Wirtschaft

Argentinien schließt sich Chinas Neuer Seidenstraße an

Südamerikas zweitgrößte Volkswirtschaft hat sich dem chinesischen Infrastrukturprojekt Belt & Road Initiative angeschlossen.
14.02.2022 12:00
Lesezeit: 2 min

Argentinien hat sich dem chinesischen Jahrhundertprojekt der „neuen Seidenstraße“ (Belt and Road Initiative) angeschlossen. Beide Staaten unterzeichneten am Sonntag eine entsprechende Absichtserklärung in Peking.

Die Einigung kam zustande, während der argentinische Präsident Alberto Fernandez China im Zuge der Olympischen Spiele einen dreitägigen Besuch abstattete. Beide Seiten garnierten den Vertragsabschluss zur neuen Seidenstraße mit bilateralen Abkommen im Wirtschafts-, Bildungs-, Energie- und Finanzbereich, deren Umfang sich insgesamt auf 23,7 Milliarden US-Dollar belaufen soll, wie The Diplomat berichtet. Mit einem Volumen von etwa 8 Milliarden Dollar stellt der geplante Bau des Atomkraftwerks Atucha III in der Provinz Buenos Aires das wichtigste Einzelprojekt im Abkommenpaket dar.

Beide Seiten unterstrichen zudem, sich in Fragen der Außenpolitik und der territorialen Integrität unterstützen zu wollen. Anfang des Monats hatte China der Regierung des südamerikanischen Landes bereits signalisiert, die Ansprüche Buenos Aires‘ auf die im Südatlantik gelegenen britischen Falkland-Inseln zu unterstützen. Seit beinahe 200 Jahren beansprucht Argentinien das britische Überseegebiet mit etwa 3.000 Einwohnern, welches auf Spanisch „Malvinas“ heißt, für sich. Am 2. April 1982 hatte Argentinien die Inseln eingenommen. Britische Truppen eroberten das Gebiet nach teils heftigen Kämpfen im Juni 1982 zurück. Insgesamt wurden damals etwa 1.000 Menschen getötet.

Die chinesische Unterstützung für das argentinische Falkland-Anliegen könnte aus der Verärgerung darüber resultieren, dass Großbritannien vergangenes Jahr zusammen mit den USA und Australien einen offensichtlich gegen China gerichteten Militärpakt („Aukus-Pakt“) gegründet hatte, dessen Schwerpunkt sich im westlichen Pazifik und insbesondere im von zahlreichen Ländern umstrittenen Südchinesische Meer befinden soll.

Annäherung mit Vorgeschichte

Der Beitritt zur Belt & Road Initiative ist der vorläufige Höhepunkt einer politischen und wirtschaftlichen Annäherung zwischen Peking und Buenos Aires, deren Initiierung einige Jahre zurückliegt.

Fernandez‘ Vorgänger Mauricio Macri hatte die Teilnahme Argentiniens am Seidenstraßenprojekt im Jahr 2017 vorbereitet, als er erstmals an einem entsprechenden Forum in Peking teilnahm und so das Interesse seines Landes an einer künftigen Zusammenarbeit in diesem Format signalisierte.

Als China im Jahr 2018 zum Ziel eines von der Trump-Administration lancierten Handelskrieges wurde, bot sich Argentinien als alternativer Handelspartner - insbesondere als Anbieter landwirtschaftlicher Erzeugnisse und Lebensmittel wie Rindfleisch und Sojabohnen an, die man bislang vornehmlich aus den Vereinigten Staaten importiert hatte. Den chronisch überschuldeten Argentiniern hingegen ging es darum, China als finanzstarken Investor für die Entwicklung von Industrie und Infrastruktur im eigenen Land zu gewinnen. Die sich zuspitzende Schuldenkrise und die daraus abgeleiteten Spannungen mit dem Internationalen Währungsfonds - welche sich im Mai 2020 in einem Staatsbankrott entluden - trugen ihr übriges dazu bei, China als potentiellen Wirtschafts- und Finanzpartner aufzuwerten. Es ist kein Zufall, dass auch die Etablierung eines chinesisch-argentinischen Währungstausch-Mechanismus in diese Zeit fällt.

Als die US-Regierung Ende 2019 zudem Strafzölle gegen argentinische Stahl- und Aluminiumproduzenten erhob, wurde die wirtschaftspolitische Zusammenarbeit der argentinischen Regierung mit China weiter zementiert. In strategischer Hinsicht werteten die Spannungen im amerikanisch-argentinischen Verhältnis China aus Sicht der Südamerikaner auch als geopolitische Alternative zu den Vereinigten Staaten auf.

Neben dem bis zum Ausbruch der Pandemie schnell wachsenden Tourismussektor - immer mehr Chinesen besuchten in den vergangenen Jahren nicht nur Argentinien selbst, sondern nutzten das Land auch als Sprungbrett zur nahe gelegenen Antarktis - stellt das Vorkommen beträchtlicher Lithiumreserven in Südamerikas zweitgrößtem Flächenstaat eine wichtige wirtschaftliche Klammer für beide Seiten dar.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Kunstmarkt: Familienangelegenheiten im Auktionshaus Lempertz - und was Unternehmer davon lernen können
09.05.2025

Lempertz in Köln ist das älteste Auktionshaus der Welt in Familienbesitz. Isabel Apiarius-Hanstein leitet es in sechster Generation. Erst...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnquartiere als soziale Brennpunkte: Armut, Migration und Überalterung – Ghettobildung nimmt zu
09.05.2025

Armut, Migration, Wohnungsmangel, Überalterung und Einsamkeit: Immer mehr Wohnquartiere in Deutschland sind überfordert. Eine neue Studie...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie auf Rekordkurs nach starkem Quartalsgewinn – und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag zugelegt – und im Handelsverlauf ein neues Jahreshoch erreicht. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft EU schlägt zurück: Diese US-Produkte stehen nun im Visier von Brüssel
09.05.2025

Die Europäische Kommission hat eine umfassende Liste von US-Produkten veröffentlicht, auf die im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Daimler-Sparprogramm: Was plant Daimler Truck in Deutschland?
09.05.2025

Der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck strebt an, seine Wettbewerbsfähigkeit in Europa zu erhöhen und hat sich mit dem...

DWN
Panorama
Panorama Endlos-Hitze droht im Sommer: Wetterextreme betreffen jüngere Generationen erheblich stärker
09.05.2025

Endlos-Hitze droht im Sommer - diese Schlagzeile geistert an diesem Freitag durch die Medien. Klar ist, dass die Folgen der globalen...

DWN
Technologie
Technologie Datenfalle USA: Warum viele Unternehmen in Gefahr sind - ohne es zu merken
09.05.2025

Viele Unternehmen übertragen täglich Daten in die USA – und merken nicht, dass sie damit in eine rechtliche Falle tappen könnten. Das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Exporte überraschen - Fokus auf die USA
09.05.2025

Trotz des anhaltenden Handelskonflikts mit den Vereinigten Staaten sind Chinas Exporte überraschend robust geblieben. Der Außenhandel mit...