Politik

Protest der Lkw-Fahrer: Polizei schließt Gewalt gegen Freiheitskonvoi nicht aus

Der Polizeichef von Ottawa sagte am Montag, dass "alle Optionen auf dem Tisch liegen", um den andauernden friedlichen Protest der Lkw-Fahrer gegen die Corona-Politik zu beenden.
01.02.2022 21:59
Aktualisiert: 01.02.2022 21:59
Lesezeit: 3 min
Protest der Lkw-Fahrer: Polizei schließt Gewalt gegen Freiheitskonvoi nicht aus
Die Organisatoren der Proteste in Ottawa bereiten sich darauf vor, noch länger zu bleiben, und verteilen Treibstoff und Vorräte an die Lastwagen. (Foto: dpa) Foto: Adrian Wyld

Der Polizeichef von Ottawa, Peter Sloly, sagte am Montag, dass "alle Optionen auf dem Tisch liegen", um den Protest der Lkw-Fahrer in der kanadischen Hauptstadt zu beenden. Die Polizei werde mit allen Mitteln versuchen, die Veranstaltung zu beenden, sagte er laut einem Bericht des privaten kanadischen Fernsehsenders CTV.

Der Protest der Lkw-Fahrer richtet sich gegen die strenge Corona-Politik in dem Land, darunter die massiven Einschränkungen für Menschen, die sich nicht gegen Corona impfen lassen wollen. Im Januar hatte etwa die kanadische Provinz Quebec eine "erhebliche" Geldbuße für Ungeimpfte angekündigt.

Die Bilder von den Protesten in Ottawa, die bereits in der letzten Woche begonnen haben, decken sich weitgehend mit der Einschätzung des Polizeichefs, dass die Veranstaltung friedlich verlaufen ist. Ein Großteil der Proteste im Zentrum der Stadt scheint aus Tanzen und Musizieren zu bestehen.

Der "Freiheitskonvoi" mit Tausenden von Teilnehmern in Ottawa fordert ein Ende aller Beschränkungen in den Bereichen Handel, Reisen, Bildung und Freizügigkeit im Land. Auf einer GoFundMe-Seite zur Unterstützung des Protests der Lkw-Fahrer sind bereits knapp 10 Millionen kanadische Dollar an Spenden eingegangen. Dort heißt es:

"Wir sind ein friedliches Land, das dazu beigetragen hat, Nationen auf der ganzen Welt vor tyrannischen Regierungen zu schützen, die ihr Volk unterdrückten, und nun scheint es, dass dies auch hier geschieht. Wir tragen unseren Kampf bis an die Türschwelle unserer Bundesregierung und fordern, dass sie alle Mandate gegen ihr Volk aufgibt.

Kleine Unternehmen werden zerstört, Häuser werden zerstört, Menschen werden misshandelt und ihnen wird das Nötigste zum Überleben verweigert. Es ist unsere Pflicht als Kanadier, diesen Mandaten ein Ende zu setzen. Es ist zwingend notwendig, dass dies geschieht, denn wenn wir es nicht tun, wird unser Land nicht mehr das Land sein, das wir lieben gelernt haben. Wir tun dies für unsere zukünftigen Generationen und um unser Leben zurückzuerlangen."

Der Bürgermeister von Ottawa, Jim Watson, versicherte am Montag auf derselben Pressekonferenz wie Polizeichef Peter Sloly, dass er und seine lokale Regierung "alles tun, um die Sache friedlich zu beenden". Im Gegensatz zu Sloly lehnte er aber die Anwendung von Gewalt zur Auflösung der friedlichen Versammlung ausdrücklich ab.

"Ich bekomme viele E-Mails und Tweets, warum schickt ihr nicht einfach die Abschleppwagen und die Leute von der Parkkontrolle? Wir sind nicht daran interessiert, die Situation anzuheizen", so Watson. "Das Letzte, was wir brauchen, ist ein Verhalten, das einen kleinen Aufstand auslöst. Wir wollen nicht, dass das passiert. Wir wollen kein Blutvergießen sehen".

Watson forderte die Demonstranten auf, ihren Protest zu beenden. "Sie haben ihren Standpunkt klar gemacht. Sie hatten ihre Kundgebung", so Watson. Aber jetzt sei es an der Zeit, nach Hause zu gehen und "es unserer Gemeinschaft ermöglichen, sich neu zu formieren und wieder aufzubauen, vor allem angesichts der Tatsache, dass wir uns immer noch mitten in einer Pandemie befinden".

Kanadas Premier Justin Trudeau hatte zuvor bereits die Hauptstadt verlassen und von einem nicht genannten Ort aus eine Rede gehalten, in der er die Demonstranten als Träger von "Aluhüten" bezeichnete. Er verteidigte erneut die allgemeine Impfpflicht. Auf die Anliegen der Demonstranten, die er als "kleine Randgruppe" bezeichnete, wollte er nicht eingehen. Ein Treffen mit ihnen lehnte er ab.

"Ich habe in der Vergangenheit an Protesten und Kundgebungen teilgenommen, wenn ich mit den Zielen einverstanden war, und wenn ich die Menschen unterstützt habe, die ihre Sorgen und Probleme zum Ausdruck brachten. Black Lives Matter ist ein hervorragendes Beispiel dafür", sagte Trudeau. Tatsächlich nahm Trudeau im Jahr 2020 an einer Demonstration der Bewegung "Black Lives Matter" in Ottawa teil und verbeugte sich dort auch mit einem Kniefall als Geste der Unterstützung.

"Ich habe auch beschlossen, mich nicht in die Nähe von Protesten zu begeben, die hasserfüllte Rhetorik, Gewalt gegen Mitbürger und Respektlosigkeit zum Ausdruck brachten - nicht nur gegenüber der Wissenschaft, sondern auch gegenüber dem Gesundheitspersonal an vorderster Front und, offen gesagt, gegenüber den 90 Prozent der Lastwagenfahrer, die das Richtige taten [und sich gegen das Coronavirus impfen ließen], um die Kanadier sicher zu machen, damit wir etwas zu essen auf den Tisch bringen können", so Trudeau.

Im staatlichen Sender CBS wurde am Freitag spekuliert, dass Russland hinter dem "Freiheitskonvoi" steckt. Moderatorin Nil Koksal sagte während eines Interviews mit dem Minister für öffentliche Sicherheit Marco Mendicino: "Ich frage das, weil ich angesichts der Unterstützung Kanadas für die Ukraine in der aktuellen Krise mit Russland nicht weiß, ob die Frage weit hergeholt ist. Aber es besteht die Sorge, dass russische Akteure die Dinge weiter anheizen könnten, wenn dieser Protest wächst. Vielleicht haben sie ihn sogar von Anfang an angestiftet."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Regierung plant „Grüngas-Quote“: Mehr Umweltschutz auf Kosten der Industrie und Verbraucher
26.11.2025

Die schwarz-rote Regierung plant eine Quote, um die schleppende Wasserstoffwirtschaft in Deutschland auszubauen. Unternehmen sollen...

DWN
Politik
Politik Chatkontrolle: EU-Staaten setzen auf freiwillige Maßnahmen statt Pflichtkontrollen
26.11.2025

Die EU ringt seit Jahren darum, wie digitale Kommunikation geschützt und zugleich besser überwacht werden kann. Doch wie weit sollen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Schwarz Group plant Lidl-Rechenzentrum: Milliardenprojekt für Deutschlands KI-Infrastruktur
26.11.2025

Die Großinvestition der Schwarz Group verdeutlicht den wachsenden Wettbewerb um digitale Infrastruktur in Europa. Doch welche Bedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jobs wandern nach Südamerika: Faber-Castell will 130 Stellen in Deutschland streichen
26.11.2025

Hohe Kosten und eine schwache Nachfrage: Der fränkische Schreibwarenhersteller will Fertigung nach Südamerika verlagern und dafür...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Covestro-Überrnahme genehmigt: Abu Dhabi wird vom Ölreich zum Chemieriesen
26.11.2025

In Abu Dhabi gilt die Chemieindustrie als Zukunftsmodell. Zentraler Baustein der Vision: Die Übernahme des Leverkusener...

DWN
Politik
Politik Nach AfD-Einladung: Deutsche Bank kündigt "Familienunternehmer" den Mietvertrag
26.11.2025

Der Verband „Die Familienunternehmer“ lädt einen AfD-Politiker ein. Daraufhin beendet die Deutsche Bank einen Mietvertrag. Der Verband...

DWN
Politik
Politik Brandmauer-Debatte: Erster Wirtschaftsverband offen für Gespräche mit AfD - Rossmann verlässt Familienunternehmer
26.11.2025

Die Brandmauer-Debatte hat die Wirtschaft erreicht: Der Verband der Familienunternehmer will sich für Gespräche mit der AfD öffnen, um...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mut statt Stillstand: Warum Deutschland beim Digitalpakt 2030 liefern muss
26.11.2025

Zwanzig Jahre Digitalpolitik und Milliarden Euro an Fördermitteln später ist Deutschland immer noch digitalen Anfänger. Verantwortung...