Deutschland

Leipzigs Immobilienbranche: Habecks unangekündigter Förderstopp hat „katastrophale“ Folgen

Ein breites Bündnis aus dem Bereich der Stadtentwicklung kritisiert die überraschende Aufkündigung der staatlichen Förderung für energieeffiziente Gebäude durch den Wirtschaftsminister.
28.01.2022 11:31
Aktualisiert: 28.01.2022 11:31
Lesezeit: 3 min
Leipzigs Immobilienbranche: Habecks unangekündigter Förderstopp hat „katastrophale“ Folgen
11.07.2018 Sachsen, Leipzig: Monteure befestigen eine Leuchtreklame mit dem Leipziger Wappen und dem Spruch "Willkommen in Leipzig" auf dem Dach eines Einkaufszentrums. (Foto: dpa) Foto: Jan Woitas

Der unangekündigte Förderstopp für energieeffiziente Gebäude durch den Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, hat für den Leipziger Wohnungsmarkt sofortige, katastrophale Folgen. Allein bei den zwölf Mitgliedern der Leipziger Stadtgestalter – Leipzigs größte Projektentwickler – fehlen dadurch rund 107 Millionen Euro Fördersumme. Dies betrifft konkret Projekte mit einer Gesamtzahl von circa 4.400 Wohnungen. Für alle Leipziger Wohnungsentwickler wird die Ausfallsumme auf mindestens 150 Millionen Euro für circa 5.000 bis 6.000 Wohnungen in Leipzig geschätzt.

Im Klartext heißt das unter anderem:

- eine erhebliche Zahl Projekte werden auf den Prüfstand gestellt, ob sie überhaupt noch gebaut werden können,

-die wegfallenden Fördersummen erhöhen die Mieten für diese Wohnungen zwischen 0,8 bis 1 Euro pro Quadratmeter,

-private Käufer, die auf die Förderung gesetzt haben, müssen höhere Preise zahlen oder können nicht mehr kaufen, da durch Wegfall von Zuschüssen und preiswerten Darlehen aus der Förderung höhere Kredite aufgenommen werden müssten als möglich.

Der unangekündigte vorgezogene Förderstopp bedeutet für die Immobilienwirtschaft, dass auf einmal festgesetzte Rahmenbedingungen kein Verlass mehr ist. Dies erhöht das Risiko insbesondere für Neubauten und Sanierungen erheblich und führt zum Rückgang der Bautätigkeit.

Das vom Oberbürgermeister der Stadt Leipzig ausgegebene Neubauziel von 10.000 Wohnungen steht nun auch von bundespolitischer Seite unter Druck. Der Notwendigkeit und die Forderung nach „bezahlbarem Wohnraum“ wird durch die Bundespolitik völlig torpediert.

Völlig fehl geht auch die Begründung des Förderstopps. Mitnichten ist der Effizienzausstandard 55 Standard des Bauens – dies funktioniert wirtschaftlich eben nur mit Förderung.

Die Leipziger Stadtgestalter unterstützen die Forderung des BFW Mitteldeutschland an die sächsische Staatsregierung, auf eine Sondersitzung der Bauministerkonferenz hinzuwirken. Der angekündigte Wegfall der Förderprogramme muss sofort rückgängig gemacht werden.

Private Häuslebauer kaum betroffen

Vom umstrittenen Förderstopp der Bundesregierung für energieeffiziente Gebäude sind rund 4000 private Häuslebauer betroffen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur in Berlin am Freitag aus Regierungskreisen. Diese Zahl sei geringer als zunächst befürchtet, hieß es. Der Großteil der noch offenen Anträge entfalle auf Unternehmen.

Insgesamt sind demnach rund 24 000 Anträge bei der Gebäudeförderung über die staatliche Förderbank KfW vom vorläufigen Stopp betroffen, deren Förderbedarf bei 7,2 Milliarden Euro liegen würde. Davon betreffen laut den Regierungskreisen 22 000 Anträge Neubauten und das sogenannte Effizienzhaus 55. Von diesen entfallen rund 4000 auf private Antragsteller für Wohngebäude, die übrigen auf Unternehmen und Kommunen.

Das Wirtschaftsministerium von Ressortchef Robert Habeck (Grüne) hatte am Montag überraschend angekündigt, dass bei der staatlichen Förderbank KfW ab sofort keine neuen Anträge für die Förderung effizienter Gebäude mehr gestellt werden können. Dies gilt für das sogenannte Effizienzhaus (EH) 55 im Neubau, das EH40 im Neubau sowie die energetische Sanierung. Vor allem die Ankündigung der Vorgängerregierung, das EH55-Förderprogramm Ende Januar einzustellen, habe bei der KfW zu einem beispiellosen Antragsboom geführt. Die Einstufungen bedeuten, dass Gebäude 55 Prozent beziehungsweise 40 Prozent der Energie verbrauchen, die Standardhäuser benötigen.

Mit dem Effizienzhaus 55 werde ein Standard mit Steuergeldern gefördert, der sich längst durchgesetzt habe, hieß es bei der Bundesregierung zur Begründung. Fördermittel sollten künftig dort gezielt eingesetzt werden, wo die CO2-Einsparung am höchsten sei.

Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte, man sei zur Frage, wie mit den offenen Anträgen bei der Gebäudeförderung umgegangen werden soll, in einem engen Austausch mit den Ressorts Bauen und Finanzen. Es solle "zügig" für Klarheit gesorgt werden.

Der Förderstopp hatte lauten Protest ausgelöst. Habeck hatte auf "ungedeckte Haushaltsversprechen" in Milliardenhöhe verwiesen. Er verstehe die Enttäuschung, es habe aber keine andere Wahl gegeben, sagte er. Über die Zukunft der Neubauförderung für EH40-Neubauten will das Ministerium zügig entscheiden. Die Förderung für Sanierungen soll wieder aufgenommen werden, sobald Haushaltsmittel bereitgestellt sind.

*****

Die Stadtgestalter Leipzig in Kooperation mit dem BFW sind eine Initiative großer, in Leipzig bauender Immobilienentwickler. Sie planen und realisieren mit aktuell rund 7.500 Wohnungen (davon mehr als 1.000 Sozialwohnungen) den Großteil des Leipziger Wohnungsbaus sowie das Gros der Gewerbegebäude in Leipzig.

Zu den Stadtgestaltern gehören in alphabetischer Reihenfolge u.a. AOC | Die Stadtentwickler GmbH, Baywobau Baubetreuung GmbH, NL Leipzig, BPD Immobilienentwicklung GmbH, NL Leipzig, CG Elementum AG, GRK Immobilien GmbH, Hildebrand & Partner GmbH, KSW Leipzig GmbH, LEWO AG, S&G Development GmbH, Wincon Immobilien GmbH, QUARTERBACK Immobilien AG und weitere große Marktteilnehmer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...