eine Verdoppelung des Tempos gefordert, um schneller zu einer Zinswende gelangen zu können. Die Notenbank hatte lange an dem Dogma festgehalten, dass der durch pandemiebedingte Lieferengpässe und kräftig anziehende Energiepreise getriebene Inflationsschub nur ein vorübergehendes Problem sei. "Doch Powell hatte zuletzt in Bezug auf Preissteigerungen das Wort "vorübergehend" aus seinem Wortschatz gestrichen", erläuterte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Dem Fed-Präsidenten zufolge werde die Notenbank ihre Instrumente nutzen, um sicherzustellen, dass sich der erhöhte Preisdruck nicht verfestigt.

Die Federal Reserve soll für stabile Preise sorgen und Vollbeschäftigung fördern. Inmitten der Abkehr vom Krisenmodus sieht sie sich allerdings mit einer stockenden Erholung am Arbeitsmarkt konfrontiert. Und der personelle Aderlass zu Beginn der Pandemie in den USA im Frühjahr 2020 wirkt noch nach: Der Verlust an Arbeitsplätzen gegenüber dem Vorkrisenniveau beläuft sich laut Experten auf noch immer knapp vier Millionen Stellen. Ökonom Brian Nick vom Vermögensverwalter Nuveen geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass die Fed eine Zinswende nicht offensiv angehen wird. Sie habe schließlich zugesichert, nicht einmal über eine Anhebung nachzudenken, bis Vollbeschäftigung erreicht sei. Dieser Begriff lasse allerdings Spielraum für Interpretation. Die Lehre aus dem letzten Konjunkturzyklus sei, dass die Zentralbanken zu forsch eingeschritten seien und für einen zu starken Dämpfer gesorgt hätten. "Wir denken, dass die Fed nicht noch einmal eines Besseren belehrt werden möchte."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Führen Sie die weltweit größten Kryptowährungen wie DOGE und BTC direkt ein und erzielen Sie über die COME-Mining-Plattform einen Gewinn von über 5.000 US-Dollar pro Tag.

Die Nachfrage nach Bitcoin (BTC) ist in letzter Zeit weiter gestiegen, und die Anlegerstimmung hat sich deutlich verbessert. Die COME...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nach Wirecard-Insolvenz: BGH prüft Ansprüche von Aktionären
16.10.2025

Fünf Jahre nach der spektakulären Pleite von Wirecard stehen zehntausende Aktionäre noch immer mit leeren Händen da. Ihre Forderungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ryanair-Aktie im Blick: Fluggesellschaft Ryanair reduziert Angebot in Deutschland
16.10.2025

Die irische Fluggesellschaft Ryanair setzt ihren Kurs der Angebotsreduzierung in Deutschland fort. Im Winterflugplan 2025/2026 werden...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis auf Rekordniveau: Warum Silber den großen Bruder Gold aktuell in den Schatten stellt
16.10.2025

Nach seinem Allzeithoch zur Wochenmitte zeigt sich der Silberpreis aktuell kaum schwächer und bleibt auf Rekordniveau. Während der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quereinsteiger: Fachfremde Talente finden und erfolgreich einarbeiten
16.10.2025

Vor einigen Jahrzehnten war es noch üblich, den Beruf, der als junger Erwachsener erlernt wurde, bis zur Rente auszuführen. In unserer...

DWN
Finanzen
Finanzen TSMC-Aktie auf Wachstumskurs: Neuer Höchstwert durch KI
16.10.2025

TSMC profitiert vom globalen KI-Boom und setzt neue Maßstäbe im Chipmarkt. Der taiwanische Konzern erwartet 2025 einen höheren Umsatz...

DWN
Politik
Politik Nach Geiselfreilassung: Netanyahu und Israels Rolle im Gaza-Krieg
16.10.2025

Die Situation in Israel und Gaza zeigt die anhaltende Fragilität des Friedens im Nahen Osten. Politische Entscheidungen, militärische...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nestlé streicht 16.000 Stellen: Konzern will Kosten massiv senken
16.10.2025

Nestlé meldet Rekordwachstum und trotzdem massiven Stellenabbau: 16.000 Jobs sollen in den nächsten zwei Jahren wegfallen. Konzernchef...

DWN
Technologie
Technologie Chiplieferant USA: Deutsche Wirtschaft verliert Vertrauen in wichtigste Bezugsquelle
16.10.2025

Die deutsche Industrie steht bei der Chipversorgung mit dem Rücken zur Wand: Immer mehr Unternehmen zweifeln an der Zuverlässigkeit der...