Politik

Nachruf auf Sidney Poitier: Der große Bauernsohn, der es an die Spitze schaffte

Hollywood trauert um eine Legende: 1964 nahm Sidney Poitier als erster Schwarzer in einem rassistischen Amerika den Oscar als bester Hauptdarsteller entgegen. Nun ist der Schauspieler mit 94 gestorben. Viele würdigen seine Verdienste.
09.01.2022 21:59
Aktualisiert: 09.01.2022 21:59
Lesezeit: 2 min
Nachruf auf Sidney Poitier: Der große Bauernsohn, der es an die Spitze schaffte
Der Ausnahmeschauspieler Sidney Poitier. (Screenshot)

Trauer um eine Schauspiel-Legende und einen Wegbereiter: Nach dem Tod von Sidney Poitier würdigen Kollegen, Politiker und seine Familie den schwarzen Hollywood-Star und sein Vermächtnis. Der auf den Bahamas aufgewachsene Poitier starb mit 94 Jahren. Als Wegbereiter für Schwarze schrieb Poitier Hollywood-Geschichte: Er nahm 1964 als erster Schwarzer den Oscar als bester Hauptdarsteller für „Lilien auf dem Felde“ entgegen. Der damals 37-Jährige überzeugte die Akademie mit der Darstellung eines schwarzen Arbeiters auf der Farm weißer Nonnen. Vor ihm hatte nur Hattie McDaniel 1940 für ihre Nebenrolle als Haushälterin im Melodrama „Vom Winde verweht“ als Schwarze einen Oscar gewonnen.

„Sidney war meine Inspiration, mein Vorbild, mein Freund“, schrieb Oscar-Preisträger Morgan Freeman auf Twitter. Denzel Washington würdigte Poitier laut „People.com“ als „sanftmütigen Mann“, der Türen, die für Schwarze lange geschlossen waren, öffnete. Halle Berry, die 2002 mit ihrer Rolle in dem Drama „Monster's Ball“ als erste schwarze Hauptdarstellerin einen Oscar holte, pries Poitier auf Instagram als „ikonischen Vorreiter“.

Der in ärmsten Verhältnissen auf den Bahamas aufgewachsene Bauernsohn wurde 1974 von der britischen Queen zum Ritter geschlagen. 2002 erhielt er einen Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. Der damalige US-Präsident Barack Obama verlieh ihm 2009 die „Presidential Medal of Freedom“, die höchste zivile Auszeichnung der USA. Poitier habe mit seinem einzigartigen Talent „Würde und Anstand“ verkörpert, schrieb Obama am Freitag auf Twitter.

„Sidney war mehr als nur einer der besten Schauspieler in unserer Geschichte“, teilte US-Präsident Joe Biden mit. „Er ebnete einen Weg für unsere Nation und hinterließ ein Vermächtnis, das heute jeden Teil unserer Gesellschaft berührt.“ Poitier habe dazu beigetragen, „die Herzen von Millionen zu öffnen und das Selbstverständnis der Amerikaner zu verändern“.

Zu Poitiers Erfolgen zählt auch, dass er als erster Schwarzer in einem Hollywood-Film eine Weiße küssen durfte. Die Szene in dem Film „Rat mal, wer zum Essen kommt“ wurde 1967 allerdings noch verschämt durch den Rückspiegel eines Taxis gedreht. Ende der 1960er Jahre galt Poitier als einer der bestbezahlten Filmschauspieler.

Als „Bester der Besten“, würdigte Schauspielerin Mia Farrow den Verstorbenen. „Er hat uns gezeigt, wie man nach den Sternen greift“, schrieb Oscar-Preisträgerin Whoopi Goldberg auf Twitter. Sie werde seine riesengroße Seele für immer wertschätzen, gab Talkshow-Legende Oprah Winfrey an.

Ein Beamter im Außenministerium der Bahamas hatte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag den Tod bestätigt. Der Premierminister des Landes, Philip Davis, ehrte den Schauspieler in einer Ansprache. Sein Licht werde für viele Generationen weiterleuchten, sagte Davis.

Seine Familie sprach in der Nacht zum Samstag von einem schweren Verlust und tiefer Trauer. „Wir sind so dankbar, dass er seinen letzten Tag im Kreis von Familie und Freunden verbringen konnte“, zitierte „People“ aus der Mitteilung. Er sei nicht nur ein brillanter Schauspieler und Aktivist gewesen, sondern auch ein liebevoller Ehemann und Vater, der seine Familie immer voranstellte. Der Vater von sechs Töchtern war in zweiter Ehe mehr als 45 Jahre mit der kanadischen Schauspielerin Joanna Shimkus verheiratet.

Die Oscar-Akademie veröffentlichte auf Twitter ein Foto von 1964, auf dem Poitier strahlend seine Oscar-Trophäe festhält. Er habe Barrieren eingerissen und durch seine Kunst den Dialog in den USA vorwärtsbewegt, schrieb die Academy. „Nur wenige Filmstars hatten oder werden den Einfluss von Poitier haben, auf der Leinwand und darüber hinaus.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...